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Der König und sein Knie

Der König und sein Knie

„Jedes Mal, wenn ich meinen Namen sehe, sehe ich daneben das Wort Knie.“

Es wäre eine maßlose Untertreibung, Ledley King als leidgeprüften Fußballer zu bezeichnen. Der Engländer ist verletzt. Ständig. Seit Jahren. Aber er spielt.

Tottenhams Teamarzt bezeichnet ihn als übermenschlich, er sei einer, der der Wissenschaft trotze. Bereits vor vier Jahren habe er ihm gesagt, dass er seine Karriere beenden müsse.

Seit Jahren kein Knorpel im Knie

Doch der Innenverteidiger hat sich durchgebissen. Mit argen Schmerzen. Denn der 31-Jährige hat keinen Knorpel in seinem linken Knie. Und das nicht erst seit gestern.

Bereits im Dezember 2008 zitierte der „Guardian“ seinen Trainer Harry Redknapp folgendermaßen: „Da ist keine Heilung. Da ist kein Knorpel, nichts zum Operieren. Es ist einfach Knochen auf Knochen.“

Ein nicht alltäglicher Alltag

Der Alltag des 21-fachen Internationalen ist von diesem schwerwiegenden Problem geprägt. Nach jedem Spiel schwillt sein Knie extrem an. An normales Training ist nicht zu denken.

Teil der Mannschaft ist er nur in der Kabine, wenn er sich jeden Morgen mit den anderen umzieht. Wenn er und seine Kollegen die Umkleide verlassen, gehen alle nach rechts, in Richtung Trainingsplatz. King aber geht nach links, in die Kraftkammer.

Dort absolviert er ein spezielles Muskel-Aufbautraining. Zudem stehen regelmäßige Einheiten im Schwimmbecken auf dem Programm. „Die Arbeit ist bei weitem nicht so lustig wie Fußball zu spielen. Für gewöhnlich werde ich dabei wahnsinnig. Es ist so langweilig“, sagt er.

Nur ein paar Minuten Mannschaftstraining

Nach einer Woche ist sein Knie dann wieder in Ordnung. Zumindest soweit, um das nächste Pflichtspiel zu bestreiten. An englische Wochen ist seit Jahren nicht mehr zu denken.

„Er ist ein unfassbarer Spieler. Er trainiert immer nur ein paar Minuten am Vortag des Spiels mit der Mannschaft“, erzählt Redknapp.

Wenn es um Kings Schmerzgrenze und dessen Umgang mit den permanenten Knieproblemen geht, verwendet der Coach gerne das Wort „Freak“.

Während der Weihnachtszeit 2011 erlitt der Abwehrspieler abermals einen Rückschlag. Die Ärzte rieten zu einer erneuten Operation. King wollte nicht, spielte im Frühjahr unter Schmerzen weiter. Er kennt es nicht anders.

Ende in Sicht

Nun aber scheint er das Handtuch zu werfen. Sein Vertrag ist ausgelaufen, der 31-Jährige denkt öffentlich über das Ende seiner Karriere nach.

Eine Laufbahn, die wesentlich erfolgreicher verlaufen hätte können. Trotz seiner Knieprobleme galt er jahrelang als einer der besten Innenverteidiger Großbritanniens. Man kann nur darüber spekulieren, was gewesen wäre, hätte er – wie jeder andere Kicker – Tag für Tag gekickt, anstatt seine Zeit in der Kraftkammer zu verbringen.

Dem Fußball wird King jedenfalls erhalten bleiben. Die „Spurs“, für die der Verteidiger seit 1996 spielt, haben ihm bereits angeboten, ihn weiterhin zu beschäftigen. In welcher Rolle auch immer.

Physiotherapeut dürfte er aber tendenziell nicht werden…


Harald Prantl