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So kam Scharner zum HSV

So kam Scharner zum HSV

Paul Scharner ist Profi. Durch und durch. In jeglicher Hinsicht.

So überrascht es nicht, dass der österreichische Nationalspieler trotz Vereinslosigkeit einen Waschbrettbauch vorzeigen kann.

Und es überrascht nicht, dass sich der 32-Jährige zu seinem Wechsel zum Hamburger SV noch nicht äußert. Schließlich hat der Niederösterreich noch keine Unterschrift unter seinen Vertrag gesetzt.

Am Donnerstagabend soll diese erfolgen. Bis dahin trainiert Scharner noch alleine in Hamburg, am Freitag geht es dann mit seiner neuen Mannschaft ins Trainingslager nach Mallorca.

20 Prozent weniger als bei WBA

Schiefgehen wird bis zum Autogramm nichts mehr. Das weiß auch Valentin Hobel.

„Es sind wirklich nur noch kleine Formalitäten zu klären“, erklärt der langjährige persönliche Betreuer des 40-fachen Internationalen, der schon bei den lukrativen Verträgen in dessen Zeit in England mithalf.

Als LAOLA1 den Vertrauten am Telefon erwischt, ist Hobel über die Berichterstattung in Deutschland und Österreich verwundert. Schließlich stand Dienstag, 17:35 Uhr, noch eine Verhandlungsrunde an.

Zuvor hatte HSV-Trainer Thorsten Fink allerdings schon bestätigt, dass sich Scharner dem Traditionsklub anschließen würde. Die bislang letzten Gespräche änderten das auch nicht mehr.

„Paul bekommt einen Zweijahresvertrag“, kann Hobel („Paul hatte beim Medizincheck super Werte") am späten Abend die Worte Finks bestätigen. Darüber hinaus wurden auch Details bekannt.

Seinen besten Vertrag hatte Scharner vor zwei Jahren bei West Bromwich Albion, seiner zweiten Station in England nach vier Saisonen bei Wigan, unterschrieben. In der zweitgrößten Stadt Deutschlands wird der 207-fache Premier-League-Spieler 20 Prozent weniger verdienen.

„Uns war klar, dass wir da einen Schritt zurückgehen mussten. Es war eine rein sportliche Entscheidung“, schildert Hobel, der von zwei Drittel Fixum und einem leistungsbezogenen spricht.

Richtungsweisende Entscheidung

Aus unternehmerischer Sicht, wie im Umkreis Scharners sorgfältig gedacht wird, dennoch ein guter Deal.

Betreuer Valentin Hobel und Schützling Paul Scharner

„In den Jahren bei Wigan und West Bromwich hat Paul finanziell richtig zuschlagen können“, weiß sein Betreuer. Dafür kann der ehemalige England-Legionär frei über seine Persönlichkeitsrechte verfügen, etwa Dressen bei seinem Fußballfest veräußern. Das war ihm in England-Zeiten verboten.

„So gesehen ist der Vertrag fast gleichwertig.“ Hinzu kommen einige angenehme Nebeneffekte. „Paul freut sich sehr, wieder ständig in seiner Muttersprache reden zu können“, weiß Hobel.

Die Entscheidung, nach Deutschland zu gehen, ist zudem eine richtungsweisende. Schon in jungen Jahren wusste Scharner, dass er nach seiner Karriere wieder in Österreich leben würde. Dem ist der ehemalige ÖFB-Teamkapitän einen Schritt näher gekommen. Der Zwischenschritt ist ein besonderer.

Seit fünf Jahren mit HSV in Kontakt

„Es ist für ihn eine riesige Ehre, Hamburg nun auf seiner Visitenkarte stehen zu haben“, zitiert Hobel seinen Schützling. Vor allem auch deswegen, weil sich der Wechsel auch angebahnt hatte.

„Ich war seit fünf Jahren mit dem HSV in Gespräch, in jeder Transferzeit standen wir in Kontakt. Die Arbeit hat sich gelohnt. Paul und mir hat der Klub schon immer gefallen.“

Fast hätte es schon vor zwei Jahren geklappt, doch das Angebot West Bromwichs und unterschiedliche Ansichten im HSV-Vorstand machten dem Transfer einen Strich durch die Rechnung.

Dieses Mal war alles angerichtet. Hobel spricht von einem idealen Zeitpunkt. Wohl auch, weil der richtige Sportdirektor und der richtige Trainer zur richtigen Zeit in Hamburg tätig sind.

Frank Arnesen kannte Scharner aus seiner Zeit bei Chelsea, Thorsten Fink war im Gespräch angetan.

„Arnesen hält sehr viel von seiner Stärke, er war wie Thorsten Fink sehr begeistert. Die entscheidenden Leute wollten Paul Scharner unbedingt.“

Frankfurt als Backup-Lösung

Eintracht Frankfurt war nur die Backup-Lösung. Bei den Hessen bereitete sich der Verteidiger auf die ÖFB-Teamzusammenkunft kommende Woche vor. Das war zwischen dem Verein, Scharner und Teamchef Marcel Koller abgesprochen. Ein Transfer zum Hoffer-Klub stand nie wirklich im Raum.

„Sie haben dann plötzlich doch Interesse bekundet, wir dann aber mit offenen Karten gespielt und sie auch mehr oder minder gesagt, dass sie mit Hamburg nicht mithalten könnten. Hätte es mit dem HSV überraschend nicht geklappt, dann hätte es noch die Chance gegeben“, resümiert Hobel.

Am Samstag meldete sich aber der HSV, für den es dann schnell gehen sollte. Anfang der Woche trafen sich Fink und Scharner in Wien, seit Dienstag ist der Transfer de facto perfekt.

Bis Donnerstagabend ist mit dem Aufsichtsrat alles geklärt. Dann ist der Purgstaller richtiger Hamburger. Bis dahin trainiert Scharner alleine. Wie immer höchstprofessionell.

 

Bernhard Kastler