news

Glorreiche Vergangenheit - glorreiche Zukunft?

Glorreiche Vergangenheit - glorreiche Zukunft?

Arsenal, Inter, HSV – mit großen Namen wurde Aleksandar Dragovic in diesem Transfersommer in Verbindung gebracht.

Letztlich wurde es jedoch Dynamo Kiew. Um neun Millionen Euro wird der nunmehr teuerste ÖFB-Spieler aller Zeiten laut „Kurier“ von Basel in die Ukraine wechseln.

Die Reaktionen der Fans fielen ernüchternd aus. Auf der Facebook-Seite von LAOLA1 bewerteten die meisten User seinen Transfer mit einem klassischen Fünfer. Die ukrainische Liga sei mit Ausnahme der Top-Klubs schwach. Dragovic hätte nicht dem Ruf des Geldes folgen sollen. Ein Wechsel in eine große Liga wäre besser gewesen.

An die glorreiche Vergangenheit anschließen

Doch so wenig glamourös der Name Dynamo Kiew auf den ersten Blick erscheinen mag, sportlich könnte sich der Transfer für den Ex-Austrianer durchaus bezahlt machen.

Denn der Traditionsklub will in den kommenden Jahren hoch hinaus. Schon vor Dragovic wurden 38 Millionen Euro in neue Spieler investiert (siehe Diashow). Das Ziel: Den Erzrivalen Shakhtar Donetsk von der Spitze verdrängen und wieder an die glorreichen Zeiten der Vergangenheit anschließen.

Je 13 ukrainische und 13 sowjetische Meistertitel hat der Hauptstadt-Klub auf dem Konto. Damit sind die Kiewer nicht nur Rekordträger in der Ukraine, sondern auch in der UdSSR. Zudem stehen zwei Europapokale der Pokalsieger (1975 und 1986) sowie der Einzug ins CL-Halbfinale 1999 am Steckbrief der Kiewer. Nicht umsonst gilt Dynamo als erfolgreichster Klub Osteuropas.

Bei Dynamo leitet Grigoris Bruder Igor die Geschicke des Vereins. „Unsere Familie befasst sich schon seit 1993, viel länger als alle anderen, mit dem Fußball. Wir sitzen nicht auf dem Geld, wir setzen es ein“, meint der Jüngere der Beiden.

Geld, das in der Vergangenheit nicht nur auf legale Weise eingesetzt wurde. 1995 versuchten die Gebrüder Surkis den spanischen Schiedsrichter Lopez Nieto für ein Europapokal-Spiel zu bestechen. Die Sache flog auf, Dynamo wurde für ein Jahr aus allen europäischen Bewerben ausgeschlossen.

Dragovic als Teil einer neuen Erfolgs-Generation?

Mittlerweile erinnert sich an diesen Skandal aber kaum jemand mehr. In der ukrainischen Liga der Milliardäre geht es einzig und allein um Erfolge. Vier Jahre ohne Meistertitel, letzte Saison gar nur Dritter hinter Shakhtar und Metalist Charkiv – das wollen sich weder die Surkis-Brüder noch sonst jemand vom Rekordmeister Dynamo bieten lassen.

Deswegen wird nun groß investiert. Mit Montpelliers Younes Belhanda, Eindhovens Jeremain Lens oder Bordeauxs Benoit Tremoulinas verpflichtete Dynamo in diesem Sommer schon echte Hochkaräter. Weitere bekannte Namen sind Ukraines Shootingstar Andriy Yarmolenko, der Portugiese Miguel Veloso oder Niko Kranjcar, Sohn von Ex-Rapid-Stürmer Zlatko.

Gemeinsam mit Dragovic soll diese Truppe, trainiert vom ehemaligen Lobanovskiy-Schützling Oleg Blochin, Dynamo zurück an die Spitze führen. Nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Europa.

 

Jakob Faber

Zukunftsweisender Fußball unter Lobanovskiy

All diese Erfolge sind unweigerlich mit einem Namen verbunden: Valerij Lobanovskiy. Zwischen 1973 und 1990 sowie zwischen 1997 und 2002 saß er auf der Trainierbank bei Dynamo. Der ukrainische Nationalheld gilt als Pionier des modernen Fußballs.

Schon in den 1970er-Jahren arbeitete er mit sportwissenschaftlichen Methoden, erarbeitete für jedes Spiel einen Matchplan und ließ so intensives Pressing spielen, „dass ich annahm, sie hätten zwei Spieler mehr auf dem Platz“ (O-Ton Ralf Rangnick).

Lobanovskiy drückte Dynamo Kiew also nicht nur durch Erfolge seinen Stempel auf. Auch seine Art Fußball zu spielen ging in die Fußballgeschichte ein.

Wendejahr 2002

2002 erlitt Lobanovskiy einen Schlaganfall und starb an dessen Folgen. Nicht nur deswegen sollte dieses Jahr für Dynamo richtungsweisend sein. Erstmals nach acht Jahren holte mit Shakhtar Donetsk wieder ein anderer Verein den ukrainischen Meistertitel.

Fortan waren die Jahre geprägt vom Duell mit dem Erzrivalen aus der Bergbaustadt. Zwar wurde Dynamo seit 2002 noch vier Mal Meister, doch zunehmend gewann das vom reichsten Ukrainer Rinat Achmetow unterstütze Shakhtar die Oberhand.

Vier Mal in Folge krönten sich Donetsk zuletzt zum Champion. 2009 holten sie sogar den UEFA-Cup, im Halbfinale hatte ausgerechnet Dynamo Kiew das Nachsehen.

Die Brüder hinter den Millionen

Doch mit zweiten Plätzen gibt sich ein Mann wie Grigori Surkis nicht zufrieden. Seit 1993 besitzt der durch dubiose Geschäfte nach der Wende reich gewordene Oligarch seinen Lieblingsklub Dynamo Kiew. Nebenbei holte er als Präsident des ukrainischen Fußballverbandes (2000-2012) und Freund von UEFA-Präsident Michel Platini die EURO 2012 in sein Heimatland.