You'll never walk alone ist in Liverpool Programm, nicht nur auf The Kop in Anfield. Vor allem Jürgen Klopp kann in seinen ersten Tagen in Liverpool dieses Lied singen. Der Hype um den neuen "Reds"-Coach stieg in Höhen, die selbst dem fannahen Schwaben etwas unangenehm wurden.
Seine Vorstellung elektrisierte die Heimatstadt der Beatles gleichermaßen wie den Rest der Welt. In 132 Ländern rangierte Klopp in den "twitter"-Top-Trends, noch keine Trainerbestellung im Fußball rief so viele Reaktionen hervor wie Klopps.
An Vorschusslorbeeren mangelt es dem 48-Jährigen nicht, spätestens mit seiner Antritts-Pressekonferenz zog er auch noch die hartnäckigsten Skeptiker unter Fans und sogar Journalisten auf seine Seite.
"Gleich bei seinem ersten Auftritt in Liverpool hat Jürgen Klopp auch mich schwer beeindruckt", gibt Ian St. John im "kicker" zu. "Er hat bei seiner Ankunft direkt auf die richtigen Knöpfe gedrückt. Vor allem für die Fans hat er die treffenden Worte gefunden. Wie Bill Shankly damals 1959 vor seiner ersten Saison", fügt der 77-Jährige hinzu und wagt damit einen großen Vergleich, immerhin thront Trainer-Legende Shankly in Bronze gegossen vor dem Stadion an der Anfield Road. St. John weiß aber wovon er spricht, war er doch unter Shankly Torjäger, zweimal Meister und FA-Cup-Sieger.
Auf Worte müssen Taten folgen
Bei der Euphorie um Klopp könnte man den Eindruck gewinnen, selbiger wäre bereits einer der größten Trainer der Liverpooler Geschichte - und das noch bevor sein erstes Spiel beim LFC gecoacht hat.
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Die Erwartungen sind enorm, alleine mit seinem Charakter, seinem Humor und seiner Eloquenz wird der Jubiläumstrainer - der 20. in der Historie des LFC den Einzug in die Riege der größten seiner Zunft nicht schaffen. Den bei aller Emotionalität - auch in Liverpool braucht man Titel, um zur Trainerlegende zu werden.
An solchen mangelte es den "Reds" in ihrer Vergangenheit nicht, wie die folgenden Persönlichkeiten zeigen.
Bill Shankly (1959-1974)
"Einige Menschen glauben, Fußball sei eine Frage von Leben und Tod, ich bin sehr enttäuscht von dieser Sichtweise. Ich kann Ihnen versichern, er ist viel, viel wichtiger als das." Dieser Satz machte Bill Shankly auch weit über die Grenzen Liverpools hinaus bekannt. Er offenbart die Einstellung des Schotten zum Fußball und das, was er als langjähriger Coach der "Reds" weitergab. In seiner Karriere als Spieler war Preston North End für ihn das Höchste der Gefühle, als Trainer machte er sich aber zur Legende. Fußball war alles für ihn und damit passte er perfekt zum LFC und seinen Fans. Er sei "gemacht für Liverpool, wo die wichtigsten Leute jene sind, die durch die Drehkreuze gehen", sagte Shankly einmal. Der bekennende Sozialist verstand sich als Mann des Volkes - und das Volk liebte ihn.
Harte Arbeit, Emotionen, Leidenschaft, vieles, was den Mythos LFC heute noch ausmacht, stammt aus der Zeit von "Shanks", der dies verkörperte. So geht die berühmte Tafel im Spielertunnel mit der Aufschrift This is Anfield auf ihn zurück. Die gegnerischen Spieler sollten wissen, dass sie nicht in irgendeinem Stadion auflaufen. Die Tore mit dem Schriftzug You'll Never Walke Alone tragen Shanklys Namen und vor The Kop steht er lebensgroß in Bronze gegossen, untermalt mit den Worten "Er machte die Menschen glücklich". Das Gerätekammerl neben der Heimkabine funktionierte er in den 60er Jahren zu einem inoffiziellen Büro um, in dem er mit seinen Co-Trainern Bob Paisley, Joe Fagan und Reuben Bennett - die "Boot Room Boys" - bei einem Glas Whiskey die Taktik für das nächste Spiel besprach. Diese Tradition wurde auch von seinen Nachfolgern beibehalten, bis 1992. Nach ihrer Abschaffung gewann man keine Meisterschaft mehr.
Seine Persönlichkeit machte Shankly in Liverpool unsterblich, aber auch seine Erfolge taten das ihrige dazu. Stadtrivale Everton war am Mersey die Nummer eins, als Shankly am 1. Dezember 1959 seinen Dienst antrat, die "Reds" nur zweitklassig. Shankly baute Liverpool neu, stieg 1962 auf und holte nur zwei Jahre später auch den Meistertitel in der höchsten Spielklasse. 1965 folgte der Triumph im FA Cup, 1966 erneut die Meisterschaft. Nach einer Verjüngung des Teams errang er 1973 abermals den Meistertitel und holte mit dem UEFA Cup auch die erste internationale Trophäe nach Anfield.
Shankly erweckte Liverpool (wieder) zum Leben und leitet die erfolgreichste Zeit des Klubs ein.
Bob Paisley (1974-1983)
Nach dem überraschenden Rücktritt Shanklys gab es aus Sicht des Klubs nur einen, der ihm nachfolgen konnte. Paisley war 15 Jahre lang als Spieler in Anfield, 1947 Meister, später Kapitän. Er hatte Shanks vom ersten Tag an als Assistent begleitet und war den sogenannten "Liverpool Way" mitgegangen. Und so machte Paisley den Schritt aus dem Boot Room in die erste Reihe. Dazu benötigte es einiges an Überredungskunst seitens der Vereinsverantwortlichen und seiner Familie, denn das Rampenlicht und die Herausforderung schienen in abzuschrecken. "Es ist als würde man mir das Steuer der Queen Elizabeth bei Windstärke 10 übergeben", wählte er einen nautischen Vergleich, als er letztlich doch zustimmte.
Die Entscheidung erwies sich aber als goldrichtig: 20 Titel sammelte Paisley in seinen neun Saisonen. Neben den sechs Meistertiteln hievten vor allem die vier internationalen Triumphe Liverpool auf ein neues Level und machten die "Reds" zum damals besten Team Europas. Wie schon 1973 im UEFA Cup setzte man sich auch 1977 im Europapokal der Landesmeister gegen Borussia Mönchengladbach durch. Damit machte sich Paisley nebenbei zum ersten in England geborenen Trainer, der den wichtigsten europäischen Klub-Titel erringen konnte. Während die Mannschaft nach dem Endspiel in Rom dem Champagner fröhnte, feierte der Coach diesen Erfolg in einer Ecke des Teamhotels. "Ich werde mir heute keinen Drink genehmigen, weil ich jeden einzelnen Moment genießen möchte", sagte er damals und war sich sicher: "Der Papst und ich sind heute Nacht zwei der wenigen nüchternen Menschen in Rom."
Im darauffolgenden Jahr gewann man das Finale gegen den FC Brügge, 1981 ein drittes Mal gegen Real Madrid. Paisley scharte einige der besten britischen Spieler der Nachkriegszeit um sich und machte viele davon zu dem, was sie waren. "Es gab nur einen Bob Paisley und er war der Beste von allen", urteilte Kenny Dalglish und meinte: "Er war nie großspurig, aber er hatte ein großartiges Fußballwissen. Ich verdanke Bob mehr als jedem anderen in diesem Spiel. Es wird nie wieder einen wie ihn geben." Alan Hansen und Graeme Souness stimmten ihrem schottischen Landsmann zu: "Bob steht an der Spitze, er ist die Nummer eins."
Nach seinem Rücktritt arbeitete das Mitglied des Order of British Empire als Direktor bei Liverpool. Nach seinem Tod wurde auch ihm mit dem "Paisley Gateway" ein Eingang in Anfield gewidmet.
Spiele | Siege | Remis | Niederlagen |
---|---|---|---|
783 | 407 | 198 | 178 |
Titel | Jahr |
---|---|
First Division | 1964, 1966, 1973 |
Second Division | 1962 |
FA Cup | 1965, 1974 |
UEFA Cup | 1973 |
FA Charity Shield | 1964, 1965, 1966 |
Kenny Dalglish (1985-1991, 2011-2012)
Kein anderer Mann steht so sehr für die Erfolgszeiten des Liverpool FC wie der kleine Schotte. Unter den Fans genießt "King Kenny" Heldenstatus, wird als einer von wenigen Spielern in der Hymne "Fields of Anfield Road" besungen und belegt bei den unregelmäßig durchgeführten Wahlen der 100 besten Spieler der Klub-Geschichte ("100 Players who shook The Kop") Rang zwei. Die Spitzenposition musste er 2013 an Steven Gerrard abgeben.
Als 15-Jähriger hinterließ Dalglish bei einem Probetraining in Anfield noch keine großen Spuren, elf Jahre später holte man den Stürmer aber als Nachfolger von Kevin Keegan zu den "Reds". Da hatte der einst glühende Rangers-Fan mit Celtic bereits vier Meisterschaften gewonnen. In Liverpool machte er sich in seinen 13 aktiven Jahren mit 172 Toren unsterblich, im Alter von 34 Jahren wurder er 1985 auf allgemeinen Druck hin sogar als erster Spielertrainer der Klubgeschichte eingesetzt und holte auf Anhieb das Double. Insgesamt kam Dalglish mit Liverpool zwischen 1979 und 1990 acht mal zu Meisterehren. Nach Liverpools Trennung von Roy Hodgson kehrte Dalglish im Jänner 2011 für eineinhalb Jahre mit mäßigem Erfolg auf die Bank der "Reds" zurück. "Nachdem er als Spieler zur Legende wurde, zementierte er seinen Namen in der Liste der größten Trainer des Klubs ein, und viele meinen, er sei ein würdiger Träger des Titels 'unangefochtener King of the Kop'", schreibt Liverpool auf seiner Klub-Homepage über seinen bislang letzten Meister-Coach.
Spiele | Siege | Remis | Niederlagen |
---|---|---|---|
535 | 308 | 131 | 96 |
Titel | Jahr |
---|---|
First Division | 1976, 1977, 1979, 1980, 1982, 1983 |
League Cup | 1981, 1982, 1983 |
Europapokal der Landesmeister | 1977, 1978, 1981 |
UEFA Cup | 1976 |
Europäischer Super Cup | 1977 |
FA Charity Shield | 1974, 1976, 1977, 1979, 1980, 1982 |
Ob auch Jürgen Klopp in Liverpool eine Ära prägen kann und am Ende mit einem Denkmal gehuldigt wird?
Er sei sich sicher, dass er mit den "Reds" in den nächsten vier Jahren einen Titel gewinnen werde, meinte er bei seiner Antritts-Pressekonferenz. Das wäre ein Anfang.
Von den bisherigen 19 Trainern des Liverpool FC beendeten nur fünf ihr Engagement ohne Trophäe: George Patterson kam nur auf Rang fünf, Don Welsh verbuchte Rang elf als bestes Ergebnis, Phil Taylor wurde in seiner erfolgreichsten Saison Dritter der Second Division. Roy Hodgson bestritt als einziger LFC-Coach keine volle Spielzeit und der kürzlich entlassene Brendan Rodgers hätte sich beinahe zum Liverpooler Liebling gemacht, schrammte 2014 aber knapp an der Meisterschaft vorbei.
Titel sind Pflicht
William Edward Barclay und John McKenna holten zwei Titel in der Second Division, Tom Watson triumphierte zweimal in der First und einmal in der Second Division. David Ashworth, Matt McQueen und George Kay sicherten sich jeweils einmal die First Division.
"Boot Room Boy" Joe Fagan ließ Liverpool 1984 u.a. über den dritten Europapokal der Landesmeister sowie die Meisterschaft jubeln. Nach den Katastrophen von Heysel und Hillsborough verlor Liverpool Anfang der 1990er Jahre aber den Anschluss, Graeme Souness und Roy Evans holten immerhin den FA Cup bzw. den League Cup.
Spiele | Siege | Remis | Niederlagen |
---|---|---|---|
307 | 187 | 78 | 42 |
Titel | Jahr |
---|---|
First Division | 1986, 1988, 1990 |
FA Cup | 1986, 1989 |
FA Charity Shield | 1986, 1988, 1989, 1990 |
International meldete man sich 2001 unter Gerard Houllier mit dem UEFA-Cup-Sieg im Finale gegen Deportivo Alaves zurück. Mit dem Franzosen gewann man u.a. auch einen FA Cup.
Für die letzten große Erfolge die die Liverpudlians bejubeln durften, zeichnete Rafa Benitez verantwortlich, wenngleich ihnen auch unter dem Spanier der langersehnte erste Meistertitel der Premier-League-Ära verwehrt blieb. Mit dem Champions-League-Triumph 2005 und einem weiteren Finaleinzug in der Königsklasse 2007 sowie dem FA Cup 2006 verschaffte er sich bei den "Reds" einen guten Ruf.
Seither wartet The Kop und der ganze rote Teil Liverpools auf einen Heilsbringer und meint ihn in Jürgen Klopp gefunden zu haben. Wo sich "The Normal One" letztlich einreihen wird, werden die nächsten Jahre zeigen. Aber schon Bill Shankly wusste: "Der Liverpool Football Club existiert, um Trophäen zu gewinnen."
Christoph Kristandl
Name | Amtszeit |
---|---|
William Barclay | 1892 bis 1896 |
William Barclay/John McKenna | 1892 bis 1896 |
John McKenna | 1892 bis 1896 |
Tom Watson | 1896 bis 1915 |
David Ashworth | 1919 bis 1922 |
Matt McQueen | 1923 bis 1928 |
George Patterson | 1928 bis 1936 |
George Kay | 1936 bis 1951 |
Don Welsh | 1951 bis 1956 |
Phil Taylor | 1956 bis 1959 |
Bill Shankly | 1959 bis 1974 |
Bob Paisley | 1974 bis 1983 |
Joe Fagan | 1983 bis 1985 |
Kenny Dalglish | 1985 bis 1991 |
Graeme Souness | 1991 bis 1994 |
Roy Evans | 1994 bis 1998 |
Gerard Houllier | 1998 bis 2004 |
Rafael Benitez | 2004 bis 2010 |
Roy Hodgson | 2010 bis 2011 |
Keny Dalglish | 2011 bis 2012 |
Brendan Rodgers | 2012 bis 2015 |