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Corvino abgesägt - Neustart in Florenz

Corvino abgesägt - Neustart in Florenz

 „Ihr ekelt uns an!“

Die bittere 0:5-Heimpleite Fiorentinas gegen Erzrivale Juventus war den Tifosi einfach zu viel.

Nun mussten Spieler, Trainer und sportlich Verantwortliche beim Training in großen Lettern lesen, was der harte Kern der Anhängerschaft aktuell von ihnen hielt.

Das Präsidium ließ sich nicht lange bitten, reagierte umgehend. Der Vertrag von Pantaleo Corvino, seines Zeichens sportlicher Leiter, würde im Sommer nicht mehr verlängert werden, ließ man ausrichten.

Seit vielen Jahren in Florenz

Ein großer Schnitt. Denn der Sportdirektor ist bei der „Viola“ immerhin schon seit Sommer 2005 im Amt. Neben dem nunmehrigen Teamchef Cesare Prandelli war er hauptverantwortlich dafür, dass der Klub aus der Toskana nach dem Wiederaufstieg, der 2004 gelang, einen Höhenflug erlebte.

Doch an dem 62-Jährigen wird ebenso die Krise, in der sich der Verein seit geraumer Zeit befindet, festgemacht. Medien und Fans übten zuletzt scharfe Kritik an seiner Transferpolitik.

Ob sich der zweifache Meister mit der Entscheidung, Corvino abzusägen, einen Gefallen tut, darf bezweifelt werden. Fakt ist, dass er seit jeher ein ausgezeichnetes Auge für junge Spieler hat und größtenteils vernünftige Transfers tätigte.

Bereits während seiner Zeit bei Lecce (1998-2005) machte sich der Mann aus Vernole einen Namen. Er zauberte etwa Javier Chevanton, Valeri Bojinov, Mirko Vucinic und Cristian Ledesma aus dem Hut. 2000 gelang es ihm fast, Dimitar Berbatov zu verpflichten.

Namhafte Verpflichtungen

Auch seine erste Transferzeit in Florenz kann sich sehen lassen. Mit Riccardo Montolivo, Luca Toni und Sebastien Frey kamen drei Spieler, die der Mannschaft in weiterer Folge den Stempel aufdrückten.

2006/07 folgte Zdravko Kuzmanovic, ein Jahr später kamen Franco Semioli und Anthony Vanden Borre dazu. 2008/09 waren es Stevan Jovetic, Felipe Melo, Alberto Gilardino und Juan Vargas, die das violette Trikot überstreiften.

Weitere namhafte Verpflichtungen Corvinos: Adem Ljajic, Valon Behrami, Alessio Cerci und Artur Boruc.

Nur ein Volltreffer

Auch diesen Sommer gelang dem Sportdirektor ein grandioser Coup. Mit Matija Nastasic wurde ein 18-Jähriger Innenverteidiger geholt, der bei Partizan Belgrad noch nicht einmal Fuß gefasst hatte, in der Serie A aber durch starke Vorstellungen besticht.

Florenz träumt von einer Rückkehr Rui Costas

Doch es waren in der aktuellen Saison auch einige Neuzugänge dabei, die nicht wie gewünscht einschlugen. Houssine Kharja, Andrea Lazzari und Santiago Silva blieben bislang hinter den Erwartungen zurück. Ganz zu schweigen von Amauri, der im Winter kam, bisher aber noch an keinem einzigen Tor beteiligt war.

Eskalation im Winter

In erster Linie waren es allerdings die Abgänge, die Corvino zum Verhängnis wurden. Der Verkauf von Felipe Melo an Juventus brachte die Tifosi in der Curva Fiesole in Rage. Die Wechsel von Giampaolo Pazzini und Sebastien Frey sorgten zumindest für Naserümpfen.

Im Winter wuchs der Unmut schließlich ins Unermessliche. Der Transfer von Goalgetter Alberto Gilardino zum Genoa CFC war ein Schlag ins Gesicht der Fans, die zudem mitansehen mussten, wie Kapitän Riccardo Montolivo die Verhandlungen über eine Verlängerung seines im Sommer auslaufenden Vertrags endgültig abbrach.

Hinzu kommt, dass die „Viola“ als 16. gerade einmal so über dem ominösen Strich steht.

Rui Costa oder Jörgensen?

Spekulationen über die Nachfolge Corvinos gibt es bereits. Zwei ehemalige Fiorentina-Spieler scheinen hoch im Kurs zu stehen.

Die „Gazzetta dello Sport“ berichtet, dass Rui Costa den Job übernehmen könnte. Der Portugiese ist derzeit Sportdirektor bei Benfica, ein Abgang aus Lissabon aber nur schwer vorstellbar.

Der „Corriere dello Sport“ bringt unterdessen den erst 36-jährigen Dänen Martin Jörgensen ins Spiel. Er kickt aktuell noch in seiner Heimat bei Aarhus und würde gemeinsam mit Fiorentina-Scout Eduardo Macia den Posten des sportlichen Leiters bekleiden.


Harald Prantl