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„Ich habe mich nicht wie ein Profi gefühlt“

„Ich habe mich nicht wie ein Profi gefühlt“

„Wenn ich noch einmal vor der Entscheidung stehen würde, nach Salzburg zu gehen, würde ich es nicht machen.“

Es scheint, als hätte Gonzalo Zarate mit seinem ehemaligen Arbeitgeber in der Bundesliga endgültig abgeschlossen.

Der Argentinier stand zwei Jahre bei den „Bullen“ unter Vertrag, ehe Düdelingen und die abermalige Umstrukturierung unter dem Neo-Sportdirektor Ralf Rangnick seiner Ära in der Mozartstadt ein Ende setzten.

Zurück in der Super League

Nach einer guten und einer weniger guten Spielzeit kehrte der Flügelspieler dahin zurück, wo er sich einst in Europa einen Namen machen konnte – in die Schweiz.

Bei Young Boys Bern lebte der 28-Jährige neu auf und hat nach jüngst überstandener Knieverletzung sein Glücksgefühl am Platz wiedergefunden.

Wettbewerbsübergreifend 19 Einsätze, sechs davon in der Europa League, und vier Tore stehen bislang zu Buche.

Im LAOLA1-Interview spricht Zarate über seine Erfahrungen bei Red Bull, die fragwürdige Behandlung seiner Mitspieler und über die Tatsache, dass er kurz nach dem Desaster in der Champions-League-Qualifikation dennoch in Europa für Furore sorgen konnte.

 

LAOLA1: Gonzalo, es scheint, als seiest du in Bern richtig glücklich. Ging die Wiederanpassung leicht vonstatten?

Gonzalo Zarate: Ja, die Tatsache, schon einmal in der Schweiz gespielt zu haben, machte es mir sehr leicht. Die Mitspieler haben mich gut empfangen, ich fühle mich glücklich. Die Leute im Verein und die Fans behandeln mich sehr gut.

LAOLA1: Weniger gut ist allerdings die aktuelle Situation in der Super League. Als Vorjahres-Dritter liegt ihr nun auf dem sechsten Rang, mit ein wenig Respektabstand zu den internationalen Startplätzen. Was fehlt Euch in der diesjährigen Meisterschaft?

Zarate: Es gab einige Veränderungen, wir haben mit Raul Bobadilla (Wechselte zum FC Basel, Anm.) einen der stärksten Spieler der Schweiz verloren. Neue Spieler sind gekommen, einige davon sehr junge. Da braucht alles ein wenig, um zu funktionieren. Die Konsequenzen aus diesen Wechseln erleben wir gerade.

LAOLA1: Ein wenig wirkt wohl auch noch die Europa League nach, wo ihr in einer Gruppe mit Anzhi, Liverpool und Udinese den Aufstieg nur hauchdünn verpasst habt.

Zarate: Wir haben eine gute Europa League in einer Gruppe mit großen Namen gespielt, aber die K.o.-Phase leider nicht erreicht. Das ist bitter. Dennoch kann man auf die Leistungen positiv zurückblicken.

Zarate trifft gegen Liverpool-Keeper Jones

LAOLA1: Sechs Partien gespielt, du standest bei allen in der Startelf. Was blieb dir besonders in Erinnerung?

Zarate: Das 3:1 zu Hause gegen Udinese war schön, auch weil ich einen Assist beisteuern konnte. Insgesamt bin ich mit meinen Leistungen in allen Spielen zufrieden, aber das Tor in Liverpool sticht für mich persönlich hervor. Das erlebt man nicht alle Tage. Allerdings ging dieses Spiel mit 3:5 verloren.

LAOLA1: Die Situation war schon seltsam. Zunächst mit Salzburg das Düdelingen-Desaster, kurz danach in Bern Europa-League-Highlights, während deinem Ex-Klub Europa verwehrt blieb. Wie erging es dir in diesem Moment?

Zarate: Ich fühlte mich persönlich natürlich gut, weil ich Europa League spielen konnte. Die Spiele gegen Düdelingen waren sehr eigen. Es gab viele Wechsel. Im zweiten Spiel bin ich von der Bank gekommen. Ich konnte den Elfmeter herausholen und ein Tor erzielen, aber es hat nicht gereicht. Wir haben schlecht gespielt, aber nicht, weil wir nicht wollten. Nach einer schlechten Partie sitzt du draußen, das affektiert vor allem uns Südamerikaner sehr. Wir haben eine andere Mentalität, sind sehr verschlossen und in diesem Zusammenhang haben wir uns schlecht gefühlt. Da habe auch ich mich nicht mehr wohl gefühlt.

LAOLA1:Waren es Probleme mit dem Trainer, oder wie meinst du das?

Zarate mit letztem RBS-Coach Schmidt

Zarate: Nein, weder mit Huub Stevens, Ricardo Moniz oder Roger Schmidt gab es ein Problem. Ich glaube, alle drei sind gute Trainer. Aber wie die Leute von oben mit anderen umspringen – das hat mich schon sehr überrascht. Ich habe mich nicht wie ein Profi-Spieler gefühlt. So wurde ich nicht behandelt. Wenn man sich so fühlt, wenn dich etwas bedrückt, wirkt sich das auf deine Leistungen auf dem Platz mit aus. Dann bist du nicht bei 100 Prozent.

LAOLA1: Glaubst du, dass man beim Projekt Red Bull mit großen Investitionen zu wenig Geduld hat und das zu einem zu großen Druck führt?

Zarate: Ja. Wenn du als junger Spieler zu einem Klub wechselst und nicht auf Anhieb gute Leistungen zeigst, kann es sein, dass sie dich kurz danach außen vor lassen. Diese Mentalität verstehe ich nicht ganz. Da wird viel Geld in Talente investiert und wenig später lässt man sie stehen, weil es nicht funktioniert. Das passierte mit einigen meiner Mitspieler, die darunter dann litten. Ich habe Dinge gesehen, die ich nirgendwo anders gesehen habe.

LAOLA1: Kann die Kontinuität in Salzburg jemals einkehren, wenn die Spieler das nötige Vertrauen nicht spüren?

Zarate: Ich glaube, dass es möglich ist, wenn sich die Führungsetage nicht zu sehr einmischt. Da gibt es Leute, die zu glauben wissen, wie der Fußball funktioniert, weil sie einmal gegen den Ball getreten haben. Wenn ein Spieler das Vertrauen spürt und sich wohl fühlt, kann er immer das Beste aus sich herausholen. So erging es mir zu Beginn meines letzten Jahres, als man mir den Rücken gestärkt hat. Da habe ich mich wichtig gefühlt. In Salzburg mischen sich viele Leute ein, das hilft nicht. Der Trainer hat eine Idee, sie eine andere. Und dann kommen sie zu keiner Übereinstimmung. Entweder das eine oder das andere, das ist das Problem. Die da oben wollen, dass derjenige Spieler spielt, der Trainer bevorzugt einen anderen. Ich habe viel Derartiges gesehen.

LAOLA1: Hast du das auch einmal angesprochen? Wurde das von Spielern generell zum Thema gemacht oder verschwiegen?

Zarate: In solchen Momenten bleibt man ruhig, aber eben überrascht. Aber du kannst dich nicht öffentlich darüber beschweren. Was dann passiert, hat man bei Leonardo gesehen. Ich verstehe nicht, warum man ihn zur zweiten Mannschaft abgeschoben hat. Denn Leonardo hat eine gute Saison gespielt, er war ein wichtiger Spieler.

LAOLA1: Hast du das bei jemandem angeprangert?

Zarate: Ich habe viel mit Joaquin (Boghossian, Anm.) gesprochen, der ähnliche Probleme hatte. Auch gegenüber anderen Spielern, Freunden, in der Schweiz habe ich das erwähnt. Man weiß oftmals nicht, was bei einer großen Mannschaft in Europa passiert. Ich habe Dinge erlebt, die ich keinem raten würde. Wenn ich noch einmal vor der Entscheidung stehen könnte, nach Salzburg zu gehen, würde ich es – mit dem Wissen von heute – nicht machen. Mir erging es sehr schlecht und infolge meiner Familie auch. Man kann nicht jedem gefallen, das ist klar, und als man ein paar Leute ausgetauscht hat, habe ich nicht mehr entsprochen. In diesem Sinn fehlt dem Verein die nötige Konstanz, einen Manager in Ruhe arbeiten zu lassen.

LAOLA1: Deine Zeit in Salzburg hatte aber auch schöne Seiten, Stichwort Double!

Zarate: Was ich als positiv mitnehmen kann, sind sicher die Titel. Im ersten Jahr wurde ich sehr gut behandelt. Da kann ich mich auch nicht beschweren. Die Entscheidung nach dem zweiten zu gehen, war aber, glaube ich, das Beste, was ich machen konnte.

LAOLA1: Verfolgst du Salzburg aktuell?

Zarate: Ich habe mit Sekagya, Soriano oder Alan noch ein paar Freunde, wegen derer ich den Geschehnissen ein wenig folge.

LAOLA1: Wenn du in einem Wort deine Etappe in Salzburg beschreiben müsstest: Meine Zeit war…

Zarate: Lehrreich. Ich habe viel über den Fußball gelernt. Fußball ist nicht angenehm, wenn man mit Leuten zu tun hat, die nicht wissen wie er ist.

Das Interview führte Christian Eberle