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Schopp: "Pep muss mit Vorurteilen umgehen können"

Schopp:

Über Monate hinweg brodelte die Gerüchteküche.

Wechselt er auf die Insel? Geht er zurück zum FC Barcelona? Oder wagt er gar den Sprung zum FC Bayern?

Pep Guardiola hat sich lange Zeit gelassen und nichts überstürzt, hat sich nun aber zu einer Entscheidung durchgerungen: München soll die neue Heimat des 41-Jährigen werden.

"Er wird sein Ding durchziehen"

Für drei Jahre hat der Spanier unterschrieben, ab Sommer ist er der neue starke Mann und beerbt Jupp Heynckes, der sich aus dem aktiven Geschäft zurückzieht.

„Er wird sein Ding durchziehen und sehr erfolgreich sein“, glaubt Markus Schopp im Gespräch mit LAOLA1.

Der 38-Jährige stand von 2001 bis 2003 gemeinsam mit dem Katalanen bei Brescia Calcio unter Vertrag und weiß genau, wie der Spanier tickt.

Im Interview spricht der Steirer darüber, was Guardiola auszeichnet, warum er zu den Bayern passt und worin Gefahren bestehen.

LAOLA1: Markus, dein ehemaliger Teamkollege Pep Guardiola wechselt zum FC Bayern. Aus deiner Sicht der richtige Schritt?

Markus Schopp: Grundsätzlich muss ich sagen, dass ich doch ein klein wenig überrascht bin. Ich hätte gedacht, er würde nach England gehen. Es ist aber eine sehr interessante und spannende Entscheidung, die er getroffen hat. Pep spricht hervorragend Englisch und Italienisch, dazu natürlich Spanisch. Die Sprache, die er nicht beherrscht, ist die deutsche. Ich bin davon überzeugt, dass er diese Zeit in New York (Anm. d. Red.: nahm sich Auszeit und verbrachte diese in New York) auch nützt, um sie zu lernen. Sie ist ein enorm wichtiges Instrument im Coaching. Ich freue mich aber für den deutschen Fußball, dass ein Trainer kommt, der ihn in puncto Taktik noch einmal einen Schritt weiter bringen kann.

LAOLA1: Würde es aus deiner Sicht auch ohne Deutschkenntnisse gehen oder geht dadurch viel an der Leidenschaft, die ein Trainer vermittelt, verloren?

Schopp: Pep ist ein Perfektionist. Ich gehe fest davon aus, dass er im nächsten Halbjahr intensiv Deutsch lernen wird. Es würde mich nicht überraschen, wenn er zu Trainingsbeginn bereits in Deutsch Anweisungen gibt. Dass es auch anders machbar ist, hört man oft. Ihn macht es aber aus, die Spieler mit der Sprache zu überzeugen und sie so zu erreichen. Darin ist er hervorragend, dazu muss man aber die Sprache können. Das, was man sagt, muss in den Köpfen der Spieler ankommen. Dieses Element will er erlernen.

LAOLA1: Ist der Wechsel Guardiolas ein Zeichen dafür, dass der deutsche Fußball in den letzten Jahren enorm aufgeholt hat? Vor fünf Jahren wäre ein solcher Transfer noch unvorstellbar gewesen.

Schopp und Guardiola schnürten gemeinsam für Brescia die Schuhe

Schopp: So wie ich ihn kennengelernt habe, sind ihm diese Werte wichtig. Die Tradition, das Verbundensein mit einem Klub, diese Leidenschaft – das sind Eigenschaften, die sowohl den FC Barcelona als auch den FC Bayern ausmachen. Was die Jugendarbeit betrifft, haben die Bayern nicht dieses detaillierte Programm. Pep ist aber jemand, der versucht, seine Ideen bei den Bayern einzubringen.

LAOLA1: Bei aller Freude auf Seiten der Bayern gibt es natürlich auch Gefahren. Kann seine fehlende Auslandserfahrung eine solche sein? Oder ist es die fehlende Wohlfühloase, die er aus Barcelona gewohnt ist?

Schopp: Ich würde das mit der Wohlfühloase nicht so sehen. Die Kritik war seinerzeit groß, als er die Kampfmannschaft übernahm und den einen oder anderen Star ausbootete. Daher weiß er auch, wie die Medien reagieren. Das war nicht immer so einfach wie jetzt, nach so vielen erfolgreichen Jahren. Die Erwartungshaltung wird allerdings enorm groß sein. Die spielerisch überzeugende Linie ist nicht von heute auf morgen machbar. Man wird ihm aber die nötige Zeit geben, um die Spieler heranzuführen. In Barcelona hat man gesehen, dass er das kann und dass Spieler teilweise  in der Kampfmannschaft explodiert sind. Was er hat, ist ein klares Bild von einer Sache. Er will die Dinge abarbeiten und konsequent umsetzen. Was ich bei den Bayern erlebt habe – und ich verfolge den Klub sehr intensiv – ist die Tatsache, dass dort ein irrsinniges Anspruchsdenken herrscht. Dort werden Dinge oft schon eine Spur zu früh erwartet. Van Gaal wurde zu Beginn sehr kritisch beurteilt. Pep wird mit der einen oder anderen Kritik kein Problem haben. Er wird sein Ding durchziehen und – davon bin ich überzeugt – sehr erfolgreich sein.

LAOLA1: Wie beurteilst du die fehlende Erfahrung im Ausland?

Schopp: Klar, er hat erst einen Verein gehabt. Jeder weiß aber, dass er vieles gemacht hat in seiner Entwicklung. Er hat bei vielen Vereinen hospitiert und genau beobachtet, was dort passiert. Er hat ein Bild in seinem Kopf gefunden, das perfekt zum spanischen Fußball gepasst hat. Die Auszeit, die er sich genommen hat, wird er auch intensiv dazu genutzt haben, um für sich zu eruieren, wofür der deutsche Fußball und die deutsche Mentalität stehen und wie das mit seiner Idee von Fußball funktionieren kann. Er überlässt nichts dem Zufall und wird bestens vorbereitet sein.

LAOLA1: Du gehst demnach davon aus, dass sich Guardiolas Mentalität und jene der Bayern kompatibel sind?

Schopp: Natürlich. Der deutsche Fußball hat sich unglaublich entwickelt. Wenn man die Stadien und die Infrastruktur aller Vereine ansieht, dann muss man festhalten, dass die Deutschen auf einem tollen Weg sind. Ligen wie die Serie A, die noch vor Jahren weit vor der Bundesliga lagen, hat man inzwischen locker überflügelt. Der FC Bayern steht dabei als Symbol für DEN Klub in Deutschland. Er hat auch in den letzten Jahren viel Positives bewirkt. Matthias Sammer ist ja ein glühender Verehrer und Fan Pep Guardiolas. Nun hat er einen Mann zu den Bayern gebracht, der den Verein noch weiter bringt als er ohnehin schon ist. Man kennt aber auch die Ansprüche der Verantwortlichen und weiß, dass es nie hoch genug hinausgehen kann. Nun wollen sie noch einen Schritt machen – mit Pep soll dieser zur absoluten Superklasse gelingen.

LAOLA1: An der Isar tummeln sich die Alphatiere – Hoeneß, Rummenigge, Sammer. Guardiola will natürlich seine Vorstellungen, seine Philosophie umsetzen. Kann das auf Dauer gutgehen?

Schopp: Wenn man eine solche Entscheidung trifft, ist man auch bereit, gewisse Schritte zuzulassen. Hoeneß und vor allem Sammer sind Leute, die absolutes Vertrauen in den neuen Trainer haben und dessen Arbeit wertschätzen. Klar ist auch, dass der FC Bayern eben noch diesen einen Schritt machen möchte, dafür holt man Guardiola. Man weiß, wie Guardiola beim FC Barcelona die Kampfmannschaft übernommen hat. Er wusste sofort, was er wollte und hat sich auch einiger Spieler entledigt. Deco musste sofort weg, auch Eto’o wollte er irgendwann nicht mehr. Was er allerdings hatte beim FC Barcelona, war das Kennen des Vereinsinnenlebens. Er kannte schon die Amateur- und Nachwuchsspieler, was bei den Bayern wegfällt. Davon hat er natürlich in Barcelona auch profitiert. Dieses Knowhow hat er in München in dieser Form noch nicht.

LAOLA1: Es gibt einige Parallelen zwischen Barca und Bayern. Beide Vereine verbindet eine riesige Tradition, beide setzen vorwiegend auf einheimische Spieler und versuchen, Eigenbaukicker zu forcieren. Könnte das den Ausschlag pro FCB und contra Chelsea oder ManCity gegeben haben?

Schopp: Ja, das tue ich. Auf diese „mia san mia“-Mentalität kann man sich ja auch vorbereiten, entsprechend kann man dann auftreten. Er kommt mit großen Vorschusslorbeeren nach München, weiß aber auch, dass er sich behaupten muss und dass es durchaus auch Kritiker geben wird. Diese werfen ihm vor, dass er sich nur im Umfeld Barcelonas behaupten konnte, weil er das Innenleben des Vereins kannte oder auch, dass man mit diesen Spielern nur erfolgreich sein konnte. Mit diesen Vorurteilen muss er umgehen können, aber dessen ist er sich bewusst. Er wird daher nicht davon überrascht sein.

LAOLA1: Letzte Frage: Gibt es denn noch Kontakt zwischen Pep und dir?

Schopp: Kurz bevor er nach Amerika ging, gab es noch kurz Kontakt, seither allerdings nicht mehr. Wenn er wieder zurück ist, werde ich versuchen, den Kontakt wieder aufzufrischen. Es ist aber auch so, dass Pep ein sehr intensives Familienleben führt und sich auch deshalb rausgenommen hat und abschalten wollte. Als ehemaliger Mitspieler verstehe und respektiere ich das und will natürlich nicht nerven.

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Christoph Nister