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"Bayern München ohne Uli Hoeneß nicht vorstellbar"

Uli Hoeneß atmet auf - und für den gesamten FC Bayern München soll nach dem demonstrativen "Mia-san-mia"-Bekenntnis zu seinem öffentlich beschädigten Präsidenten ab sofort das Spiel des Jahres gegen Borussia Dortmund im Fokus stehen.

8:0-Votum als Signal

Bayern-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge und der Ehrenvorsitzende Franz Beckenbauer bewerteten das "einvernehmliche" 8:0-Votum des Aufsichtsrates für seinen Vorsitzenden Hoeneß trotz dessen Steueraffäre als bedeutsames Signal vor dem Champions-League-Finale am 25. Mai in London.

"Die Entscheidung des Aufsichtsrates ist Beweis der Qualität, Einheit und Stärke dieses Gremiums. Er hat sie am Ende des Tages mit großer Seriosität und hohem Verantwortungsgefühl getroffen. Sie zeigt: Der Club steht sehr eng zusammen", sagte Vorstandsboss Rummenigge am Dienstag.

Beckenbauer sprach in der "Bild"-Zeitung von einem "tollen Vertrauensbeweis" für Hoeneß.

Rücktritt abgelehnt

Der 61-Jährige hatte in der Aufsichtsratssitzung am Montag angeboten, den Vorsitz ruhen zu lassen, bis über die strafbefreiende Wirkung seiner Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung entschieden sei.

Das lehnten seine acht Aufsichtsratskollegen, darunter namhafte Führer von deutschen Dax-Unternehmen, einmütig ab.

"Ich glaube, Uli war sehr erleichtert, dass der Aufsichtsrat ihm das Vertrauen geschenkt hat", sagte Rummenigge zur Reaktion des Vereinspatrons.

Steinbrück hält Entscheidung für falsch

Die Vizepräsidenten Karl Hopfner und Rudolf Schels sowie der vom ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber angeführte Verwaltungsbeirat stimmten der Entscheidung des Aufsichtsrates am Dienstag "vollinhaltlich zu", wie der Verein mitteilte. Hopfner und Stoiber gehören auch dem neunköpfigen Aufsichtsrat an.

Die Vorstandsbosse von Audi (Rupert Stadler) und Adidas (Herbert Hainer), deren Unternehmen mit jeweils 9,1 Prozent Anteilseigner an der FC Bayern München AG sind, nahmen ebenso wie VW-Chef Martin Winterkorn oder Timotheus Höttges vom Hauptsponsor Telekom eine Glaubwürdigkeitsdebatte in Kauf, wie sie SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück umgehend eröffnete.

Die Entscheidung der Räte sei falsch, kritisierte Steinbrück: Sie hätten die Verhaltensregeln, die sie ihren Unternehmen auferlegten, auch auf das "Fußball-Unternehmen" Bayern München übertragen müssen, rügte der SPD-Politiker.

Lebenswerk über Moral

Die Anerkennung der Lebensleistung des von vielen Aufsichtsräten bewunderten Fußball-Machers Hoeneß sowie der mögliche Profit und Imagegewinn eines Münchner Champions-League-Triumphes könnten moralische Bedenken überwogen haben.

Vor den "zwei extrem wichtigen Endspielen" (Rummenigge) gegen Dortmund und eine Woche später im Pokal gegen den VfB Stuttgart hatte ein Schulterschluss auf höchster Ebene wohl Priorität.

Am Rande der Pokalübergabe in Berlin "begrüßte" Nationalspieler Toni Kroos stellvertretend für die Mannschaft den Verbleib von Hoeneß: "Bayern München ohne Uli Hoeneß ist nicht vorstellbar."

Geschlossenheit demonstriert

Es sei wichtig gewesen, "dass der Verein in der aktuellen Phase Geschlossenheit demonstriert", betonte auch Rummenigge: "Es war ein Zeichen an die Mannschaft, die Fans und die Mitglieder."

Die ersten eingegangenen Reaktionen von Fans seien "extrem positiv" gewesen. Eine Entmachtung von Hoeneß hätte die Finalwochen mit der Aussicht auf das historische Titel-Triple mit einer Führungsdebatte belastet.

Einen Persilschein haben die Räte dem Steuersünder Hoeneß, gegen den ein Haftbefehl nur gegen Kaution außer Vollzug gesetzt worden war, nicht ausgestellt.

Auf Bewährung

Beim "Vorliegen neuer Erkenntnisse" käme das Thema zurück auf die Agenda, hieß es ausdrücklich. Hoeneß hat mit der Zwischenlösung Zeit gewonnen, amtiert aber auf Bewährung.

Der Ball liegt bei der Münchner Staatsanwaltschaft, die auch am Dienstag noch "keinen bestimmten Zeitpunkt nennen" konnte, "zu dem das Ermittlungsverfahren abgeschlossen sein wird", wie Sprecher Ken Heidenreich sagte.

Trotz der ungewissen Zukunft von Hoeneß, dem weiter eine Anklage und eine Haftstrafe ohne Bewährung drohen, hat der Aufsichtsrat für Kontinuität in der Vereinsführung gesorgt. Der Vertrag mit Rummenigge (57), der seit 2002 an der Spitze der Bayern-AG steht, wurde vorzeitig um drei Jahre bis Ende 2016 verlängert, der seines Stellvertreters Andreas Jung (51) bis zum 30. Juni 2016.