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"Es hat auch mir weh getan"

Es war keineswegs eine lästige Verpflichtung für Roger Schmidt am vergangenen Sonntag.

Der Trainer von Bayer Leverkusen kam gerne nach Wien, um bei der „Bruno Gala“ für seine Verdienste bei Red Bull Salzburg als „Trainer der Saison 2013/14“ ausgezeichnet zu werden.

„Es ist eine Frage des Respektes, bei einer Einladung zu erscheinen“, sagte der Coach, der mit seinem neuen Team einen Traumstart hinlegte, in die Champions League einzog und auch die Tabelle der Bundesliga anführt.

Mit seinen früheren Spielern und Sportdirektor Ralf Rangnick kam es zu einem herzlichen Wiedersehen, das die umjubelten Protagonisten der vergangenen Saison genießen konnten.

In Deutschland wurde Schmidt indes von Leverkusen-Größen wie Michael Ballack oder Rainer Calmund für den eingeschlagenen Weg hinsichtlich des offensiven Powerfußballs gelobt.

Bei der 18. Ausgabe der „Bruno Gala“ nahm sich der 47-Jährige auch für ein LAOLA1-Interview Zeit.

LAOLA1: Haben Sie lange überlegen müssen, hierher nach Wien zu kommen?

Roger Schmidt: Wenn man eingeladen wird, um ausgezeichnet zu werden, dann ist es eine Frage des Respektes, zu erscheinen, wenn es möglich ist. Ich wusste natürlich auch, dass meine früheren Spieler da sind und es eine hervorragende Veranstaltung in einem besonderen Ambiente ist. Wahrscheinlich gibt es kein schöneres Rathaus auf dieser Welt. Ich bin sehr gerne gekommen, weil ich dem österreichischen Fußball auch viel zu verdanken habe. Es waren tolle zwei Jahre mit hoher Lebensqualität und ich konnte dadurch auch einen Schritt weitergehen.

LAOLA1: In Leverkusen funktioniert es ja von Beginn weg tadellos.

Schmidt: Wir hatten sechs Wochen, um uns auf die Pflichtspiele vorzubereiten und wir haben ab Minute eins im ersten Training an der Spielidee begonnen zu arbeiten. Das hat sich früh ausgezahlt und ich glaube, die Spieler mögen es so zu spielen. Sie sind durch diese Erfolgserlebnisse auch überzeugt, von daher sind wir auf einem guten Weg, aber es ist eben auch erst ein Anfang. Wir müssen weitermachen, weiter hart an uns arbeiten, dann können wir eine sehr gute Saison spielen.

LAOLA1: Wie emotional war der Sieg in Dortmund, auf dieser riesigen Bühne zum Auftakt?

Schmidt: Es war einfach gleich die größte Herausforderung, die wir im ersten Bundesliga-Spiel haben konnten. Wir haben dennoch mutig unser Spiel auf den Platz gebracht. Dortmund kann uns durch seine Stärken am meisten Schmerzen bereiten, wenn unser aggressives Spiel gegen den Ball nicht funktioniert. Es gibt in Deutschland keine bessere Mannschaft im Umschaltspiel, dennoch haben wir das sehr mutig gemacht und es ist aufgegangen. Es war ein unglaublicher Start, der uns Selbstvertrauen gegeben hat und dann haben wir das volles Rohr durchgezogen. Man hätte es sich nicht schöner ausmalen können. Das hat uns sehr geholfen.

LAOLA1: Auf welche Ziele schielen Sie nun in dieser Saison?

Schmidt: Ich als Trainer will einfach, dass wir den perfekten Fußball auf den Platz bringen. Ich bin einfach überzeugt, wenn wir das als Mannschaft hinbekommen, dann haben wir stets gute Chancen, als Sieger vom Platz zu gehen – und zwar gegen jede Mannschaft. Alles andere lasse ich einfach auf mich zukommen. Bayer Leverkusen war schon eine sehr erfolgreiche Mannschaft in den vergangenen Jahren und es ist ja auch nicht so, dass wir irgendetwas neu erfunden haben. Leverkusen gehörte in jüngerer Vergangenheit zu den Top 3 in der Bundesliga, das war eine herausragende Leistung, von daher liegt die Latte hoch. Wenn wir mit unserer Art vom Fußball ähnlich erfolgreich sind, dann ist es gut. Wenn wir über uns hinauswachsen, können wir auch etwas Außergewöhnliches schaffen.

LAOLA1: Wie ist die Arbeit im Vergleich mit Salzburg?

Schmidt: Jeder Verein ist anders, das hat auch nichts mit Deutschland oder Österreich zu tun. Man muss sich immer auf alle Menschen einlassen, die rund um einen Verein einen erwarten. Dann geht es einfach darum, dass jeder in seinem Verantwortungsbereich bestmöglich arbeitet, die Spieler mitzunehmen, den Staff mitzunehmen und wenn man die Menschen erreicht, sie überzeugt, dann ist das einfach einmal die Grundvoraussetzung, erfolgreich zu sein.

LAOLA1: Auch Ihnen wird es weh getan haben, dass es Salzburg nicht in die Champions League geschafft hat. Sie waren zeitgleich erfolgreich, wie haben sie das Ausscheiden dennoch miterlebt?

Schmidt: Warum und weshalb es nicht geklappt hat, das kann ich wirklich nicht beurteilen. Ich hätte es aber eben dem Verein, der Stadt, dem Land Österreich und vor allem natürlich den Spielern maximal gegönnt, weil ich einfach weiß, wie viel Herzblut in dieser Mannschaft steckt, was die CL-Qualifikation angeht. Es ist tragisch und hat auch mir weh getan, obwohl ich gar nichts mehr damit zu tun habe. Aber das ist eben so im Fußball: Man kann viel richtig machen und dennoch als Verlierer vom Platz gehen. Und wenn man an einem solchen Tag nicht den besten erwischt, dann gehört das eben auch dazu und macht die Faszination Fußball aus. Er kann wunderbare Dinge erzeugen, aber er kann auch brutal schmerzhaft sein.

LAOLA1: Eine Ligareform ist auch nach Ihrem Abgang weiterhin ein Thema hierzulande. Wie sehen Sie es mit etwas Abstand? Gehen Sie mit Ihrem Ex-Chef Ralf Rangnick konform – eine 16er Liga bringt’s?

Schmidt: Es gibt Menschen, die sich damit intensiv befassen, ich selbst kann für mich nur sagen, dass ich total einer Meinung mit Ralf Rangnick bin. Wenn man zwei Jahre hier gearbeitet und gegen jedes Team zumindest acht Mal gespielt hat, dann weiß man, dass eine Ligareform nur in diese Richtung gehen kann. Die Wertigkeit würde sich dadurch einfach enorm anheben. Das wäre der richtige Weg, ob es realistisch ist, kann ich aber nicht sagen.

 

Das Gespräch führte Bernhard Kastler