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Fuchs: "Kritik an Keller ist unfair und respektlos"

Fuchs:

Für Christian Fuchs und Schalke 04 waren zum Ende des vergangenen Jahres turbulente Wochen zu überstehen.

Nach sechs Spielen ohne Sieg wurde das Ende von Huub Stevens besiegelt, Nachfolger Jens Keller wurde noch vor seinem Debüt mit Kritik bedacht.

Mit dem 5:4-Sieg zum Rückrundenstart gegen Hannover wurde eine neue Ära eingeläutet, mittendrin der ÖFB-Teamkapitän.

Der 26-Jährige stärkt dem Neo-Coach den Rücken und verliert das Ziel Champions League nicht aus den Augen. Was dafür erforderlich ist, und warum Lionel Messi von ihm bei der Weltfußballer-Wahl ignoriert wurde, verrät er LAOLA1.

LAOLA1: Der Rückrunden-Start ist mit dem 5:4 gegen Hannover spektakulär verlaufen. Wie hast du die Partie erlebt?

Christian Fuchs: Eigentlich haben wir das Spiel im Griff gehabt, kaum Chancen zugelassen, 2:0 geführt, aber dann war mehr oder weniger jeder Schuss ein Treffer. Nach dem 4:2 war das Spiel quasi wieder gelaufen, dann endete es noch 5:4. Es war sehr spektakulär. Im ganzen Spiel gab es 15 Schüsse und neun Tore. Für einen neutralen Fan war es ein super Spiel zum Zuschauen, aber wenn du am Platz stehst, ist es natürlich sehr nervenaufreibend.

LAOLA1: Trüben die vier Gegentore die Freude über den Auftakt-Sieg?

Fuchs: Wichtig sind die drei Punkte, die wir erreicht haben. Klar kann man das eine oder andere Gegentor besser verteidigen, aber letztendlich wollten wir drei Punkte auf Schalke behalten. Das ist geglückt.

LAOLA1: Ein weiter Einwurf von dir hat zum 1:0 geführt. Stecken, wie du gescherzt hast, wirklich nur „Papa und Spinat“ dahinter?

Fuchs: Es war eigentlich das erste Tor, das aus einem weiten Einwurf von mir resultiert, seit ich auf Schalke bin. Wir machen uns schon Gedanken, was wir machen können und wie wir die Einwürfe noch effektiver nutzen können. Dass das jetzt geglückt ist, ist sehr erfreulich für uns.

LAOLA1: Steckt spezielles Training dahinter oder worauf kommt es an?

Fuchs: In der Vorbereitung habe ich mit unserem Fitnesstrainer wieder gezielt darauf hintrainiert. Es ist viel Technik dahinter, nicht nur Kraft. Ich kann der Mannschaft damit helfen, was mich sehr freut.

LAOLA1: Sagt dir Einwurf-Spezialist Rory Delap etwas? Dient er als Vorbild?

Fuchs: Ist das der von Stoke City? Ich weiß nur, dass er sehr, sehr weit einwirft - wahrscheinlich weiter als ich. Aber das hilft mir auch nicht weiter.

LAOLA1: Nach unruhigem Herbst ist der Auftaktsieg aber sicher Gold wert, oder?

Fuchs: Wir wollten natürlich positiv in die Rückrunde starten. Wir haben auch Ziele, die mit einer Niederlage nur noch schwer erreichbar gewesen wären. So ist die Champions League noch immer erreichbar und dafür werden wir alles tun.

LAOLA1: Wie hat sich Neo-Coach Jens Keller bei Schalke eingefunden?

Fuchs: Ich finde, er macht eine gute Arbeit. Er hat in kürzester Zeit versucht, uns seine Philosophie beizubringen. Natürlich hat man im Trainingslager noch gesehen, dass die eine oder andere Sache noch nicht so gut klappt, aber das ist ganz logisch, wenn man nur ein paar Wochen Zeit hat. Wir bleiben aber weiterhin dran, arbeiten täglich an unserem taktischen Prinzip. Er hat eine gute und offensive Philosophie Fußball zu spielen, das belegen auch die fünf Tore. Es ist wirklich noch mehr drin, als wir bisher gezeigt haben. Das wird sich im Laufe der Saison immer weiterentwickeln.

LAOLA1: Keller wurde anfangs belächelt. Was hat er wirklich drauf und wie schwer ist es für ihn, in die Fußstapfen eines Huub Stevens zu treten?

Fuchs: Es war sehr unfair und unberechtigt, dass er schon vor seinem ersten Bundesliga-Spiel in der Kritik stand und als Abschusskandidat galt. Das finde ich respektlos ihm gegenüber. Nach dem Sieg gegen Hannover werden nicht alle Kritiken vom Tisch sein, aber man hat doch gesehen, dass er das Zeug hat, die Mannschaft, bei der er super ankommt, zu führen. Wir werden alles versuchen, um auch die letzten Zweifler zum Schweigen zu bringen.

LAOLA1: War ein Trainerwechsel in eurer Situation schlussendlich unumgänglich?

Fuchs: Ich will da nicht zu viel spekulieren. Es wäre unfair gegenüber Huub Stevens, zu sagen, dass war gut oder richtig. Die Entscheidung ist von Seiten Schalkes so gefallen. Wir haben jetzt Jens Keller als Trainer, darauf konzentrieren wir uns. Und nicht darauf, was in der Vergangenheit war.

LAOLA1: Du wurdest in Schalkes Mannschaftsrat gewählt. Wie konntest du während eurer Krise positiv einwirken?

Fuchs: Es liegt nicht nur am Mannschaftsrat, sondern die ganze Mannschaft muss in schweren Zeiten - wie am Ende der Hinrunde – näher zusammenrücken. Wir haben natürlich einige Gespräche innerhalb der Mannschaft gehabt und ich finde, dass sehr viel daraus gefruchtet hat. In der Hinrunde wären wir vielleicht beim 2:2 nach 2:0-Führung zurückgefallen, aber so war jeder füreinander da. Das hat gezeigt, dass die Mannschaft intakt ist.

LAOLA1: Aktuell fehlen zwei Punkte auf die CL-Quali. Wie bewertest du Schalkes Chancen?

Fuchs: Es war auch schon in der Hinrunde alles sehr eng beisammen, wo bis zu Platz zehn drei, vier Punkte Unterschied waren. Es ist nach wie vor alles möglich. Natürlich streben wir danach, uns direkt für die CL zu qualifizieren. Wir haben noch 16 Spiele vor uns und ich bin überzeugt, dass wir das schaffen. Diesem Ziel ordnet jeder alles unter.

LAOLA1: Aufgrund eurer tollen CL-Saison muss man fast sagen, dass Schalke dorthin gehört.

Fuchs: Absolut. In der Champions League haben wir super Leistungen gebracht, uns als Gruppen-Erster für das Achtelfinale qualifiziert. Ich glaube, dass da auch noch wesentlich mehr drin ist.

LAOLA1: Wie siehst du die Chancen gegen Galatasaray, wo jetzt Wesley Sneijder für neuen Schwung sorgen wird?

Fuchs: Wir haben es mit dem Nationalteam gesehen, dass türkische Mannschaften technisch versiert und spielstark sind. Es wird ganz bestimmt kein Selbstläufer. Ganz im Gegenteil. Galatasaray hat sehr viel Qualität und sicher den Willen, sich für das Viertelfinale zu qualifizieren. Mit Wesley Sneijder haben sie einen Spieler gekriegt, der zusätzlich sehr viel Qualität bringt und weiß, worauf es ankommt.

LAOLA1: In der Liga wartet nun Augsburg mit Alex Manninger. Wie gut kennst du ihn von früher?

Fuchs: Ich habe mit Alex noch zwei bis drei Jahre in der Nationalmannschaft gespielt, auch bei der EURO 2008 haben wir gemeinsam die Schuhe geschnürt. Ich freue mich auf ein Wiedersehen mit ihm. Ich hoffe, dass er sich bei Augsburg durchsetzt.

LAOLA1: Bei Schalke wird viel rotiert, immer neue Spieler geholt. Wie zufrieden bist du, stets erste Wahl zu sein?

Fuchs: Wenn man die letzten Jahre betrachtet, waren nach der Magath-Zeit viele Spieler hier, die ganz einfach nicht mehr berücksichtigt worden sind. Aber seitdem ist sehr viel Kontinuität eingetreten. Wenn man ehrgeizige Ziele hat, braucht man natürlich einen breiten Kader, der qualitativ hochwertig ist. Den haben wir. Aber meiner Meinung nach wird nicht zu viel rotiert.

LAOLA1: Bist du der Meinung, Pep Guardiolas Verpflichtung bei Bayern kann sich positiv auf die Liga auswirken und noch mehr Stars bewegen?

Fuchs: Keine Ahnung. Wie sich ein spanischer Trainer in Deutschland tut, wird sich weisen. Er hat natürlich sehr viel Qualität, das hat er bei Barcelona bewiesen. Bayern ist kein kleinerer Verein, sondern einer, der mit Barca auf Augenhöhe ist. Es wäre natürlich super, wenn dadurch noch mehr Stars nach Deutschland kommen. Spekulieren kann jeder, aber ich berufe mich auf Daten und Fakten.

LAOLA1: Als ÖFB-Kapitän hast du bei der Weltfußballerwahl mit Xavi vor Iniesta und Balotelli viele überrascht. Wie begründest du deine Wahl?

Fuchs: Es sind sowieso immer die gleichen Spieler im Gespräch, weil die einen spektakulären Fußball spielen. Aber es steckt viel mehr dahinter. Messi und Ronaldo brauchen besondere Spieler wie Xavi oder Iniesta, die sie in Szene setzen, kaum Fehler machen und ihnen den Rücken stärken. Das ist genauso wertvoll einzuschätzen wie drei Tore von Messi, auch wenn er viel alleine macht.

LAOLA1: Und Balotelli? Den hatten außer dir nur Laos und Palästina in den Top 3.

Fuchs: Mir hat es ganz einfach getaugt, wie er bei der EM gespielt hat, speziell natürlich im Spiel gegen die Deutschen. Er hat sehr hohe Fähigkeiten, das zeigt er des öfteren. Natürlich ist er auch ein Spieler, der sehr polarisiert, aber ich finde, er ist ein Weltklasse-Fußballer und deshalb habe ich ihn dazugenommen.


Das Gespräch führte Alexander Karper