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Quo vadis, Isco?

Quo vadis, Isco?

Real Madrid hat eine erfolgreiche Woche hinter sich.

Dem 9:1-Osterschmaus gegen Granada folgte drei Tage später ein 2:0-Arbeitssieg bei Rayo Vallecano. 

Zudem feierte mit James Rodriguez der letzte Langzeitverletzte nach gut 60 Tagen Zwangspause (Mittelfußbruch) sein Comeback.

Vergessen die oftmals schwachen Leistungen vor der Länderspielpause, die vier Punkte Vorsprung auf Dauerrivale FC Barcelona zu vier Punkten Rückstand verwandelten.

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Doch genauso „vergessen“ scheinen die Leistungen jenes Mannes zu sein, der sich in dieser schwierigen Phase als bester Spieler herauskristallisiert hatte: Isco.

Zu Saisonbeginn noch nur zu Kurzeinsätzen kommend, rutschte er durch verletzungsbedingte Ausfälle in die Startelf und wusste unabhängig der allgemeinen Team-Performance auf Anhieb zu überzeugen. Der Andalusier bildete eine der wenigen Konstanten der vergangenen Monate.

Doch mit der Rückkehr von James droht er wieder in die zweite Reihe zu rutschen.

LAOLA1 sieht sich die Entwicklung des 22-Jährigen Isco näher an und erklärt seine schwierige Ausgangsposition im Madrider Star-Ensemble, warum die Verletzung von Modric ein Glücksfall für ihn war, er aber nun trotz fabelhafter Leistungen davor um seinen hart erkämpften Stammplatz zittern muss.

Begehrtes Talent und gelungener Einstand

Sommer 2013. Soeben mit der Seleccion U21-Europameister geworden und als MVP des Turniers ausgezeichnet, galt Isco vom FC Malaga als eines der am heißesten begehrten Talente im internationalen Fußball. Zahlreiche Topklubs standen Schlange, zumal die in Geldnöten steckenden Andalusier bekanntermaßen auf Spielerverkäufe angewiesen waren.

Entgegen manch Vermutungen, er würde sich Erfolgscoach Manuel Pellegrini anschließen, der Malaga für Manchester Cty verließ, wechselte er schließlich zu Real Madrid, welches für das 21-jährige Talent 30 Millionen Euro auf den Verhandlungstisch blätterte.

Und das Talent stellte sich gleich einmal mit dem perfekten Debüt vor. Beim Liga-Auftakt gegen Betis Sevilla bereitete er den Ausgleich vor, ehe er fünf Minuten vor Schluss per Kopf das Siegtor erzielte.

Im September folgte ein Doppelpack gegen Athletic Bilbao sowie der Führungstreffer bei seinem Champions-League-Debüt für Real in Istanbul, beim 6:1-Kantersieg gegen Galatasaray. Ein Auftakt nach Maß war also gelungen.

"Opfer des Systems"

Nichtsdestotrotz blieb ihm trotz einer stattlichen Zahl an Einsätzen der Sprung zum Stammspieler im Madrider Star-Ensemble verwehrt. Ein scheinbarer Widerspruch, der bis heute andauert.

Einerseits konnte er die Formkurve nicht konstant hoch halten, andererseits kamen ihm taktische Zwänge in die Quere: In einem 4-3-3-System mit Cristiano Ronaldo und Gareth Bale auf den Außenbahnen, beide – vorsichtig ausgedrückt – nicht gerade für ihre Defensivarbeit bekannt, blieb viel defensive Verantwortung am Mann in der Mitte hängen.

Nach Bales Ausfall kam Isco im 4-4-2 gegen Barca und Liverpool zum Zug

Profiteur von Verletzungen

Kurzfristig, als Ende Oktober Gareth Bale aufgrund einer Oberschenkelverletzung ausfiel, was ihm Einsatzzeit bei der Gala in Liverpool (3:0) und im Clasico (3:1) in einem 4-4-2-System auf den Flügeln bescherte.

Und als sich Taktgeber Luka Modric in der Länderspielpause im November verletzte (Sehnenriss im linken Oberschenkel) und eine mehrmonatige Auszeit bevorstand, bot sich eine langfristige Startelf-Perspektive.

Trainer Ancelotti setzte nicht auf die defensivere Variante mit (dem teils angeschlagenen) Asier Illarramendi, sondern auf den die Wochen davor überzeugenden Isco: „Er müsste sich einzig und allein daran gewöhnen, defensiver zu spielen. Ich bin davon überzeugt, dass er in diese Rolle hineinwachsen kann. Wir werden es in den nächsten Spielen ausprobieren. Mit ihm haben wir mehr Qualität am Ball. Er ist zurzeit super drauf und besitzt die Fähigkeiten, überall zu spielen“, so der Coach gegenüber dem Radiosender RNE.

Er sollte in den kommenden Wochen Recht behalten, Isco wusste im zentralen Mittelfeld zu überzeugen, was vor allem auf seine verbesserte Defensivarbeit zurückzuführen war. Der Spanier, der im Sommer körperlich zugelegt hatte, brachte sich vermehrt in die Rückwärtsbewegung ein.

Publikumsliebling

Seine „Umschulung“ war gelungen, ohne dabei seine bekannte Offensivstärke zu vernachlässigen. Pikanterweise ließ zu Beginn ausgerechnet das Zusammenspiel mit seinem direkten Konkurrenten James die Herzen höher schlagen.

Mit seiner herausragenden Technik sorgte er zudem für gelungene Dribblings, seine brillante Schusstechnik für spektakuläre Abschlüsse, wie Almeria und Deportivo La Coruna leidvoll erfahren mussten.

Kein Wunder, dass Isco mit seiner Spielweise schnell Anklang beim Publikum fand, Szenenapplaus inklusive. Der Gelobte sah dies als Leistungsbestätigung: „Dass die Fans mir gegenüber eine so große Zuneigung hegen, zeigt mir nur, dass ich die Dinge gut mache.“

Legenden-Huldigung

Als er im Dezember 2014 und zu Jahresbeginn 2015 als bester Spieler der Madrilenen herausstach, hatte er längst nicht mehr nur auf der Tribüne Fans. So meinte Ende Jänner niemand Geringerer als Zinedine Zidane: „Von seinem technischen Level her ist er mir sehr ähnlich. Die Fans lieben ihn. Er zeigt, dass es eine gute Idee war, ihn zu kaufen."

Torwart Iker Casillas erkor ihn gar zu „Spaniens wichtigstem Spieler der Zukunft“, gilt er doch zweifelsohne als eine der Hauptfiguren ihres geplanten Neuaufbaus.

Iscos Technik und Dribblings sind gefürchtet

Dabei harmonierte er im EM-Qualifikationsspiel gegen die Ukraine mit dem 30-jährigen Routinier Iniesta dermaßen gut, dass prompt Vergleiche angestellt wurden, welche dem bescheidenen Youngster aber auf einer Pressekonferenz übertrieben schienen: „Es ist eine große Ehre mit Andres Iniesta verglichen zu werden. Er hat in seiner Karriere eine Menge erreicht, aber ich mag solche Vergleiche nicht. Das habe ich schon mal gesagt. Andres ist Andres und ich bin Isco. Ich bin eine andere Person und ein anderer Spieler.“

Seine Bedeutung bei Real stieg ebenfalls nochmals an, als sich James Anfang Februar das Bein brach. Als einziger verbliebener klassischer Kreativgeist (und nach der Rückkehr von Stamm-Achter Modric) stieß er wieder auf seine angestammte Position weiter vorne.

Nach einem Dämpfer im ersten Spiel, der 0:4-Schlappe beim Stadtkonkurrenten Atletico, sollte er sich schließlich auch dort beweisen können.

So gut, dass ihm Trainer Carlo Ancelotti am Ende des Monats eine Stammplatzgarantie aussprach: „Wenn er fit ist, wird er immer spielen. Das ist nicht verhandelbar.“

Bis eben zum erwähnten James-Comeback.

James kehrt zurück

Denn vergangenen Sonntag kehrte mit dem Kolumbianer auch das Luxusproblem in das Estadio Bernabeu zurück: Sieben Weltklasse-Spieler (Kroos, Modric, Isco, James, Bale, Benzema, C. Ronaldo) für sechs zu vergebende Offensivpositionen.

Folge: Iscos Stammplatz wackelt trotz toller Auftritte davor plötzlich wieder gehörig.

Dabei dürften Kroos und Modric in der Mittelfeld-Zentrale gesetzt sein. Der Sturmreihe BBC sprach Ancelotti bereits Anfang März (wieder einmal) die Stammplatzgarantie aus: „Ihr Startelf-Platz ist nicht verhandelbar. Sie geben dem Team die Identität.“

Und im Zweikampf mit James scheint der Spanier die schlechteren Karten zu haben.

Nun mag bei einem Glamour-Klub wie Real die Höhe der Ablösesumme durchaus das Standing des jeweiligen Spielers mitbestimmen und James im Sommer mit einem Startvorteil ausgestattet gewesen sein, letztlich überzeugte der Kolumbianer aber mit Leistung und rechtfertigte seinen Stammplatz.

Etwas, was der spielstarke Zehner in diesem Ausmaß nicht gewohnt war und dafür trotz Siegtreffer beim Debüt gleich Tadel vom Coach Ancelotti abbekam: „Zwischen Abwehr und Mittelfeld haben wir ein großes Loch. Wenn wir gut Fußball spielen wollen, müssen Spieler wie Isco und Özil auch defensive Arbeit erledigen."

So verwundert es nicht, dass in den entscheidenden Spielen meistens die argentinische Laufmaschine Angel Di Maria den Vorzug bekam.

Konkurrenz wird nicht kleiner

Mit dieser Ausgangsposition im Rücken nahm der junge Spanier die diesjährige Saison-Vorbereitung in Angriff.

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Aber trotz der Abgänge von Di Maria (Manchester United) und Xabi Alonso (Bayern München) wurde die Konkurrenzsituation im Mittelfeld nochmals verschärft, ging doch Real Madrid wie so oft in der Sommerpause auf große, teure Einkaufstour: Toni Kroos fand für 30 Millionen den Weg von Bayern München in die spanische Hauptstadt, WM-Shooting-Star James Rodriguez vom AS Monaco für gar 80 Millionen.

Und die berechtigte Frage lautete: Wo sollte Isco da Platz finden?

Die ernüchternde Antwort: Erstmals auf der Ersatzbank. Ancelotti setzte auf die Kombination Kroos-Modric-James. Die Sturmreihe BBC (Bale, Benzema, C. Ronaldo) war sowieso unantastbar.

Mit dem tief agierenden Spielmacher Kroos, Mittelfeldmotor Modric und davor dem für die wichtige Balance sorgenden Rodriguez kam der Madrider Express nach einem stotternden Saisonbeginn auf Hochtouren, der Startschuss einer wettbewerbsübergreifenden 22 Spiele andauernden Siegesserie war die Folge.

Als Opfer des Mottos „never change a winning team“ musste Isco auf seine Chance warten. Und diese sollte bald kommen.

Wenn alle Spieler fit sind, hat Isco im 4-3-3-Wunschsystem das Nachsehen

Advantage James

Im von Ancelotti bevorzugten 4-3-3-System stellt der Kolumbianer wohl schlichtweg die geeignetere Option für das offensive Mittelfeld dar. Seine bessere Übersicht und größere Kreativität, kurzum reifere Spielweise, übertrumpfen Iscos technische Vorteile.

Letztere sind zwar gegen tiefstehende Gegner probates Mittel, um Überzahlsituationen zu kreieren, andererseits meinen Kritiker, diese technischen Gustostückerl würden von seinen Mankos ablenken und das Madrider Spiel öfters unnötigerweise verlangsamen, die schnelle Ballweiterleitung sollte vermehrt Priorität haben.

Und da wäre noch das leidige Thema der Rückwärtsbewegung, wo der Spanier trotz sichtbarer Steigerung nach wie vor Aufholbedarf (auf James) hätte.

Kurzum, der noch dazu torgefährlichere James dürfte im Zweikampf die Nase vorne haben.

BBC-Treue

Aber warum eigentlich immer Isco ODER James? Warum nicht Isco UND James?

Dass dies funktioniert, wurde bereits im Herbst auf durchaus beeindruckende Weise bewiesen, als Bale kurzfristig ausfiel und auf ein 4-4-2 bzw. 4-4-1-1 umgestellt wurde, mit James als Bale-Ersatz auf rechts und Isco auf dem linken Flügel, wobei beide mit ihrem jeweils starken Fuß in die Mitte ziehen und dort ihre Spielmacher-Qualitäten ausspielen konnten.

Mit allen Technikern an Bord wäre das Madrider Spiel passsicherer und pressingresistenter, mit Turbo Bale dynamischer.

Und selbst James als falsche Neun für den derzeit formschwachen Benzema und Isco dahinter wäre eine, wenn auch unrealistischere, Option.

Gegen beide Varianten spricht aber die Unantastbarkeit von BBC, welche dafür geopfert werden müsste - ein Zug, der Ancelotti nicht wirklich zuzutrauen ist.

Womit ein weiteres Problem auf den Plan tritt: Ancelotti reizt die Leistungsfähigkeit seiner Startelf lieber öfters aus und gilt nicht gerade als Freund der (auf den Gegner abgestimmten) Rotation.

Und so kam die Aufstellung gegen Rayo Vallecano alles andere als überraschend. Obwohl Bale noch am Tag zuvor auszufallen drohte und James nach seiner langen Verletzungspause durchaus geschont werden hätte können, bekamen beide den Vorzug vor dem jungen Spanier, der erst in der Schlussphase eingewechselt wurde.

Ein Schicksal, das Isco für den Rest der Saison noch öfters blühen könnte.

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Aber zumindest am Samstag im Liga-Heimspiel gegen den SD Eibar sollte er sicher in der Startelf stehen. James Rodriguez und Toni Kroos sind gelbgesperrt.

Da dürfte doch ein Platz für ihn frei sein.

 

Andreas Gstaltmeyr