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Kingsley Coman: Juves Pogba 2.0

Kingsley Coman: Juves Pogba 2.0

Michel Platini, Zinedine Zidane, Didier Deschamps, David Trezeguet, Paul Pogba…

„La vieille dame“ nennen sie Juventus in Frankreich. Und jedes Kind kennt die französischen Superstars, die in Turin schon für Furore gesorgt haben.

„Bei Juve haben französische Spieler eine gewisse Tradition. Einige von ihnen haben dort Großes erreicht. Also sagte ich mir: Warum nicht auch ich?“

Der junge Mann, aus dessen Mund diese Worte stammen, hört auf den Namen Kingsley Coman. Das Label, das er seit diesem Sommer trägt: Pogba 2.0

Parallele Eckdaten

Es ist nur logisch, dass sich alle an den 21-jährigen Superstar erinnert fühlen, wenn sie Comans Eckdaten zu Gesicht bekommen.

Ein junger, hochbegabter Franzose, der bei einem anderen Top-Klub keine Chance sah, genügend Spielpraxis zu sammeln und von Generaldirektor Beppe Marotta ablösefrei ins Piemont gelotst wurde.

In Pogbas Fall war es Manchester United, das zähneknirschend den Abgang hinnehmen musste, Coman kam in diesem Sommer von Paris St. Germain.

Verbitterung, Alarmglocken, Minusgrade

16 Jahre, acht Monate und vier Tage war der Offensivspieler, der an vorderster Front ebenso wie hinter den Spitzen spielen kann, alt, als er im Februar 2013 erstmals für die PSG-Profis auflaufen durfte. Kein anderer Kicker war jünger, als er das Trikot der Pariser überstreifte.

Schon als 16-Jähriger debütierte Coman bei den PSG-Profis

Doch schon nach diesem Spiel gegen Sochaux klang der Teenager verbittert: „Jetzt sollten die Leute auch verstehen, dass ich bereit bin. Es ist schwer, wenn man andere Spieler sieht, die bei ihrem Klub von Beginn an spielen, und man das Gefühl hat, selbst auch schon auf diesem Level zu sein.“

Spätestens zu diesem Zeitpunkt haben die Alarmglocken in Turin geschrillt. Auf dem Schirm hatte Juve den gebürtigen Pariser, der schon im Alter von acht Jahren von US Senart-Moissy zu PSG gewechselt war, bereits seit Winter 2011/12.

Im März 2014 bibberte Sportdirektor Fabio Paratici bei Minusgraden auf der Lübecker Lohmühle und sah sich das U18-Länderspiel zwischen Deutschland und Frankreich an. Die Leistung des Objekts der Begierde erwärmte das Herz des Italieners aber rasch. Spätestens nach dieser Partie war für den Serie-A-Krösus klar, dass er alles unternehmen würde, um sich das Talent zu angeln.

Bordeaux ein ernsthafterer Konkurrent als FC Bayern

Dass ein 16-Jähriger, der im Pariser Millionen-Ensemble zum Einsatz kommt, auch den anderen Top-Klubs des Kontinents nicht entgeht, liegt aber auf der Hand. Arsenal, Liverpool, Tottenham, Newcastle, die Bayern und Leverkusen sollen am heftigsten um Coman gebuhlt haben.

Aber nur ein Klub hatte wirklich das Potenzial, Juve dazwischen zu pfuschen. „Bei Bordeaux habe ich lange gezögert. Ich habe mit Willy Sagnol gesprochen, der dort Trainer ist. Ich kenne ihn von der französischen U21-Nationalmannschaft und er hat mir Spielpraxis versprochen“, so der Spieler. Die Bemühungen der Franzosen kamen aber zu spät: „Ich war mit den Gedanken schon bei Juve.“

Allegri: "Der Junge hat wie ein Routinier gespielt"

Die "alte Dame" stattete den U21-Internationalen mit einem Fünfjahres-Vertrag aus. Die Pogba-Vergleiche folgten sofort. Coman dazu: „Ich werde nicht sagen, dass ich den selben Weg gehen und so schnell einen Stammplatz wie er haben werden. Aber wenn ich die Chance verdiene, werde ich sie bekommen.“

Überraschendes Debüt

Und plötzlich ging es schneller als gedacht. Alvaro Morata nicht ganz fit, Sebastian Giovinco und Fernando Llorente ein wenig kränklich, die anderen Alternativen offenbar nicht überzeugend genug und schon stand der Neuzugang in der ersten Runde gegen Chievo Verona in der Startelf – als jüngster Juve-Legionär aller Zeiten (18 Jahre, zwei Monate, 17 Tage).

67 Minuten später wurde er nach einer astreinen Vorstellung ausgewechselt und rund eine halbe Stunde danach von „Sky Sport Italia“ zum „Man oft the Match“ gekürt. „Der Junge hat wie ein Routinier gespielt“, spendete Coach Massimiliano Allegri verbalen Applaus.

Paul Pogba stimmte ein: „Er ist ein fantastischer Spieler! Er hat das Potenzial, viel Positives bei Juve zu bewirken.“ Der Debütant gab sich indes eher kleinlaut: „Ich denke, ich habe getan, was der Trainer von mir verlangt hat. Es ist einfach, für Juventus zu spielen, weil das Team einem sehr hilft.“

Den Satz des Abends lieferte aber Goalie Gianluigi Buffon: „Es war, als ob ich Pogba noch einmal gesehen hätte.“

Das Label des nächsten Pogba wird Kingsley Coman nicht so schnell los. Aber es könnte angesichts der Geschichte französischer Superstars bei Juve auch schlimmer sein.

Harald Prantl