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Jose Mourinho: Genie, Prellbock oder Irrer?

Jose Mourinho: Genie, Prellbock oder Irrer?
Bei Jose Mourinho scheiden sich die Geister.

Dass sich Real Madrid 2010 keinen pflegeleichten Trainertypen geangelt hatte, war den Verantwortlichen sicherlich bewusst.

Doch jetzt, wo bei den „Königlichen“ vieles den Bach runtergeht, wird der kontinuierliche Verfall nach dem alles überstrahlenden Meistertitel an „Mou“ festgemacht.

18 Punkte Rückstand in La Liga auf Erzfeind FC Barcelona, sieben auf den Stadtrivalen Atletico, doch nur der Portugiese bekommt sein Fett weg.

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Drei Theorien im Fall von „The Special One“

Mit seinen Eskapaden, öffentlichen Auftritten und Entscheidungen gibt er seinen Kritikern noch mehr Nährstoff und stellt sich damit ins Abseits.

Gehört alles nur zu Mourinhos Spielchen, oder hat er mit den Madrilenen tatsächlich schon längst abgeschlossen? Das ist hier die Frage.

Denn drei Theorien liegen im Fall von „The Special One“ im Bereich des Möglichen:

-       Der Provokateur: Mourinhos Aktionen werden bewusst getätigt, um seinen Rauswurf zu provozieren und sich Zeit zum Einarbeiten für einen neuen Arbeitgeber zu verschaffen. Natürlich inklusive Abfindung.

-       Der Prellbock: Durch seine grenzwertige Art lastet er sich alle Schuld auf und stellt sich so schützend vor Mannschaft und Verein. Das Grundproblem und die derzeit fehlende Form der Einzelspieler bleiben somit nach außen hin im Verborgenen.

-       Der Irre: Der Trainer wird seinem Ruf tatsächlich gerecht und seine Aktionen fallen nur mehr in die Kategorie „irre“. Frei nach dem Motto: „Denn er weiß nicht, was er tut.“ Dafür hat er aber wohl schon zu viele Erfolge eingefahren.

Champions League als Zünglein an der Waage

Mourinho entpuppt sich als „Pulverfass“. Woche für Woche wird dem bald 50-Jährigen mehr angelastet, Kritiker zählen bereits seine Tage.

Doch während der Titel-Zug in der Primera Division längst abgefahren zu sein scheint, hängt die Zukunft des Portugiesen am seidenen Champions-League-Faden.

Kommt es zum Aus im Achtelfinale gegen Manchester United, ist die Ehe zwischen dem extrovertierten Startrainer und dem „Weißen Ballett“ nicht mehr zu kitten.

Denn folgende Brennpunkte stehen einer weiteren friedlichen Zusammenarbeit im Weg:

-       Skurrile Auftritte

Immer wieder sorgte Mourinho in der Vergangenheit öffentlich für Kopfschütteln. Zuletzt hatte er nach dem 0:0 gegen den Tabellenletzten Osasuna Lob für seine Mannschaft parat, obwohl diese so gut wie alles schuldig blieb. Auch sonst sind Pressekonferenzen oder Interviews meist sehens- und hörenswert. Wenn der Portugiese selbst vor die wartende Meute tritt. Denn es kommt nicht selten vor, dass er seinen Assistenten vorschickt.

-       Der Fall Casillas

Mit dem zwischenzeitlichen Verzicht auf Welttorhüter und Real-Legende Iker Casillas machte sich der Trainerfuchs bei den Königlichen wahrlich keine Freunde. Die Ausbootung des spanischen Teamtorhüters grenzte für viele an einen Skandal. In der ganzen Aufregung ging aber unter, dass Casillas zu dieser Zeit wahrlich nicht in Bestform agierte und sich in dieser Saison schon mehrere Fehler leistete. Dass Mourinho keine Rücksicht auf Namen nimmt, stellte er wieder einmal unter Beweis. Seine Entscheidung, Ersatz Antonio Adan auszuprobieren, war legitim, aber nicht gerne gesehen.

-       Die Wechsel-Anzeichen

Immer wieder äußerte sich Mourinho kryptisch zu seiner Zukunft und stand nicht immer zu seinem noch laufenden Vertrag bei den Madrilenen. So handelte er mit Real-Boss Florentino Perez sogar erst vor kurzem eine niedrigere Ablösesumme aus, sollte er den Verein verlassen. „Mou’s“ nächsten Arbeitgeber wird es freuen, bei Real hat er damit aber weiteren Kredit verspielt. Für ihn spricht jedoch, dass er sich stets vor den Verein und seine Spieler stellte, und das noch immer tut.

-       Arschtritt für Fan

Der 49-Jährige lässt aber auch kein Fettnäpfchen aus, könnte man sich denken. Laut Madrider Medien soll er einem Fan, der mit seinem Handy ein Foto des Real-Chefbetreuers geschossen hatte, in den Hintern getreten haben. Deshalb läuft eine Anzeige gegen „The Special One“ wegen Aggression. Im Anschluss sollen auch noch seine Bodyguards den Mann angegriffen haben.

Ein Fehltritt – im wahrsten Sinne des Wortes –, den sich eine öffentliche Person, dessen Schritte penibel verfolgt werden, einfach nicht erlauben darf.

In Mourinhos Situation wird jeder Schritt genau verfolgt. Das war sicher nicht sein erster Fehltritt in Diensten der Spanier.

-       Imageschaden als Folge

Laut einer Umfrage des spanischen Blattes „Marca“ empfinden 61,6 Prozent Mourinhos Auftreten als imageschädigend. Noch vor wenigen Monaten wäre die Umfrage wohl anders ausgefallen. Die Beziehung zu den Fans ist zwiegespalten. Die einen lieben ihn, die anderen hassen ihn. Das verspürte er am eigenen Leib, als er sich im Vorfeld des Madrider Derbys gegen Atletico auspfeifen ließ.

-       Spannungen zwischen Spielern und Trainer

Je höher die Dichte an Weltklasse-Spielern, desto höher das Risiko, nicht als homogene Einheit zu funktionieren. Bei Real können anscheinend mehrere Spieler nicht miteinander, andere wiederum nicht mit Mourinho. Die Zeitung „El Pais“ zitierte einen nicht genannten Real-Akteur mit den Worten: „Wir konnten uns schon in der vorigen Saison nicht ausstehen, und jetzt noch weniger.“ Der Haussegen hängt schief. Oft war zu vernehmen, dass sich die Mannschaft in das Lager der Portugiesen inklusive der Südamerikaner und die Spanier teilt. Auch zwischen Mourinho und Casillas wird es wohl keine engere Freundschaft mehr geben.

Verborgene Problemfelder

All diese Punkte tragen dazu bei, dass Mourinho im Mittelpunkt steht und die eigentlichen Problemfelder kaschiert werden.

Denn zum Großteil blieben alle Stars der Madrilenen – Ronaldo ist hier klar ausgenommen – in dieser Saison einiges schuldig.

Die millionenschwere Verpflichtung von Luca Modric erwies sich bislang als Flop, Kreativspieler wie Mesut Özil oder Angel di Maria (in den letzten beiden Spielzeiten je 16 Assists, seit September nur einer) jagen der Form aus der Vorsaison hinterher.

Zudem erweist sich die Abwehr einmal mehr als Achillesferse, vor allem in Wochen in denen Pepe und Sergio Ramos fehlen. Für Alvaro Arbeloa gibt es weiter keinen Backup.

Fortsetzung folgt

Das sind die eigentlichen Punkte, die es keinem Trainer im turbulenten Umfeld von Real Madrid leicht machen.

Schon gar nicht, wenn man Mourinho heißt und selbst nicht klein beigibt, sondern die Kritiker Woche für Woche mit neuen Schlagzeilen füttert.

Ist er nun aber der Provokateur, der Prellbock oder doch der Irre?

Angesichts seiner Erfolge wird er so oder so in die Geschichte eingehen - ob als Genie oder Wahnsinniger.

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Alexander Karper