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Wieviel Guardiola steckt in Vilanova?

Wieviel Guardiola steckt in Vilanova?

Der FC Barcelona und Pep Guardiola.

Vier Jahre lang war dies eine unzertrennliche und äußerst erfolgreiche Verbindung.

Seit Sommer 2012 hat allerdings auf der Trainerbank mit Tito Vilanova ein neuer Mann das Sagen.

Obwohl, wirklich neu ist der 44-Jährige ja nicht, saß er doch als Co-Trainer in allen Spielzeiten an Guardiolas Seite.

Vor dem ersten Liga-Clasico als Chef-Übungsleiter (So., 7.10., ab 19:20 Uhr LIVE auf LAOLA1.tv) analysiert LAOLA1, worin sich Vilanova von seinem Vorgänger und „Lehrmeister“ unterscheidet.

Der Spielstil

„Die Entscheidung auf Tito zu setzen, ist sehr gut, weil die Mechanismen dieselben bleiben werden. Er wird nicht viele Dinge verändern“, kommentierte Xavi die Bestellung Vilanovas zum neuen Chefcoach. Die Einschätzungen seiner Mitspieler fielen nicht viel anders aus. Nach dem in dieser Saison gezeigten, scheint die Prognose einzutreffen. Das mittlerweile berüchtigte Barca-Kurzpassspiel funktioniert auch 2012/13 reibungslos, ihre taktische Variabilität, gegebenenfalls von 4-3-3 auf 3-4-3 umzuschalten, hat die Equipe ebenso beibehalten und etwa im Spiel gegen Granada gelungen umgesetzt. Mancher Taktik-Experte will darüber hinaus sogar erkennen, dass der Zug zum Tor zugenommen hat, was am „Tiki-Taka-Fußball“ stets bekrittelt wird. Faktum ist: Vilanova hat das Rad nicht neu erfunden, wozu auch? Er baut auf der Arbeit seines Vorgängers auf und führt diese mit acht Siegen in Folge derzeit erfolgreich weiter. In wie weit sich die Handschrift des neuen starken Mannes auf der Trainerbank auf dem Spielfeld wiederfindet, werden die kommenden Wochen und Monate noch besser aufzeigen.

Der Fan-Zuspruch

Guardiola ist eine Barca-Ikone. Als Spieler Teil des legendären „Dream Teams“ unter Johan Cruyff hatte der einstige Kapitän bei den Fans schon zu Zeiten seiner Präsentation ein Standing, das Vilanova wohl nie erreichen wird. 14 von 19 Titelgewinne in seinen vier Jahren als Übungsleiter taten ihr Übriges, um den Helden-Status einzuzementieren. Der aktuelle Coach der Katalanen tingelte indes als Mittelfeldspieler von einem zweitklassigen Verein zum nächsten und war vor seiner Tätigkeit als Assistent selbst bei Vereinsinsidern relativ unbekannt. Doch Vilanova stammt wie Guardiola aus der eigenen Jugend und hält seinem Stammverein nach Jahren des Reisens nun schon seit fünf Jahren die Treue. Die „Cules“ gehen mit der Vereinsideologie, stets zunächst in eigenen Reihen nach Verstärkungen zu suchen, größtenteils konform und setzten in den neuen Trainer als einer von ihnen von Beginn an großes Vertrauen.

Der Umgang mit den Stars

Mit Barca als Trainer Erfolge zu feiern, ist wie mit einem Motorrad die Ö-Tour zu gewinnen. So, oder so ähnlich sehen viele die „Schwierigkeit“, ein Team mit Messi, Xavi, Iniesta und Co. zu Siegen zu führen. Der Anspruch liegt wie bei vielen Star-Ensembles darin, eine funktionierende Mannschaft am Platz zusammenzustellen, die vielen Egoismen unter einen Hut zu bringen und die Spieler auf der Bank bei Laune zu halten. Mit der Personalie Cesc Fabregas, dem nach wenig Spielzeit in der Supercopa gleich Abwanderungsgelüste angedichtet wurden, hat Vilanova seine erste Bewährungsprobe überstanden. Er schenkte dem ehemaligen Arsenal-Kapitän in La Liga auch nach anfänglich schwächeren Spielen das Vertrauen und ist damit für die Leistungssteigerung des 25-Jährigen, der in den letzten zwei Spielen drei Treffer erzielte, mitverantwortlich.

Das Auftreten

Guardiola ist ein Gentleman auf dem Fußballplatz, ein verkappter Philosoph bei Pressekonferenzen und wird obendrein in Spanien als einer der attraktivsten Männer im Sport gesehen. Der „Dressman auf der Trainerbank“ behielt selbst in den hitzigen Zeiten der Dauer-Provokationen aus Madrid einen kühlen Kopf und verlor nie die Contenance. Vilanova hingegen fiel im Supercopa-Clasico des vergangenen Jahres mit einer Tätlichkeit gegen Jose Mourinho negativ auf, wenngleich seine Ohrfeige nur eine Reaktion auf die berühmte „Finger-ins-Auge-Attacke“ des Portugiesen war. Tito ist ebenso redegewandt, bevorzugt allerdings einen bodenständigeren Stil. An Spieltagen ist der Trainingsanzug mittlerweile dem eleganten Outfit gewichen, zur Mode-Ikone reicht es für den Familienvater aus dem Dorf Bellcaire d’Emporda im Gegensatz zu seinem Vorgänger nicht.

Die Erfolge

An diesem Punkt wird Vilanova letztlich gemessen werden. Guardiola hat alles und noch mehr gewonnen. Mit dem Saisonstart von sechs Siegen in sechs Spielen hat er seinen Vorgänger bereits eindrucksvoll übertroffen. Zur Erinnerung: Als Pep 2008 in seine erste Saison startete, setzte es im Auftaktspiel eine Niederlage in Numancia, dem ein Unentschieden zu Hause gegen Santander folgte. Abgerechnet wird aber am Ende der Spielzeit. „Ich hoffe, alles zu gewinnen“, bestätigte Tito die großen Ambitionen seinerseits, in allen drei Wettbewerben siegreich zu sein. Mit drei Punkten im Clasico würde man sich einem Ziel zumindest ein Stück annähern.


Christian Eberle