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Der vermeintliche "neue Robben" muss durchstarten

Der vermeintliche

Die Euphorie war recht groß, als Izet Hajrovic im letzten Sommer bei Werder unterschrieb.

Ein Glücksfall für die Bremer, ein Spieler, den man im Normalfal nie und nimmer bekommen hätte können, hieß es damals.

Der bosnische Nationalspieler hatte gerade die WM in Brasilien bestritten und stand bei Galatasaray Istanbul unter Vertrag. Der türkische Top-Klub nahm es mit den Gehaltsüberweisungen allerdings nicht so genau, Hajrovic klagte und erwirkte so eine Vertragsauflösung, die den ablösefreien Wechsel an die Weser ermöglichte.

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"Man hat nur Superlative verwendet"

Von einem Rückschritt sprach er damals offen. Diesen nehme er aber in kauf, weil er einfach spielen wolle.

So ganz ging dieser Plan nicht auf. 19 Bundesliga-Partien absolvierte er, keine einzige davon über die volle Distanz, den hochgesteckten Erwartungen wurde er nicht gerecht.

"Als ich gekommen bin, hat man nur Superlative verwendet. Da kommt der neue Robben, der neue was weiß ich. Es hat mich schon ein bisschen gestört, dass das so geschrieben wurde", kritisiert Hajrovic die überschwengliche Berichterstattung um seine Verpflichtung. "Ich bin immer noch ein junger Spieler", meint er und mahnt: "Man kann einen Spieler nicht so hochpushen und ihn mit Größen vergleichen, das hat mich schon geärgert."

"Ich bin jetzt viel weiter"

Im zweiten Jahr muss aber mehr von ihm kommen, das weiß der gebürtige Brugger, der diverse Schweizer Jugendnationalteams durchlief und unter Ottmar Hitzfeld sogar ein Freundschaftsspiel für die "Nati" bestritt, ehe er sich doch für das Heimatland seiner Eltern entschied. Die erste Spielzeit in Bremen sei ausbaufähig gewesen.

"Ganz so schlecht war es auch wieder nicht, aber es war auch nicht das, was ich mir vorgestellt habe. Es soll immer etwas besser gehen, als in der Vorsaison, das ist mir bislang stets recht gut gelungen und ich hoffe, dass es auch diesmal so ist", sagt Hajrovic. Eine weitere Spielzeit mit dermaßen wenig Spielzeit soll es nicht geben. "Wenn diese Saison genauso wird, wie die letzte, dann ist etwas falsch gelaufen", stellt er klar.

Nachdem er seine Sommerpause intensiv genutzt hat, um weiter an seiner körperlichen Verfassung zu arbeiten, ist der 23-Jährige aber positiv gestimmt.

"Ich bin viel weiter als im letzten Jahr, da hatte ich wegen der WM ein bisschen weniger Urlaub, nur elf Tage. Jetzt fühle ich mich fitter und schneller", verrät er. Auch das Training bei Werder habe daran einen großen Anteil. "In der Bundesliga wird schon anders gearbeitet. Es ist ein Riesenunterschied zu Istanbul oder der Schweiz", meint der ehemalige Grasshoppers-Spieler.

Transfer war kein Thema

Die Eingewöhnungszeit sei nun abgeschlossen, er sei in der Mannschaft angekommen und fühle sich richtig wohl. Mit guten Leistungen in der Vorbereitung will sich Hajrovic vermehrt Einsatzzeit erarbeiten. "Wenn mir das gelingt, werden Tore und Vorlagen irgendwann automatisch kommen", ist er sich sicher.

Der vermeintliche Star will sich in Bremen durchbeißen, deswegen war ein Transfer für ihn auch kein Thema. "Ich hatte im Winter ein Angebot aus dem Ausland, habe es aber direkt abgelehnt. Ich wollte nicht weg, man kann nicht jedes halbe Jahr den Verein oder das Land wechseln, nur weil man nicht spielt", gibt er sich kämpferisch.

Das bekannt ruhige Umfeld in Bremen spielt dem vermeintlichen Star dabei in die Karten. "Ich bin froh, dass die Zuschauer Geduld mit mir haben, das erleichtert die Aufgabe und macht Mut", sagt er und weiß, dass das nicht überall so ist: "In der Türkei drehen die Fans richtig durch, wenn es nicht läuft."

Vertrauen von Werder

Auch vonseiten des Klubs wurde Hajrovic kein Druck gemacht. "Die Verantwortlichen haben schon mit mir geredet und mir gesagt, was ich besser machen kann. Das habe ich versucht umzusetzen, es hat auch teilweise geklappt. Kritik an sich gab es aber nicht. Thomas Eichin hat mir gesagt, dass man an mich glaubt. Ich hatte nie das Gefühl, dass man mich abschieben möchte."

2015/16 muss der Linksfuß, der sich ganz klar als Flügelspieler sieht, das Vertrauen mit Leistung zurückzahlen, sonst wird früher oder später auch in Bremen der Gegenwind rauer.

Der erste Schritt dazu sind Einsätze, egal in welchem System, ob Raute oder 4-1-4-1. Und auch auf welcher Position er aufläuft, ist zweitrangig. "Das ist immer eine Entscheidung des Trainers. Wenn er mich ins Tor stellt, muss ich eben im Tor spielen", scherzt Hajrovic.

Bislang hinterlässt er in der Vorbereitung einen guten Eindruck, trat bereits mehrfach als Torschütze und Vorbereiter in Aktion und weiß auch im Zusammenspiel mit den Kollegen zu überzeugen. Die nächste Chance, sich in die Auslage zu spielen, hat Hajrovic beim hochkarätigen Testspiel Werder gegen den FC Sevilla, das LAOLA1 am Samstag ab 17:05 Uhr live (in Deutschland und Spanien nicht verfügbar) zeigt.

 

Christoph Kristandl/Máté Esterházy