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"Camp Nou und Bernabeu stehen über Allianz Arena"

Wenn Andreas Ivanschitz vom spanischen Fußball spricht, dann leuchten seine Augen.

„Es war schon immer mein Traum, in Spanien zu spielen. Als ich vor zwei Jahren das Angebot hatte, musste ich die Chance nutzen“, erklärt der 31-Jährige, der sich aktuell auf Vereinssuche befindet.

Von 2013 bis 2015 lief der Burgenländer für UD Levante, den kleineren der beiden La-Liga-Klubs in Valencia, auf.

Bei LAOLA1 gibt der 69-fache ÖFB-Nationalspieler seinen ganz persönlichen Einblick in die beste Fußball-Liga der Welt. Was war sein schönstes Erlebnis? Welches Stadion ist für ihn das stimmungsvollste? Und wie fühlt es sich an, gegen Messi oder Ronaldo zu spielen? Ivanschitz blickt zurück:

DAS GÄNSEHAUT-DEBÜT

„In Barcelona neben Neymar einzulaufen, das war schon etwas Besonderes. Wir beide feierten gleichzeitig unser Liga-Debüt, als wir in der 64. Minute eingewechselt wurden. Das Resultat von 0:7 rückt da etwas in den Hintergrund. Es war schon sehr emotional, vor dieser Kulisse eingewechselt zu werden. Das war speziell - rein emotional natürlich, denn sportlich war dieses Spiel sehr enttäuschend.“ 

DIE DENKWÜRDIGSTEN SPIELE

„Zwei Runden danach ist mir in der 94. Minute der Siegestreffer zum 2:1 gegen Rayo Vallecano gelungen. Das war eine unglaubliche Geschichte. Einerseits, weil es nach dem 0:7 gegen Barcelona unglaublich wichtig für die Mannschaft war. Anderseits hatte es aber auch für mich persönlich eine enorme Bedeutung. Dadurch konnte ich innerhalb des Teams gleich einmal einen guten Eindruck hinterlassen.

„Im ersten Jahr gab es danach einige Partien, an die ich mich gerne zurückerinnere. Gegen Bracelona haben wir zuhause 1:1 gespielt, als ich mit einem Eckball das Tor von Loukas Vyntra vorbereitet habe. Ebenfalls daheim haben wir gegen Real nur eine ganz knappe Niederlage einstecken müssen. Wir sind in der 86. Minute in Führung gegangen. Das ganze Stadion ist gestanden. Jeder hatte enorm viel Adrenalin im Blut. Trotzdem haben wir noch zwei Tore bekommen und 2:3 verloren. Das war bitter.“

DER DERBY-SPEZIALIST

 „Ich glaube, bis auf Panathinaikos gegen Olympiakos ist mir in meiner Karriere bei jedem Verein mindestens ein Derby-Tor gelungen. Als Mainzer konnte ich gegen Frankfurt treffen und auch in den Wiener Derbys habe ich mich als Torschütze eintragen dürfen. Die Rivalität zwischen Levante und Valencia ist schon da, aber nicht in dem Ausmaß, wie man sie in Österreich oder Deutschland kennt. Die Verhältnisse sind klar: Der FC Valencia ist der große Verein und Levante versucht, sich mit bescheidenen Mitteln in der obersten Liga zu halten. Das ist in den vergangenen Jahren ganz gut gelungen. Deswegen war es schon eine super Sache, als wir in meiner Zeit bei Levante beide Heimspiele gewonnen haben.“

DAS SCHÖNSTE STADION

 „Da kann ich mich auf keines festlegen. Camp Nou und Bernabeu – beide Stadien gehören zu den größten Highlights, die man als Fußballer überhaupt erleben kann. Das wird jeder bestätigen, der schon einmal dort eingelaufen ist. Auch im Vergleich zur Allianz Arena - Camp Nou und Bernabeu stehen da für mich schon noch ein bisschen darüber. Das Flair ist etwas ganz spezielles. Es gibt nicht viele Stadien, wo man schon im Spielertunnel eine Gänsehaut bekommt. Das war in Madrid und in Barcelona so.“
 
„Aber auch andere spanische Stadien haben mich sehr beeindruckt. Zum Beispiel das neue San Mames in Bilbao oder das Vicente Calderon von Atletico Madrid. In Sevilla war weniger das Stadion besonders, dafür aber die Atmosphäre. Wir hatten dort immer enge Spiele. Dort ist es unheimlich laut geworden. Da war dieses andalusische Temperament richtig spürbar.“

DIE SPIELE GEGEN MESSI UND RONALDO

„Sie bewegen sich doch recht unterschiedlich am Platz. Messi verschleppt das Spiel mehr, lässt sich zurückfallen und startet dann erst den Alleingang. Er ist ganz schwer zu greifen. Überhaupt sind wir gegen Barcelona spielerisch überhaupt nicht zum Zug gekommen. Man versucht einen Ball zu erobern, doch die Spieler drehen sich im letzten Moment weg. Da ist man chancenlos. Über allem steht aber Messi, der im entscheidenden Moment zwei, drei Spieler ausspielt und das Tor macht.“

„Real war im Gegensatz dazu die körperlich robustere Mannschaft. Sie versprühen eine enorme Präsenz im Strafraum. Bei Standards sind sie mit Benzema, Ronaldo, Pepe, Ramos und den anderen extrem gefährlich. Vor allem Ramos war sehr beeindruckend. Das kriegt man sonst nicht so mit. Aber wenn du gegen ihn spielst und seine körperliche Präsenz siehst, dann weißt du, warum er einer der besten Verteidiger der Welt ist. Vom spielerischen her sind sie mehr über das Umschaltspiel gekommen. Teilweise geben sie dem Gegner den Ball sogar bewusst, sodass man in die gegnerische Hälfte kommt, sie den Ball erobern und dann schnell nach vorne spielen.“

DIE MANNSCHAFTSKOLLEGEN

„Ich habe das Glück gehabt, schon in meiner Anfangsphase mit ein paar Leuten Deutsch sprechen zu können. Damals waren Christian Lell und Sergio Pinto noch bei uns. Das hat es mir leicht gemacht. Andererseits gab es auch Loukas Vyntra und Simao, mit denen ich schon bei Panathinaikos zusammengespielt habe. Das hat mir die ganze Eingewöhnung erleichtert. Insgesamt war das Klima innerhalb der Mannschaft ausgezeichnet. Wir haben auch außerhalb des Trainings einiges unternommen. Ich konnte mich auch mit vielen Spaniern anfreunden.“ 

DIE SPANISCHE HERZLICHKEIT

„Valencia ist eine tolle Stadt. Die ersten Eindrücke waren schon sehr gut, aber wenn du dort lebst, verfestigt sich das noch. Mein Sohn hat bei Levante im Nachwuchs gespielt, dadurch sind wir mit vielen, anderen Familien zusammengekommen. Man lernt diese Gemütlichkeit zu schätzen, das kann man gar nicht mit Österreich vergleichen. Am Wochenende wird man oft von anderen Familien eingeladen, dort sind dann plötzlich 20 bis 25 Leute, die Gastgeber kochen Paella und alle kommen zusammen. Wir haben extrem viele Freundschaften dazugewonnen. Die Kinder haben sich sehr wohl gefühlt. Dementsprechend wird Valencia immer einen besonderen Platz haben. Ob wir später einmal dort auf Urlaub hinfahren oder sogar dort leben, das kann ich jetzt noch nicht sagen.“

 

Aufgezeichnet von Jakob Faber