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Historischer Cup-Sieg: "Es ist einfach nur unglaublich!"

Historischer Cup-Sieg:

Das geht als die größte Sensation in die Geschichte des ÖFB-Cups ein.

Und nicht nur weil der FC Pasching als erster Drittligist in der 78-jährigen Bewerbs-Historie den Titel geholt hat, sondern weil die Oberösterreicher bis dorthin schier Unglaubliches vollbrachten.

Nach dem Triumph im Viertelfinale auswärts gegen Rapid (1:0), folgte der 2:1-Erfolg im Halbfinale gegen Red Bull Salzburg. Im Finale schlug der Riesentöter schließlich den Meister, die Wiener Austria.

Ein Tor für die Ewigkeit

„Heute ist wirklich ein Feiertag. Dieser geht in die Geschichte ein. Keiner hat uns zugetraut, dass wir den amtierenden Meister schlagen. Dass wir ein Riesentöter sind, haben wir schon zuvor bewiesen. Aber was wir heute auf den Platz gezaubert haben, war sensationell“, jubelte Daniel Sobkova.

Der 27-Jährige war es, der dieses Wunder von Wien mit seinem Tor ermöglichte. 60 Sekunden nach Wiederanpfiff traf der Mittelfeldspieler wuchtig per Kopf zur Führung, die bis zum Ende hielt.

Es war sein erster Treffer im laufenden Cup-Bewerb. Ein besseres Timing war nicht möglich.

„Ein absolutes Märchen“

„Es waren unglaublich emotionale Sekunden nach dem Tor, unglaubliche Gefühle, es ist sowieso unbeschreiblich“, konnte es der Linzer nicht fassen. Aber wer konnte schon das, was sich am kalten Donnerstagnachmittag vor 16000 Zuschauern im Happel-Stadion zutrug, realisieren?

„So etwas habe ich in all den Jahren Fußball noch nicht erlebt“, schüttelte Hans-Peter Berger, der sich nach der Führung mit seinen Paraden auch zum Matchwinner machte, nur den Kopf.

Für den Keeper war es der erste Titel in seiner Karriere. Natürlich auch für fast alle anderen seiner Kollegen. Nur Thomas Krammer (Austria, 2009) und Mark Prettenthaler (Ried, 2011) bejubelten bereits Cup-Titel.

„Es ist ein absolutes Märchen“, wusste aber Letzterer, welch größere Bedeutung dieser Cup-Triumph hat. „Wir haben die großen Drei hierzulande geschlagen. Wer das tut, der hat es sich auch verdient.“

Zweifelsohne. Auch im Endspiel zeigten die Paschinger, warum sie die großen Hürden nehmen konnten. „Wir sind mutig aufgetreten und wollten gegen einen scheinbar übermächtigen Gegner unbedingt gewinnen“, sprach der Trainer und Vater des unglaublichen Erfolges, Gerald Baumgartner.

„Solche Geschichten schreibt nur der Fußball“

Nach den Erfolgen gegen Rapid und Salzburg noch etwas verhalten, konnte der 48-Jährige nach dem ersten Titel in seiner Trainer-Karriere auch gelöster auftreten: „Es ist einfach eine supergeile Sache. Solche Geschichten schreibt nur der Fußball, aber darauf arbeitet man auch hin.“

Wieder schickte Baumgartner seine Davids mit dem richtigen Rezept gegen einen Goliath in den Ring. „Sie haben es perfekt umgesetzt“, so der stolze Coach, der nach der Führung bangen musste. „Die Zeit vergeht sehr langsam, wenn eine Mannschaft wie die Austria Druck macht. Man hofft, dass es reicht, aber wir waren auch körperlich im Stande, es zu schaffen.“

Himmel und Spieler weinten

Und dann war es tatsächlich Realität. Spieler, Betreuer, Funktionäre lagen sich in den Armen, die angefertigten Cup-Sieger-Shirts wurden übergezogen und ab ging die rauschende Party.

Um 18:33 Uhr dann der Moment, den Fotografen für die Ewigkeit festhielten: Kapitän Davorin Kablar stemmte im weiten Rund des Ernst-Happel-Stadions den Pokal aus den Händen des oberösterreichischen ÖFB-Präsidenten Leo Windtner gen regnerischen Himmel.

Aber nicht nur der Himmel weinte. Auch die Protagonisten, wie Sobkova. Noch in der Mixed-Zone zitterte der Paschinger am Leib und hatte rote Augen. Er selbst spielte schon Bundesliga, doch ausgerechnet mit dem Drittligisten aus dem 6500 Einwohner fassenden Linzer Vorort gelang ihm der Titel. Eine Cinderella-Story par excellence.

„Wenn man so Cupsieger wird und dann auch noch Goldtorschütze ist, dann kommen die Emotionen einfach hoch. Das ist der schönste Tag meiner Karriere und für alle der größte Erfolg.“

Das im Erreichen des Europa-League-Playoffs („Daran denken wir jetzt nicht“) gipfelte. Doch eines nach dem anderen. Schließlich gilt es diesen Feiertag in erster Linie standesgemäß zu begießen.

Nach einem Bankett im Hotel wird die Wiener Innenstadt unsicher gemacht. „Mit unseren Frauen essen wir noch, dann schicken wir sie heim und geben ordentlich Gas “, lachte Sobkova.

Wo große Sensation, da großer Verlierer

Die Kicker der Wiener Austria suchten hingegen wohl die Nähe ihrer Lebenspartnerinnen, brauchte es doch jede Menge Trost. Denn wo eine große Sensation, da auch ein großer Verlierer.

„Diese Chance kommt nicht jedes Jahr“, wusste auch Alexander Gorgon. „Zumal wir gegen einen Drittligisten gespielt haben. Aber wer Rapid, Salzburg, Austria schlägt, hat es auf alle Fälle verdient.“

Philipp Hosiner ging noch einen Schritt weiter: „Pasching hat nichts mit einem Regionalligisten zu tun. Wer Rapid und Salzburg auswärts schlägt sowie uns, der ist der verdienteste Cupsieger überhaupt.“

Stögers bittere Lehre

Unterschätzen des Gegners oder die Meisterfeier zwei Tage vor dem Endspiel (Gorgon: „Das ist berechtigt“) - diese medial aufgelegten Gründe für die Niederlage ließ die Austria freilich nicht gelten.

Die Einstellung passte nicht. Punkt. „Das war in der ersten Hälfte einer Meister-Austria nicht würdig“, ging Goalie Heinz Lindner mit sich und seinen Kollegen hart ins Gericht. Das Double war natürlich das große Ziel.

„Aber es hat keiner im Stadion und am Platz gesehen, dass die Austria das Double holen will. Wenn wir alle das Herz auf den Platz getragen hätten, dann wäre sich der Sieg vielleicht ausgegangen. Es ist an der Einstellung gelegen, vor allem in der ersten Hälfte. Das war ein desolates Auftreten.“

Die Erkenntnis, dass es mit weniger als 100 Prozent nicht reicht, war auch für den Trainer eine schmerzhafte: „Das ist eine bittere Lehre. Die hätte ich gerne in einer anderen Partie mitgenommen.“

Rückblick auf Historisches

So nimmt die Mannschaft nach Himmel und Hölle binnen einer Woche auch eine Erfahrung mit. „Da kann man auch als Persönlichkeit reifen und da wird jeder sehr viel mitnehmen“, so Ortlechner.

Und nach ein, zwei Tagen richtet sich der Blick auf etwas anderes zurück, wie Gorgon schilderte: „Wir haben diese Saison sehr viel erreicht. Das lassen wir uns sicher nicht durch ein Spiel zerstören.“

Vor einer Woche feierte die Austria in der Wiener Innenstadt ihren 24. Meistertitel. Sieben Tage später feiert Pasching dort seinen 1. Cup-Titel. Und sie haben nicht nur das gemeinsam: Denn beide schrieben mit ihren Erfolgen Geschichte. Die Oberösterreicher mit der größten Cup-Sensation überhaupt.

 

Bernhard Kastler / Harald Prantl / Martin Wechtl

So unglaublich der Cup-Sieg für Pasching ist, so unglaublich ist die Niederlage für die Austria. Auch der Meister blamierte sich wie zuvor Rapid und Salzburg gegen den Regionalligisten.

Die Verwunderung darüber hielt sich nach den 90 Minuten in Grenzen, wussten die Violetten doch sofort, warum sie an diesem Sonntagnachmittag ein dickes Veilchen davontrugen.

"Wir haben in dieser Saison immer gesagt: Wir müssen alles abrufen, um solche Spiele zu gewinnen. Heute haben wir das vor der Pause nicht abgerufen. Und dann stoßen wir an unsere Grenzen“, erklärte Meister-Trainer Peter Stöger die Niederlage.

„Dann sind wir nur Durchschnitt“

Ganz genauso sahen es auch die Spieler. „Um ein Finale zu gewinnen, muss man die Leidenschaft abrufen, wie wir es ab Mitte der zweiten Hälfte getan haben. Da war es schon zu spät, um den Schalter noch umzulegen“, hielt Kapitän Manuel Ortlechner schonungslos fest.

Zusatz: „Wenn wir an die Grenzen gehen, sind wir gut. Wenn nicht, dann nur Durchschnitt.“

Ein denkbar schlechtes Timing. Schließlich ging es darum, diese Saison, die mit dem Meistertitel samt Punkterekord vor einer Woche ihren Höhepunkt fand, nun mit dem Gewinn des Doubles zu krönen.