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"Ich sage nicht, dass ich in Russland alt werde!"

Jakob Jantscher hat eine ereignisreiche Woche hinter sich.

Am Wochenende stand er für Dynamo Moskau erstmals in der Startelf und krönte sein Debüt gleich mit einem Tor und dem 3:2-Sieg über Amkar Perm.

Wenige Tage später gelangen dem Steirer im Cup gegen Erzrivale Torpedo Moskau zwei Assists.

Aallerdings wurde die Partie aufgrund schwerer Ausschreitungen in der 51. Minute abgebrochen.

"Wäre noch weitergespielt worden, wäre die ganze Situation sicher eskaliert", schildert Jantscher.

Der 23-Jährige hat aber im LAOLA1-Interview noch mehr zu berichten.

Nämlich über seine ersten Wochen in Moskau, die Gründe für seinen Wechsel und irritierende Aussagen aus Salzburg.

LAOLA1: Jakob, das Cup-Spiel am Mittwoch wäre nicht so schlecht für dich und Dynamo gelaufen. Du hast beide Tore aufgelegt, aber in der 51. Minute ist beim Stand von 2:1 abgebrochen worden. Was war los?

Jakob Jantscher: Es herrscht zwischen Dynamo und Torpedo eine ziemliche Fan-Feindschaft. Angeblich waren unter den Torpedo-Fans auch Spartak-Anhänger und unter unseren Fans ZSKA-Anhänger. Schon vor dem Match gab es heftige Ausschreitungen. Während der Partie ist es dann etwas ausgeartet, wurden sämtliche Sachen aufs Feld geschmissen. Wäre noch weitergespielt worden, wäre die ganze Situation sicher eskaliert.

LAOLA1: Abgesehen von diesen unschönen Szenen ist die Woche ganz gut für dich verlaufen. Im Cup zwei Assists, in der Liga gleich beim Startelf-Debüt getroffen. Wie wohl fühlst du dich mittlerweile in Moskau?

Jantscher: Sehr, sehr wohl. Ich bin gut aufgenommen worden und habe in der Mannschaft auch zwei, drei Spieler (Schildenfeld, Kuranyi, Misimovic, Anm. d. Red.), mit denen ich deutsch sprechen kann. Das macht es um einiges leichter. Ansonsten wird englisch gesprochen, das heißt, man kann sich auch so gut verständigen.

LAOLA1: Wie anders ist die Welt in Moskau?

Jantscher: Es ist eine ganz neue Herausforderung. Wenn du nur unser Trainingszentrum anschaust, ist das schon beeindruckend. Ich bin zwar von Salzburg einiges gewöhnt, aber das hier ist noch großartiger.

LAOLA1: Wo lebst du in Moskau?

Jantscher: Ich verbringe noch eine Nacht im Trainingszentrum und ziehe dann mit Frau und Hund in ein Haus am Stadtrand. Es ist in der Nähe des Trainingszentrums, das rund 25 Kilometer vom Zentrum entfernt ist. Darum wollte ich nicht direkt in der City wohnen, da man teilweise bis zu 50 Minuten zum Trainingsgelände braucht. Das ist mir bei diesem Verkehr zu stressig.

LAOLA1: Bei Dynamo läuft es bislang ja eher suboptimal. Wie ist die Stimmung im Verein?

Jantscher: Es ist nicht einfach. Dynamo ist ein Traditionsverein. Wenn es da nicht so läuft, bekommst du das zu spüren. Vor dem Spiel gegen Amkar Perm waren rund 30 Fans beim Training und haben uns zu verstehen gegeben, dass es so nicht weitergehen kann. Dynamo ist noch nie in seiner Historie abgestiegen, darum müssen wir uns zusammenreißen.

LAOLA1: Ist für dich der Unmut verständlich?

Jantscher: Auf der einen Seite schon, auf der anderen Seite spürt man jetzt noch mehr Druck. Letzte Saison wurde Dynamo Vierter, ganz knapp hinter dem Zweiten. Deswegen ist dieser Absturz schon überraschend gekommen. Aber die vergangenen zwei Partien geben Anlass zur Hoffnung.

LAOLA1: Du bist jetzt noch nicht so lange in Moskau, aber hast du das Gefühl, dass es die richtige Entscheidung war? Viele haben diesen Schritt ja nicht verstanden.

Jantscher: Für mich persönlich war es der richtige Schritt. Die Liga ist um einiges besser als die österreichische. Ich habe in den vergangenen Partien den Unterschied deutlich gemerkt. Es geht viel mehr zur Sache. Deswegen kann ich mich in Russland sehr gut entwickeln. Es gibt sechs, sieben Topklubs. Das sind dann die Spiele, die mich extrem fordern und in denen ich mich weiterentwickeln kann. Aber ich sage nicht, dass ich in Russland alt werde. Ich möchte schon den nächsten Schritt machen.

LAOLA1: Wäre es keine Option gewesen, bis zum Winter in Salzburg zu bleiben und dann nach Alternativen zu schauen?

Jantscher: Es hat bei Salzburg ein paar Sachen gegeben, die nicht ganz astrein waren. Ich möchte darüber aber nicht viel sagen. Für mich war es der richtige Schritt, nach Russland zu gehen.

LAOLA1: Ralf Rangnick hat erst kürzlich gesagt, dass du nach dem CL-Aus gegen Düdelingen nicht mehr so motiviert warst. War das auch ein Grund?

Jantscher: Diese Aussagen habe ich nicht verstanden. Aber gut, ich bin keiner, der jetzt aus Russland nachtritt und drauf haut.

LAOLA1: Es ist aber durchaus ein Vorwurf, den du dir gefallen lassen musst.

Jantscher: Ja, es ist ein Vorwurf, den Herr Rangnick getätigt hat, als ich schon in Russland war. Aber ich muss mich jetzt nicht rechtfertigen. Wenn Herr Rangnick meint, es war richtig, sich so zu äußern, dann ist es gut. Ich weiß, wie es wirklich gelaufen ist.

LAOLA1: Es könnte ja auch sein, dass du wieder nach Salzburg zurückkehrst. Du hast bei Dynamo ja nur einen Leihvertrag.

Jantscher: So ist es (lacht). Aber das ist kein Grund, warum ich nicht viel sagen will. Es ist einfach nicht meine Art. Nur so viel: Meiner Meinung nach war es nicht in Ordnung, was Herr Rangnick gesagt hat, nachdem ich schon in Russland war.

LAOLA1: Ist es für dich nicht etwas komisch, dass von der Meistermannschaft nicht mehr viel übrig ist?

Jantscher: Was soll ich dazu sagen? Ich glaube, jeder in Österreich sieht, was in Salzburg gerade abläuft. Es ist schade, dass die Mannschaft, die letztes Jahr alles gewonnen hat, so zerwürfelt wird. Aber es gibt auch andere Sachen, die in Salzburg nicht ganz passen. Mehr will ich dazu nicht sagen.

LAOLA1: Wie intensiv verfolgst du die österreichische Bundesliga aus Moskau?

Jantscher: Ich bin natürlich immer live dabei. Entweder über Live-Ticker oder Live-Streams. Sonst schaue ich mir die Zusammenfassungen an.

LAOLA1: Wie oft wirst du in der nächsten Zeit in Österreich sein?

Jantscher: Ich denke, nicht sehr oft. Natürlich bin ich beim Nationalteam dabei, aber sonst wahrscheinlich erst im Winter. Wenn es in Moskau zu kalt ist, wird ohnehin nicht gespielt. Dann werde ich für zwei, drei Wochen nach Graz fahren.

LAOLA1: Was hast du von Moskau schon gesehen?

Jantscher: Wir sind mit dem Bus zum Cupspiel ins Torpedo-Stadion gefahren und dabei konnte ich ein paar Blicke erhaschen. Also die Stadt schaut schon mörderisch aus. Wenn du siehst wie am Abend der Rote Platz und der Kreml beleuchtet sind, bist du schon beeindruckt.

LAOLA1: Wirst du auch russisch lernen oder zahlt sich das möglicherweise gar nicht aus?

Jantscher: Doch, doch. Ein paar Wörter habe ich schon aufgeschnappt. Wir haben auch ein Mal in der Woche für eine Stunde Russisch-Unterricht.

Das Interview führte Kurt Vierthaler