Costa weiter: „Auf dem Feld habe ich mit jedem gekämpft, ich hatte mich nicht unter Kontrolle. Ich habe jeden beleidigt, hatte keinen Respekt vor meinen Gegnern, ich dachte, ich müsste sie alle umbringen.“

In Lagarto, der Stadt im Nordosten der brasilianischen Atlantik-Küste, wo er aufwuchs, habe es nicht einmal Rasenplätze gegeben. Der Beton-Untergrund, auf dem Costa das Kicken lernte, war so hart wie die Gangart der Jugendlichen. Im Alter von 14 Jahren übersiedelte der Junge mit seiner Familie nach Sao Paulo. Auch nicht gerade ein Zuckerschlecken.

Mit 16 erstmals Vereinsfußball

Der Südamerikaner war schon 16 Jahre alt, als er zum ersten Mal bei einem echten Verein, Barcelona Esportivo Capela, landete. Zum Vergleich: In diesem Alter spielte Lionel Messi zum ersten Mal bei den Profis des FC Barcelona.

Weil der Teenager, der auf dem Feld wie ein Berserker wütete, gerade einmal nicht gesperrt war, wurde er von europäischen Scouts entdeckt. Nicht von irgendwelchen, sondern von jenen, die der Spielervermittlungs-Agentur „GestiFute“ zuarbeiten. Der Chef ist niemand Geringerer als Jorge Mendes. Berater von Cristiano Ronaldo, Jose Mourinho, dem Kolumbianer Falcao und sonst so ziemlich jedem Portugiesen, der es in den vergangenen Jahren geschafft hat.

Mit 18 Jahren wechselte der Angreifer zu Sporting Braga. Ohne dort groß aufzufallen, aber mit einer Handvoll Toren aus seiner Leihzeit bei Zweitligist Penafiel auf dem Konto, schaffte der Brasilianer im Sommer 2007 den Sprung zu Atletico Madrid. 3,5 Millionen Euro Ablöse bezahlten die Spanier und fragten sich schon bald darauf, ob sie das Geld nicht doch besser woanders angelegt hätten.

Dass der Atletico-Profi auch in den spanischen Medien als „Mann der Stunde“, „totaler Stürmer“ und „Atleticos Seele“ bezeichnet wird, lässt erahnen, dass er drauf und dran ist, einen Imagewandel zu vollziehen.

"Es waren meine Fehler"

Mittlerweile gibt sich das ehemalige Großmaul, den sein Vater wegen Maradona Diego getauft hat, auch in Interviews geläutert. „Ich habe eine Menge dumme Dinge getan, aber ich habe begriffen, dass es weder die Fehler der Schiedsrichter, noch jene meiner Gegner waren – es waren meine Fehler“, sagt er.

Weiters: „Ich bin jetzt mehr relaxed. Ich habe es auf den harten Weg gelernt, aber ich habe erkannt, dass ich mich ändern muss, um nicht mehr als guter Spieler mit einem Hitzkopf porträtiert zu werden.“

So sieht es auch sein Coach. „Er ist professioneller geworden, ich muss jetzt nicht mehr in jedem Spiel fürchten, dass ihn der Schiedsrichter vom Platz stellt“, so Simeone. Spaniens Teamchef Vicente del Bosque: „Wenn er für uns spielen darf, ist er willkommen. Er ist ein Phänomen!“

"Ich habe gelernt, den Spieß umzudrehen"

Aus seinem schlechten Ruf, der noch nicht ganz verhallt ist, will Costa nun Profit schlagen: „Die Leute denken, sie könnten mich wegen meines Temperaments provozieren, damit ich ausgeschlossen werde. Aber ich habe gelernt, den Spieß umzudrehen und jetzt sehen meine Gegner die Karten, nicht ich.“

Nachsatz: „Es war harte Arbeit, meine Mentalität zu verändern. Aber ich habe begonnen, Dinge in einem anderen Licht zu sehen, das Training ernst zu nehmen – und es zahlt sich aus.“

Tatsächlich. Beliebter ist Diego Costa bei den gegnerischen Verteidigern dadurch nicht geworden. Nun sind es aber die unlösbaren fußballerischen Probleme, vor die er sie stellt, die dafür sorgen.

Harald Prantl