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"Der Trainer hat mir gesagt, dass ich zu viel laufe"

K. und K. erobert England.

Konstantin Kerschbaumer ist zwar weder kaiserlich, noch königlich, dennoch genießt er beim englischen Zweitligist Brentford etwas mehr als zwei Monate nach seiner Ankunft bereits großes Ansehen.

In den ersten vier Spielen stand der 23-Jährige jeweils in der Startelf, zwei Tore konnte der Niederösterreicher bereits vorbereiten. "Ich muss die Leistungen bestätigen und mir einen Namen machen, um ein noch besseres Standing zu erhalten. Dann kann man noch befreiter aufspielen. Zwei Assists in vier Spielen passen für den Anfang, ich muss aber weiter hart an mir arbeiten", beweist er bei LAOLA1, dass er nicht den Boden unter den Füßen verlieren will.

Grund dafür gibt es ohnehin keinen. Nach einem Unentschieden und einem Sieg setzte es zuletzt zwei Niederlagen für die "Bees".

Am Ziel Aufsteig wird dennoch festgehalten. "Fast jedes Team hat als Saisonziel den Aufstieg ausgegeben", lacht Kerschbaumer. "In die Premier League zu kommen ist ein riesiger Sprung für den Verein, auch finanziell."

Wie er das Niveau der Championship mit Österreich vergleicht, er Marco Djuricin hilft, worüber beim Österreicher-Treffen mit Sebastian Prödl, Kevin Wimmer und Johnny Ertl gesprochen wurde und warum ihm sein Trainer mitgeteilt hat, dass er zu viel läuft, verrät Konstantin Kerschbaumer im LAOLA1-Interview:

LAOLA1: Vor einem Jahr warst du in St. Pölten und hast in der Ersten Liga gespielt, jetzt in London und in der zweithöchsten englischen Spielklasse. Hast du schon begriffen, welchen steilen Aufstieg du hingelegt hast?

Konstantin Kerschbaumer: Mittlerweile schon. Wenn du bei den Spielen am Platz stehst und das volle Stadion siehst, registrierst du erst, wo du wirklich bist. So erträumt man es sich, vor einer tollen Kulisse mit unglaublicher Atmosphäre, das macht richtig Spaß. Ich bin sehr froh, dass es so gekommen ist.

LAOLA1: Wie hast du dich in Brentford eingelebt?

Kerschbaumer: In der ersten Woche fanden viele Tests statt, danach ging es für zwei Wochen ins Trainingslager nach Portugal. Das war sehr wichtig, um alle Mannschaftskollegen kennenzulernen und zusammenzuwachsen. Ich wurde sehr gut aufgenommen, alle haben versucht, mir zu helfen. Auch bei Kleinigkeiten außerhalb des Platzes. So gesehen war es eigentlich leicht, dass ich mich in die Mannschaft integriere. Ich hätte mir nicht gedacht, dass es so schnell geht. Nach den ersten Wochen im Hotel habe ich mittlerweile eine eigene Wohnung, wo ich mich richtig wohl fühle. London selbst ist eine geniale Stadt.

LAOLA1: Mit Marco Djuricin ist nun sogar ein zweiter Österreicher bei Brentford. Hast du ihm schon alles gezeigt?

Kerschbaumer: Er ist seit einigen Tagen da, wir haben immer wieder Kontakt. Ich habe ihm bei einigen Dingen geholfen, weil ich schon wusste, wie es abläuft. In England laufen einige Sachen doch anders, als in Österreich. Zum Beispiel mit dem Bank-Account oder anderen Kleinigkeiten. Wir waren auch schon in der Stadt, waren gemeinsam essen und haben etwas unternommen. Ich finde es sehr schön, dass ein zweiter Österreicher hier ist, noch dazu kenne ich Marco schon länger. So einen Spielertypen wie ihn haben wir vorne im Angriff gebraucht, er wird uns sehr gut tun.

LAOLA1: Vor einiger Zeit kam es in London ja auch zu einem "Österreicher-Treffen".

"In England merkt man einfach, wie verrückt die Leute nach Fußball sind"

Kerschbaumer: Genau. Sebastian Prödl und ich haben den selben Berater. Kevin Wimmer und Johnny Ertl, der ja schon lange in England ist, waren ebenfalls dabei. Zuerst haben wir uns Watford gegen Southampton angesehen, dann waren wir gemeinsam essen. Es war sehr nett, wir haben uns gut unterhalten. Kevin kenne ich schon länger, Sebastian kannte ich bis dahin noch nicht, er ist aber ein sehr netter und umgänglicher Typ.

LAOLA1: Wird bei so einem Treffen nur über Fußball gesprochen?

Kerschbaumer: Zuerst haben wir uns schon viel über Fußball unterhalten, wie es bei ihnen und wie es bei uns ist. Von den Trainingsmethoden gibt es eigentlich keinen großen Unterschied. Dann haben wir besprochen, wie man in London am schnellsten von A nach B kommt oder welches Restaurant zu empfehlen ist. Oder auch, wo schöne Wohngegenden zu finden sind.

LAOLA1: Sportlich lief es für euch nach einem Unentschieden und einem Sieg zuletzt mit zwei Niederlagen nicht nach Wunsch. Warum?

Kerschbaumer: Wir haben eine qualitativ gute Mannschaft und immer gut gespielt. Außer in der letzten Partie, da haben wir die erste Halbzeit verschlafen. Wichtig ist, dass die Transferzeit zu Ende ist und Klarheit herrscht. Die Mannschaft hatte letztes Jahr eine sehr gute Saison, dementsprechend heiß begehrt waren die Spieler. Es gab zahlreiche Gerüchte, wer noch wechselt. Jetzt herrscht Gewissheit, wer da ist. Die Mannschaft steht, das ist wichtig. Weiters sind viele neue Spieler gekommen, einige davon Legionäre. Die meisten kannten die Championship nicht, so wie ich. Jetzt haben wir die ersten Spiele in den Beinen und wissen, wie es in der Liga zugeht. Das ist ein großes Plus, aus den ersten Spielen konnten wir viel lernen. Ich denke, dass es immer besser wird und sich das auch in den Ergebnissen widerspiegeln wird. Die Leistungen haben vom spielerischen gepasst, die Resultate werden folgen.

Nach dem Testspiel gegen Stoke durfte ein Foto mit Arnautovic nicht fehlen

LAOLA1: Kann man sagen, dass die Championship bzw. der laufintensive Fußball in England wie für dich geschaffen ist?

Kerschbaumer: Ich denke schon. Es geht andauernd hin und her, von Tor zu Tor. Das wird zudem noch von den Zusehern gepusht, die Stimmung machen. Das Spiel ist wahnsinnig schnell, die Spannung ist hoch und es geht von Box zu Box. Das ist perfekt für mich. Es taugt mir, dass immer etwas los ist.

LAOLA1: Wie ist das Niveau generell einzuschätzen?

Kerschbaumer: Oft wird die zweite Liga in England als „Kick an Rush“-Liga abgestempelt. Das stimmt aber nicht. Natürlich gibt es einige Mannschaften, die so spielen, aber auch einige, die versuchen, von hinten herauszuspielen. Wir spielen auch immer flach von hinten raus, unser niederländischer Trainer verlangt das. Das Niveau ist sehr gut. Ein Vergleich zu Österreich ist schwer und eigentlich nicht möglich. Das Tempo ist aber auf jeden Fall höher.

LAOLA1: Noch höher, als du es erwartet hättest?

Kerschbaumer: Ich habe es mir schon so vorgestellt, dass es aber 90 Minuten permanent hin und her geht, hätte ich mir nicht gedacht. Ich hätte gedacht, dass es Phasen gibt, in denen das Spiel einschläft und eine Mannschaft den Ball hält, wie es in Österreich üblich ist. Wenn Rapid zuhause gegen einen kleineren Klub spielt, wird versucht, viel Ballbesitz zu erlangen. Das war bislang in den ersten vier Spielen nicht so, es ging 90 Minuten rauf und runter.

LAOLA1: Bei der Admira hattest du eine etwas offensivere Rolle als bei Brentford. Während du in Österreich meistens hinter der Spitze gespielt hast, wirst du nun eine Reihe weiter hinten eingesetzt. Wie geht es dir damit?

Kerschbaumer: Sehr gut, ich spiele hier eigentlich einen Achter. Wir spielen 4-2-3-1, der Sechser neben mir agiert defensiv und bleibt, ich bin der offensive Part und schalte mich immer nach vorne ein. Es ist fast ein 4-1-4-1, das gefällt mir sehr gut. Ich bin sowohl beim Spielaufbau, als auch in der Offensive dabei. Bei St. Pölten habe ich eine ähnliche Position gespielt, bei der Admira noch etwas offensiver. Im Zentrum fühle ich mich aber eigentlich überall wohl.

LAOLA1: In England werden derzeit horrende Ablösesummer gezahlt. Wie stehst du dazu, wenn Manchester United einen 19-Jährigen für 50 bis 80 Millionen Euro verpflichtet?

LAOLA1: Das Ziel Aufstieg bleibt aber unverändert, oder?

Kerschbaumer: In der Championship will fast jeder Verein aufsteigen. In die Premier League zu kommen ist ein riesiger Sprung für den Verein, auch finanziell. Fast jedes Team hat als Saisonziel den Aufstieg ausgegeben (lacht). Natürlich bleibt das auch weiterhin unser Ziel.

LAOLA1: Für dich persönlich ist es eigentlich gut gelaufen. Du bist in den ersten vier Spielen immer in der Startelf gestanden und hast sogar schon zwei Assists geliefert. Bist du mit deinen Leistungen zufrieden?

Kerschbaumer: Dass ich immer von Beginn an gespielt habe, ist sehr positiv. Ich hätte mir nicht gedacht, dass es so losgeht. Natürlich habe ich es gehofft und darauf hingearbeitet, aber erwarten kann man es nicht. Die Vorbereitung ist gut gelaufen, es ist schön, gleich von Anfang an das Vertrauen zu bekommen. Ich muss die Leistungen bestätigen und mir einen Namen machen, um ein noch besseres Standing zu erhalten. Dann kann man noch befreiter aufspielen. Zwei Assists in vier Spielen passen für den Anfang auch, ich muss aber weiter hart an mir arbeiten. Für den Anfang ist es okay.

LAOLA1: Trainer Marinus Dijkhuizen hat dich zuletzt gelobt, aber auch gesagt, dass du zu viel läufst. Wie lautet generell sein Feedback?

Kerschbaumer: Es wird viel analysiert, jedes Training wird gefilmt. Das ist toll, man sieht genau, welche Laufwege man macht, auch welche man zu viel macht. Er hat mich darauf hingewiesen, dass ich zu viel laufe, weil ich "unnötige" Laufwege mache, während ich mich in einen anderen, freien Raum bewegen könnte. Er hat mir das gezeigt und ich versuche, es zu verbessern. Ich bin auf einem guten Weg und mache es von Spiel zu Spiel besser. Ich finde das großartig, weil ich das ohne Videoanalyse nie so erkannt hätte. So sieht man sich selbst und fragt sich, warum man den oder den Laufweg so macht. Der Trainer ist zufrieden und sieht, dass ich mich verbessere.

Kerschbaumer: Das ist heutzutage scheinbar so. In England merkt man einfach, wie verrückt die Leute nach Fußball sind. Das hat hier so einen hohen Stellenwert, viel höher als bei uns. Nachdem ich all das erlebt habe, kann ich mir schon vorstellen, dass so hohe Summen bezahlt werden. Die Fans sind so geil nach Fußball, dafür wird alles getan.

LAOLA1: Das Nationalteam sorgt derzeit für Furore. Im Kader standen und stehen einige Spieler aus der deutschen zweiten Liga. Denkst du, du bist mit deinem Wechsel in die Championship auch im Blickfeld?

Kerschbaumer: Es könnte schon sein. Man ist aber immer im Fokus, wenn man gute Leistungen bringt. Egal, ob das in England oder in Österreich ist. Ich muss weiterhin Gas geben, das Ziel jedes Österreichers ist es, ins Nationalteam zu kommen. Man kann es nicht erzwingen, aber sich mit guten Leistungen empfehlen und auf sich aufmerksam machen.

LAOLA1: In der Bundesliga sorgt hingegen dein Ex-Team, die Admira, für Furore. Verfolgst du das Geschehen nach wie vor?

Kerschbaumer: Ich verfolge die Bundesliga und die Erste Liga noch immer. Die Highlights aller Spiele sehe ich mir eigentlich immer an, ab und zu geht es sich aus, dass ich ein Spiel live sehe. Der Lauf der Admira taugt mir sehr. Für die Spieler und auch für das Trainerteam Baumeister/Lederer. Man sieht, dass die Arbeit fruchtet. Ich habe den Anfang der Vorbereitung noch mitgemacht und kenne die Mannschaft gut. Wir waren auch letztes Jahr eine gute Mannschaft mit viel Potenzial, nur waren wir immer hinten drin. Aktuell können die Jungs etwas befreiter aufspielen, das merkt man. Sie haben sich das verdient, hoffentlich geht es so weiter.