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"... dann bekommt Robben ein Problem, nicht Bayern"

156 Mal lief er für den FC Bayern auf, 23 Mal durfte er sich über einen Treffer freuen.

Insgesamt stand er fast neun Jahre für den deutschen Rekordmeister unter Vertrag und gewann mit diesem zahlreiche Titel, darunter der UEFA-Cup 1996. Wirklich bekannt geworden ist er jedoch durch die Wutrede seines Ex-Trainers.

"Was erlauben Struuunz?"

"Strunz! Strunz ist zwei Jahre hier, hat gespielt zehn Spiele, ist immer verletzt. Was erlauben Struuunz?", fragte der sich in Rage polternde Giovanni Trapattoni im März 1998 auf einer legendären Pressekonferenz.

Mittelfeldspieler Thomas Strunz erlangte durch diesen Sager über die deutschen Landesgrenzen hinaus Ruhm und wurde anschließend selbst von den gegnerischen Fans mit Sprechchören empfangen.

Mehr als 13 Jahre später hängt das Herz des 43-Jährigen noch immer an den Münchnern ("Natürlich ist klar, dass mehr Herzblut am FC Bayern hängt.").

Lob für David Alaba

Nichtsdestotrotz hofft der Sport1-Analytiker auf ein "abwechslungsreiches, und intensives Spiel".

Im großen LAOLA1-Interview spricht Strunz über den Bundesliga-Kracher zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund sowie die Seele des FCB-Spiels.

Während er auf Arjen Robben harte Zeiten zukommen sieht, kann sich auch Strunz der Lobeshymnen auf David Alaba nicht erwehren.

LAOLA1: Herr Strunz, Fußball-Deutschland fiebert dem Gipfeltreffen des FC Bayern mit Borussia Dortmund entgegen. Wie werden Sie das Spiel verfolgen?

Thomas Strunz: Ich werde das Spiel vor dem Fernseher verfolgen. Ich arbeite am Samstag bei Sport1 und werde das Ganze mit der Redaktion und Moderationskollegen verfolgen.

LAOLA1: Mit dem FC Bayern und der Borussia treffen die sowohl in der Offensive, als auch in der Defensive stärksten Teams aufeinander. Erwartet uns ein Spektakel mit offenem Visier oder ein taktisches Geplänkel?

Strunz: Ich glaube, dass es richtig zur Sache gehen wird. Die Dortmunder sind ja für ihre offensive Spielweise bekannt. Sie versuchen nicht, abzuwarten, sondern agieren selbst. Beim FC Bayern ist es in dieser Saison ähnlich, zudem hat er sicherlich einiges gutzumachen, nachdem er im letzten Spiel beim 1:3 vorgeführt wurde. Ich erwarte ein höchst interessantes, abwechslungsreiches und intensives Spiel.

LAOLA1: Der Rekordmeister fordert den Meister, der Leader empfängt den Zweiten. Begegnen sich die beiden Teams auf Augenhöhe oder sehen sie einen Duellanten eine Nasenlänge voraus?

LAOLA1: Schweinsteiger gilt als Seele des Bayern-Spiels. Wie kann man einen so wichtigen Akteur ersetzen?

Strunz: Eins zu eins wird das nicht gelingen. Die Spielart und die Akzeptanz lassen sich nicht ersetzen. Die Spieler, die reinkommen, ob es nun Luiz Gustavo oder David Alaba ist, haben andere Fähigkeiten und Qualitäten. Keiner der jeweiligen Spieler sollte ihn zu kopieren versuchen. Die Qualität der beiden genannten Akteure ist groß genug, sie sollten ihren Stil beibehalten. Das Spiel der Bayern wird dann zwar anders aussehen, aber nicht zwangsläufig schlechter.

LAOLA1: Ist der 19-jährige Alaba dem Druck eines solchen Spitzenspiels bereits gewachsen?

Strunz: Fußballerisch auf jeden Fall. Für mich ist er ein ganz ausgezeichneter Spieler, der über hohe Spielintelligenz und Passsicherheit verfügt. Die Frage wird sein, wie er mit der zentralen Position klarkommt, da ihn Jupp Heynckes doch häufig auf den Flügeln einsetzte. Automatisch wird der Vergleich mit Schweinsteiger aufkommen, wobei ich ihm auf alle Fälle zutraue, das gut zu lösen. Es wird für ihn eine Reifeprüfung.

Mögliche Aufstellungen:

LAOLA1: Er wird mit Lob überschüttet, Heynckes bezeichnete ihn kürzlich als „Juwel“. Wie würden Sie Alaba einschätzen?

Strunz: David hat alle Fähigkeiten, die man braucht, um beim FC Bayern Stammspieler zu sein. Genau darum geht es ja auch: Es ist nicht mehr entscheidend, ob er im Kader steht, denn das tut er regelmäßig. Er muss den nächsten Schritt machen. Sportlich bringt er alles mit, Alaba ist schnell, zweikampfstark und technisch hervorragend. Er arbeitet stark im Offensiv- wie auch im Defensivspiel. Jetzt muss er im Kopf den nächsten Schritt machen. Die Erwartungshaltung ist nun eine andere. Rein sportlich hat er das Zeug, mittelfristig Stammspieler des FC Bayern zu sein.

LAOLA1: Einer, der bei entsprechender Fitness stets Stammspieler war, kehrt gegen Dortmund zurück und sitzt voraussichtlich auf der Bank. Kann Arjen Robben das Zünglein an der Waage sein, sollte das Spiel auf Messers Schneide stehen?

Strunz: Das ist schwierig zu beurteilen. Vor seiner letzten Verletzung wurde er beispielsweise gegen Hoffenheim eingewechselt, konnte aber keine Impulse setzen. Er ist jemand, der schon häufig mit dieser Situation umgehen musste. Daher glaube ich, dass er nicht allzu lange braucht, um wieder einen wichtigen Faktor für die Bayern darzustellen. In so einem Spitzenspiel ist es allerdings schwierig vorherzusehen, ob er auch im Kopf wieder soweit ist.

LAOLA1: Auf Dauer ist es schwer vorstellbar, dass Robben Bankdrücker bleibt. Wer müsste wohl für ihn aus der offensiven Dreierreihe weichen?

Strunz: Angesichts der Entwicklung, die Borussia Dortmund in den letzten Wochen genommen hat, bin ich der Ansicht, dass sich die beiden Teams auf Augenhöhe begegnen werden. Der FC Bayern hat das Problem, dass im zentralen Mittelfeld mit dem verletzten Schweinsteiger und dem gesperrten Tymoshchuk zwei Spieler ausfallen. So gesehen sehe ich darin eine Schwächung. Die Spieler, die für die beiden einspringen, sind nicht ganz so gut eingespielt. Deshalb sehe ich für Dortmund eine realistische Möglichkeit, um in München zu bestehen.

Strunz: Ich sehe es gar nicht so, dass Robben automatisch wieder in die Stammelf rutscht. Die Mannschaft hat ohne ihn sehr gut funktioniert. Für Robben wird es nicht einfach. Ob es nun Ribery, Kroos oder Müller betrifft: Sie sind aus der Mannschaft kaum wegzudenken. Zunächst wird es alles andere als einfach, jemanden zu verdrängen. Es gibt keinen Grund, warum Jupp Heynckes das ändern sollte. Robben muss sich gedulden und seine Leistung bringen. In der Vergangenheit war es so, dass der FC Bayern ohne Robben nicht so gut gespielt hat. Das ist inzwischen anders. Daher wird es an Robben liegen, seinen Mitspielern das Gefühl zu geben, dass er bereit ist, für sie zu arbeiten. Ansonsten bekommt Robben ein Problem, nicht aber der FC Bayern.

LAOLA1: Könnte es nicht für die gesamte Mannschaft ein Problem werden, wenn ein Kaliber wie Robben nicht zum Stammpersonal zählt?

Strunz: Das wäre natürlich ein Unruhefaktor, völlig klar. Auch, wenn ein Müller, Kroos oder Ribery auf die Bank müsste, würde das für Unruhe sorgen. Egal, was nun also passiert, es wird Diskussionsstoff geben. Für den Verein wird es intern kein großes Thema sein, die Pressethematik ist man schließlich seit Jahrzehnten gewohnt.

LAOLA1: Auf Seiten der Dortmunder fällt Subotic definitiv aus, Schmelzer ist überdies fraglich. Sein Ersatzmann wäre Chris Löwe. Ein Vorteil für die Bayern?

Strunz: In so einem Spiel muss jeder zu 100 Prozent konzentriert sein, nichtsdestotrotz wird es für Löwe sicher ein besonderes Spiel sein. Andererseits hat er Schmelzer schon einige Male wunderbar vertreten. Es liegt immer an der ganzen Mannschaft, um die Gegenspieler zu bändigen. Er hat mit Hummels einen starken Mann an seiner Seite, dazu Bender und auch Großkreutz, der vor ihm spielt. Sie alle haben große Laufbereitschaft und taktisches Verständnis.

LAOLA1: Auf dem Papier spielen beide im 4-2-3-1-System. Auf dem Platz unterscheiden sich die Spielweisen zum Teil doch deutlich, wie man an der Laufleistung der Teams (Bayern Ø 110 km, Platz 14; Dortmund Ø 119 km, Platz 1, Anm.) erkennt. Worin erkennt man weitere Abweichungen?

Strunz: Die Dortmunder spielen insbesondere in der offensiven Dreierreihe deutlich flexibler als die Bayern. Kagawa, Götze und auch Großkreutz wechseln häufiger ihre Position, dadurch werden sie unberechenbarer. Auf der anderen Seite sind die Bayern auf den Außenverteidiger-Positionen mit Rafinha/Boateng und Lahm extrem stark besetzt. Die Interpretation des Systems ist dadurch recht unterschiedlich, dennoch ist es jeweils gut auf das Team zugeschnitten.

LAOLA1: Sie haben jahrelang dem FC Bayern gedient. Schlägt in ihnen noch das FCB-Herz oder genießen Sie das Spiel aus neutraler Position?

Strunz: Ich hoffe in erster Linie auf ein tolles Spiel, denn die Rahmenbedingungen mit Anstoß um 18:30 Uhr als Einzelpartie, dazu das Flutlicht und das ausverkaufte Stadion, stimmen. Es ist natürlich klar, dass mehr Herzblut am FC Bayern hängt, ich habe fast neun Jahre dort gespielt. Nichtsdestotrotz haben sich die Borussen im letzten Jahr auch bei mir sehr viele Sympathien erspielt.

LAOLA1: Abschließend darf die Frage nach dem Ergebnistipp nicht ausbleiben. Wie endet das Spiel?

Strunz: Ich tippe auf ein spektakuläres 3:3.

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Christoph Nister