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Mehr als nur um die Vorherrschaft in Rom

Mehr als nur um die Vorherrschaft in Rom

Das Spiel des Jahres.

Eine Phrase, die viele Fußballteams überstrapazieren und teils mehrmals pro Jahr Hochkonjunktur hat.

Wenn am Montag (18 Uhr) die beiden Römer Erzrivalen Lazio und AS im Spitzenspiel der 37. und vorletzten Serie-A-Runde aufeinanderprallen, hat diese Formulierung aber zweifelsohne ihre Berechtigung.

Denn in dieser Partie geht es um weit mehr als die Vorherrschaft in Italiens Hauptstadt.

Beinahe drei Millionen Einwohner fasst die italienische Hauptstadt. An (zumindest) zwei Tagen im Jahr teilt sich die Bevölkerung in zwei Lager.

143 Mal fand das Derby della Capitale in der Serie A statt. Roma feierte 49 Siege, Lazio 37.

Letztere warten seit fünf Spielen auf einen Derby-Erfolg, der wichtigste der letzten Jahre ging aber auf ihr Konto.

2013 trafen die beiden Rivalen zum ersten Mal in einem Coppa-Finale aufeinander, die Blauen setzten sich knapp 1:0 durch. Eine Niederlage, die sich bis heute in die Herzen der Roma eingebrannt hat.

Zwei Jahre später erhält die "Giallorossi" die Gelegenheit auf die Revanche in einer mindestens ebenso brisanten Partie.

Kampf um Champions-League-Millionen

Der Scudetto ist zwar längst an Juventus vergeben, dahinter kämpfen aber beide Teams in einem nervenauftreibenden Kampf um die Champions-League-Qualifikation. Die AS Roma liegt zwei Spieltage vor Schluss mit 67 Punkten auf Platz zwei. Lazio steht knapp dahinter (66) auf Rang drei, gefolgt von Napoli (63).

Dieser zweite Platz ist eminent wichtig, weil in der in den letzten Jahren schwächelnden italienischen Liga nur noch der zweite Platz einen Fixplatz in der Gruppenphase garantiert. Der Dritte muss in die Playoffs.

Angesichts der schwachen Koeffizienten (Lazio: 49,102, Roma: 43,602) droht dort der ungesetzte Status, welcher unter anderem Duelle mit den Viertplatzierten der Premier League, Primera Division und deutschen Bundesliga bescheren könnte. Brocken, denen beide Römer Klubs wohl gerne aus dem Weg gehen würden.

Denn einzig die CL-Gruppenphase garantiert einen Geldregen. Die simple Anwesenheit alleine 12 Millionen Euro. In Kombination mit den TV-Einnahmen winken an die 40 Millionen. Eine Summe, welche die Römer gut gebrauchen könnten. Dagegen stellen Erfolge in der niederrangigen Europa League Peanuts dar.

Rückrunde der Gegensätze

Dass Lazio (letzte CL-Teilnahme 2007/2008) überhaupt mit dem Stadtrivalen noch um den Fixplatz in der Königsklasse kämpft, verdanken die Biancocelesti der Rückrunde.

In dieser verspielte die mit Ambitionen auf den Scudetto gestartete Roma zunächst den Anschluss an Juve, hatte jedoch nach 22 Spieltagen immerhin einen komfortablen Vorsprung von zwölf Punkten Vorsprung auf den Erzrivalen. Scheinbar komfortabel, sollte sich rausstellen.

Denn die Talfahrt des Teams ging weiter. Von Mitte Jänner bis Mitte März gewann das Team von Rudi Garcia eine einzige Serie-A-Partie (von zehn), acht Unentschieden inklusive. Dazwischen verspielte man Coppa und Europa League gegen die Fiorentina.

Ganz anders Lazio: Die Weiß-Celesten starteten gleichzeitig in dieser Phase einen Erfolgslauf und feierten acht Meisterschaftssiege in Serie. Zudem wurde gegen Napoli der Coppa-Final-Einzug fixiert.

Am 30. Spieltag überholte Lazio schließlich den Stadtrivalen und stieß erstmals in dieser Saison auf Rang zwei vor.

Seither treten beide Klubs auf der Stelle.

Bayern-Schmach

Was beide Teams eint, sind harte Rückschläge während der Saison.

Der Grundstein für Romas Einbruch nach der Winterpause wurde nämlich möglicherweise bereits in der Hinrunde gelegt.

Platz Verein Spiele G U V Tore Diff. Punkte
2 AS Roma 36 18 13 5 51:28 23<span style=\'color: #999999; font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; font-size: 11px; background-color: #f6f6f6;\'> 67 CL
3 Lazio Rom 36 20 6 10 66:34 32<span style=\'color: #999999; font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; font-size: 11px; background-color: #f6f6f6;\'> 66 CL-Quali
4 SSC Napoli 37 18 9 10 68:50 18<span style=\'color: #999999; font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; font-size: 11px; background-color: #f6f6f6;\'> 63 EL

Die Giallorossi starteten zunächst mit fünf Siegen perfekt in die Saison, überzeugten auch in der Champions League gegen CSKA Moskau (5:1) und Manchester City (1:1). Dann kamen die Bayern.

Die Münchner demütigten die Gelb-Roten mit einem 7:1-Kantersieg im heimischen Stadico Olimpico. Ein Spiel, welches definitiv Wunden hinterließ und einen Bruch im Spiel von Totti und Co. erkennen ließ.

Coppa-Drama

Lazio erlebte die dunkelste Stunde erst vergangenen Mittwoch. Ebenfalls in einem Bewerb außerhalb der Serie A.

Nach aufopferungsvollem Kampf im Coppa-Finale hatte letztlich Juventus das bessere Ende für sich, die Bianconeri setzten sich 2:1 nach Verlängerung durch und sicherten sich das Double. Matri brach den Lazio-Fans mit seinem Goldtor in der 97. Minute das Herz. Besonders bitter, weil drei Minuten zuvor Filip Djordjevic in Salzburger Marquinho-Manier einen Stangenpendler fabrizierte.

Umso gelegener kommt das Derby, da bleibt keine Zeit, um über die verpasste Titelchance nachzudenken. Diese Einstellung teilt Lazio-Trainer Stefano Pioli: „Unser Weg im Pokal ist beendet, für die Liga gilt das aber nicht.“

Terminstreitigkeiten

Trotzdem stand die Zeit zwischen Cup-Finale und Derby im Fokus. Jenes Coppa-Endspiel war nämlich Anlass für den ungewöhnlichen Termin am Montagabend um 18 Uhr.

Durch Juves Einzug in das CL-Finale musste das Cupfinale vorverlegt werden. Auf Lazios Ersuchen nach einem zusätzlichen Tag Regenerationszeit wurde in der Folge das Derby vom italienischen Verband um einen Tag nach vorne verschoben.

Dies wiederum passte Konkurrent Roma nicht, deren Sportdirektor Walter Sabatini meckerte: „Wir haben auch schon am Mittwoch Champions League und dann am Sonntag in der Liga gespielt. Ich sehe nicht, wo das Problem liegt.“

Ausschlüsse garantiert?

Für eine hitzige Partie ist also im Vorfeld gesorgt. Dabei wäre diese bereits auf andere Weise garantiert, sehen die Akteure in der heißumkämpften Partie doch in überdurchschnittlicher Zahl im wahrsten Sinne des Wortes rot.

In den letzten 13 Begegnungen mussten unfassbare 16 Spieler vorzeitig duschen gehen. Roma-Heißsporn Daniele De Rossi lässt dies kalt: „Ich bin inzwischen ruhiger. Ich habe jetzt viele Derbys gespielt und ich denke, ich kann damit umgehen."

Personalprobleme

Umgehen wird Lazio auch mit den vielen personellen Fragezeichen müssen.

Fix ausfallen dürfte Linksverteidiger Stefan Radu. Der Rumäne musste im Coppa-Finale verletzt ausgewechselt werden. Er versichert zwar „alles zu unternehmen, um am Montag zu spielen“, laut Vereinsarzt dürfte aber wenig Hoffnung bestehen. Ersatzmann wird wohl Senad Lulić, Goldtorschütze im Coppa-Finale 2013 sein.

Der Argentinier Lucas Biglia konnte am Wochenende mittrainieren, über seinen Einsatz im defensiven Mittelfeld dürfte kurzfristig entschieden werden. Lichtblick ist das Coppa-Comeback von Defensivmann Stefan de Vrij. Miroslav Klose und Felipe Anderson (Zusammen 22 Saisontreffer) sollen für die nötigen Tore sorgen.

Auf der Gegenseite fehlen die Langzeitpatienten Kevin Strootman, Gervinho und Leandro Castan. Gebaut wird vor allem auf die Dienste von Klubikone Francesco Totti. Dieser rettete bereits in der ersten Saisonbegegnung mit einem Doppelpack das Unentschieden (2:2) und ist mit elf Toren Derby-Rekordtorschütze.

Napoli der lachende Dritte?

Die Ausgangslage verspricht also Hochspannung. Lazio-Coach Pioli fasst die Situation treffend zusammen: „Das Spiel entscheidet unsere Zukunft und ist das wichtigste der Saison. Mit der Hilfe unserer Fans wollen wir das Spiel unseres Lebens spielen."

Wäre das nicht schon genug Druck, droht zusätzlich von hinten Ungemach.

Der Vierte Napoli verlor zwar am Samstag bei Juventus 1:3, könnte aber Lazio im Falle deren Derby-Niederlage am letzten Spieltag im direkten Duell (was zudem Kriterium bei Punktegleichheit ist) noch überholen.

Und dieses Spiel des Jahres möchten sich die Biancocelesti wohl gerne ersparen.

 

Andreas Gstaltmeyr