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Victor Valdes - Kritik trotz Trophäensammlung

Victor Valdes - Kritik trotz Trophäensammlung

Der FC Barcelona ist ein Star-Ensemble.

Außergewöhnliche Spieler finden sich nicht nur im Angriff um Lionel Messi, sondern auch in der Abwehr.

Dani Alves und Gerard Pique stehen neben den Offensiv-Künstlern Xavi, Andres Iniesta und dem nunmehr dreimaligen Weltfußballer Messi in der „FIFPRO World XI“, dem bei der „Ballon d’Or“-Gala ausgezeichneten All-Star-Team.

Man könnte meinen, der spanische Meister habe in seiner Stammformation keine Schwächen. Und doch gibt es eine Personalie, an der sich die Geister scheiden – Victor Valdes.

Seit fast zehn Jahren steht „der Panther aus Hospitalet“, der am 14. Jänner seinen 30. Geburtstag feiert, nun im Tor der „Blaugrana“. Unumstritten ist er dennoch keineswegs.

Nicht erst seit seinem katastrophalen Patzer in der ersten Minute des letzten „Clasico“ gegen Real Madrid, den Karim Benzema zum 1:0 nutzte, fordern Kritiker einen neuen Schlussmann.

Ende der Torwart-Misere

Dabei schloss Valdes mit seiner Etablierung im Tor eine Baustelle, die den FCB um die Jahrtausendwende vor große Probleme stellte.

Weder der portugiesische Team-Torhüter Vitor Baia, noch Ruud Hesp konnten den Ansprüchen von Fans und Verein gerecht werden. Dabei gelten die Beiden noch als bessere Schlussmänner der 90er Jahre.

Über Francesc Arnau, Richard Dutruel, Pepe Reina, Roberto Bonano, Robert Enke und Rüstü Recber wird nämlich mit Vorliebe der Mantel des Schweigens gehüllt. Zu viele Fehltritte erlaubten sich die Herren mit der wechselnden Nummer eins.

Nachdem Valdes am 22. September 2002 unter Coach Luis Van Gaal zu seinem „La Liga“-Debüt gekommen war, musste er sich zunächst wieder hinter dem Argentinier Bonano anstellen.

Erst in der Folge-Saison 2003/2004, nach dem gewonnenen Duell mit dem Türken Rüstü, war sein Stammplatz gefestigt. Seitdem hütete „V.V.“, wie es von Valdes‘ Handschuhen prangt, sieben Saisonen lang und insgesamt über 300 Mal das Tor.

Mit „V.V.“ kommt der Erfolg

Die unvergleichliche Erfolgsgeschichte des FC Barcelona in den letzten Jahren hängt auch unmittelbar mit dem 1,83-Meter-Mann aus Hospitalet de Llobregat zusammen.

Die Saison 2004/05 brachte Barca den ersten Titel seit sechs Jahren und Valdes seine erste „Trofeo Zamora“, die Auszeichnung für den Torhüter mit den wenigsten Gegentreffern in einer Saison.

Es folgten unter anderen vier weitere Meistertitel, drei Champions-League-Erfolge und für Valdes drei weitere nach Ricardo Zamora, einem legendären Torhüter der 20er und 30er Jahre, benannte Individual-Trophäen.

Somit fehlt dem Geburtstagskind nur noch ein Triumph, um mit Antoni Ramallets, Barcas Keeper der Fünfziger Jahre, gleichzuziehen.

Libero im Barca-System

Dass Valdes trotz dieser beeindruckenden Bilanz in der Kritik steht, liegt am Spielstil Barcas. Pep Guardiolas Version des „total voetbal“ macht den Torhüter nahezu arbeitslos.

Die wenigen Gegentreffer resultieren aus den wenigen Torchancen der Gegner, die wiederum am kaum vorhandenen Ballbesitz liegen. „Es gibt Tage, da spiele ich mehr mit dem Fuß als mit der Hand“, ist sich der „Aushilfs-Libero“ bewusst.

Genau darin liegt auch das Problem. In den vereinzelten Momenten, wo er die Hände zur Hilfe nehmen darf, muss er seinen Mann stehen, was einen Fehler umso entscheidender macht. Möglichkeiten, sich danach wieder in Szene zu setzen, sind indes rar gesät.

So bleiben eben nur Patzer, wie besagter im Stadion von Real Madrid, in Erinnerung. Arrogante Auftritte auf und abseits des Platzes tun ihr Übriges zur begrenzten Beliebtheit von Valdes.

Neid auf den „Heiligen“

Warum man in Barcelona teilweise von einem besseren Torhüter träumt, liegt auf der Hand.

Beim Erzrivalen in Madrid spielt seit Jahren ebenso ein Eigenbau-Spieler, der zwar erst einmal die „Trofeo Zamora“, dafür schon vier Mal die Auszeichnung zum „Besten Torhüter der Welt“ gewonnen hat.

Iker Casillas ist in Spanien unbestritten und spätestens seit dem Gewinn von Europa- und Weltmeistertitel endgültig zum „Nationalheiligen“ emporgestiegen.

Während „San Iker“ als Kapitän der spanischen „Seleccion“ in Südafrika den World Cup in die Luft stemmen durfte, blieb Valdes nur der Platz als Ersatzmann des Ersatzmanns.

Solange also Casillas das Tor der Madrilenen hütet, scheint Barca im Duell um den besseren Schlussmann das Nachsehen zu haben.

Was angesichts der jüngsten Erfolge lächerlich anmutet, ist nur eine weitere Facette Jahrzehnte langer Rivalität.

Vergleichskampf auf jeder Position.

Oder „El Clasico“ eben.

 

Christian Eberle