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"Schwierig, wenn in einer Tour spekuliert wird"

Dass es der Austria kaum gelingen wird, Zlatko Junuzovic und Julian Baumgartlinger zu halten, war klar.

Am Dienstag wagte Letzterer als Erster den Absprung.

Der 23-Jährige unterschrieb in Mainz einen Vierjahres-Vertrag und kehrt damit nach Deutschland zurück, wo er schon in jungen Jahren von 2001 bis 2009 bei 1860 München tätig war.

Im LAOLA1-Interview spricht er über seine Zukunft bei Mainz und seine Vergangenheit bei der Austria.

LAOLA1: Julian, wie ist dein Wechsel zu Mainz zustande gekommen?

Julian Baumgartlinger: Es ist relativ schnell abgelaufen. Seit der ersten Anfrage ist eine Woche vergangen. Mit den Verhandlungen zwischen den Vereinen habe ich nicht viel zu tun gehabt. Am Montag habe ich erfahren, dass sich die beiden Klubs geeinigt haben. Ich war mir dann mit Mainz relativ schnell einig.

LAOLA1: Auch wenn es letztlich sehr schnell ging, stand ein Wechsel schon länger im Raum. Wie bist du damit umgegangen? Konntest du das Thema von dir fern halten?

Baumgartlinger: Es war eigentlich sehr ruhig. Ich glaube, davon hat Zlatko Junuzovic mehr abgekriegt als ich…(schmunzelt) Über ihn ist viel mehr berichtet oder geredet worden - auch zurecht: Denn wenn man Spieler des Jahres wird, ist so etwas ganz klar. Mir war das, ehrlich gesagt, gar nicht so unrecht. Ich habe mich auf mich selbst konzentriert und nicht versucht, irgendetwas zu erzwingen. Das war genau das Richtige. Deswegen hat das jetzt auch so schnell und reibungslos funktionieren können.

LAOLA1: Junuzovic wird in jedem Interview auf einen möglichen Wechsel angesprochen. Hast du bewusst eine andere Strategie gewählt, um das zu umschiffen?

Baumgartlinger: Eigentlich nicht. Es habe immer gesagt, was ich in dem Moment gefühlt habe: Nämlich, dass kein Grund besteht, über etwas zu sprechen, was nicht aktuell ist. Es gab keine konkreten Anfragen, es war nichts Spruchreifes dabei. Deswegen wollte ich mir den Druck gar nicht selbst auferlegen, oder mir von außen auferlegen lassen. Alles, was ich gesagt habe, war so – auch, als ich am Anfang des Trainingslagers gesagt habe, dass ich damit rechne, bei der Austria zu bleiben. Das war so, davon bin ich ausgegangen. Damit, dass jetzt alles so eine Dynamik bekommt und so schnell geht, war zu keinem Zeitpunkt zu rechnen. Daher habe ich immer versucht, alles in Ruhe zu handeln. Ich glaube, das hat ganz gut funktioniert.

LAOLA1: Du hast eine Saison auf konstant hohem Level gespielt. Wie groß ist die Ablenkung, wenn das Thema Transfer dauerpräsent wäre?

Baumgartlinger: Es ist natürlich schwierig. Wenn in einer Tour nur über irgendwelche Sachen spekuliert wird, und man sich rechtfertigen muss, zum Beispiel wenn irgendwelche Gerüchte über Red Bull aufkommen, ist das nicht immer einfach. Man wird natürlich auch von Fans gefragt wird, ob das so kommen wird. Deswegen war es ganz gut, dass ich mich auf den Fußball konzentrieren und meinen Weg weitergehen konnte.

LAOLA1: Dein Weg führt nun nach Mainz. Das ist eine Adresse, die sich in den letzten Jahren sehr gut entwickelt hat. War dieser Weg, den Mainz eingeschlagen hat, ein Hauptmotiv für den Wechsel?

Baumgartlinger: Natürlich. Man sieht eine Entwicklung. Bei der Austria war es vor zwei Jahren genau dasselbe. Da war einfach klar, dass der Verein super geführt ist, ein Konzept und eine langfristige Planung hat. Jetzt ist wieder so eine Situation. Wir haben geschaut, dass wir einen Verein finden, der für mich Sinn macht, um den nächsten Schritt zu machen. Da hat Mainz perfekt gepasst.

LAOLA1: Trainer Thomas Tuchel lobt dich in den höchsten Tönen, vor allem dein strategisches Talent. Gerade letzteres Kompliment kann man zurückgeben, oder? Er zählt zu den jungen Trainern, die ein klares Konzept verfolgen…

Baumgartlinger: Genau. Als Österreicher kriegt man das auch gut mit, da die deutsche Bundesliga natürlich ein großes Thema ist. Man schaut sich sehr viel an, diese Liga kann gar nicht an einem vorbeigehen. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Tuchel und bin schon sehr gespannt auf das Neue, das mich dort erwartet.

LAOLA1: Wie darf man sich das vorstellen, wenn Tuchel Kontakt mit dir aufnimmt? Erklärt er dir gleich, wie er dich einsetzen will?

Baumgartlinger: Wir haben einmal grundsätzlich über alles geplaudert. Alles andere wird in den nächsten Tagen, wenn ich in Mainz bin, kommen. Bis jetzt war doch relativ viel Stress mit den Wechsel-Modalitäten, dass sich die Vereine einigen.

LAOLA1: Vom ersten Eindruck her: Was ist in dieser Saison drinnen?

Baumgartlinger: Natürlich werden wir eine starke Vorsaison bestätigen müssen. Aber so weit möchte ich jetzt noch gar nicht vorausblicken. Ich schaue jetzt erst einmal, dass ich meinen Vertrag unterschreibe und alles hinter mich bringe.

LAOLA1: Hast du dich bei Christian Fuchs oder Andi Ivanschitz über Mainz erkundigen können?

Baumgartlinger: Andi kenne ich noch nicht persönlich. Wir haben bislang leider noch nie die Möglichkeit gehabt, dass wir irgendwo zusammenspielen. Das ändert sich jetzt. Für ein Gespräch mit Christian habe ich in der Kürze der Zeit keine Gelegenheit gehabt, weil die Entscheidung doch relativ schnell fallen musste. Aber er hat beim Nationalteam immer nur Positives zu berichten gehabt, von dem her hätte ich gar nicht so viele Infos gebraucht.

LAOLA1: Fuchs hat für vier Jahre bei Schalke unterschrieben, um Ruhe in seine Karriere zu bekommen. Du hast ebenfalls seinen Vierjahres-Vertrag unterzeichnet. Planst du die vollen vier Jahre in Mainz ein, oder siehst du den Verein als Sprungbrett?

Baumgartlinger: Natürlich plane ich die vier Jahre ein, ganz klar. Man kann nicht davon ausgehen, dass ich mich vom einen auf den anderen Tag so gut weiterentwickle. Ich muss mich erst einmal integrieren und wohl fühlen, alles andere wird man dann mit der Zeit sehen. Aber ich glaube, es ist doch sehr angenehm zu wissen, dass man vier Jahre in Ruhe arbeiten kann und einen Vertrag bei einem Bundesligisten hat. Das ist ein tolles Gefühl.

LAOLA1: Du warst schon jahrelang in Deutschland, bei 1860 München. Du hast einen „Schritt zurück“ gemacht, und bist nun trotzdem in der deutschen Bundesliga gelandet. Wie groß ist die Genugtuung?

Baumgartlinger: Ich würde es eher Bestätigung nennen. Ich habe damals den Weg nach Österreich bewusst gewählt, weil ich mich weiterentwickeln wollte und bei der Austria die Chance gesehen habe, einen weiteren Schritt in meiner Karriere zu machen. Das war genau das Richtige, denn in München war ich an einem Punkt, an dem ich ein wenig stagniert und nicht zum Einsatz gekommen bin. Mit 13 bin ich nach München gegangen, um Bundesliga-Profi zu werden – das ist in der zweiten Liga mehr oder weniger möglich geworden, aber man will natürlich immer ganz rauf. Dass dieser Weg, den ich damals eingeschlagen habe, nun weiter geht, ist schon schön.

LAOLA1: Bei 1860 hast du damals mit den Bender-Zwillingen Sven und Lars ums Leiberl gerittert. Inwiefern relativiert diese Konkurrenz im Nachhinein, dass du nur selten zum Zug gekommen bist?

Baumgartlinger:  Man muss ganz klar sagen: Der eine ist mit seinem jetzigen Klub Meister geworden und inzwischen A-Nationalspieler Deutschlands, der andere wurde Vizemeister.  Daran sieht man, was da für eine Qualität und wie groß die Konkurrenz war. Vielleicht war ich zu einem unglücklichen Zeitpunkt in München…(schmunzelt) Aber wie gesagt: Man sieht, mehrere Wege führen ans Ziel.

LAOLA1: In Österreich wurdest du mit dem Sager von Andreas Herzog, dass du binnen eines Jahres der Beste auf deiner Position sein wirst, begrüßt. Wie ist diese Prognose deiner Meinung nach aufgegangen?

Baumgartlinger: Nicht binnen eines Jahres. Ich glaube, dass die zwei Jahre doch sehr wichtig waren, es war ein laufender Prozess, der nicht innerhalb eines Jahres funktioniert hat. Aber es hat alles so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt habe. Ich habe viele Spiele machen können. Die Austria hat mir die Chance geboten, dass ich mich auf diesem Niveau präsentiere - ab und zu hatte ich vielleicht auch nicht diesen Druck und konnte vielleicht auch einmal ein schlechtes Spiel machen, das war in der Entwicklung drinnen.  Die kontinuierliche Arbeit hat sich dahingehend ausgezahlt, dass die Leistungen im letzten Jahr konstant gut waren.

LAOLA1: Die Ausria-Fans bedauern deinen Abgang naturgemäß. Andererseits muss man relativieren, dass ein Verkauf wie deiner ja in der Philosophie eingeplant ist, oder?

Baumgartlinger: Die Austria hat in den letzten Jahren den Weg eines starken Ausbildungsvereins in Österreich eingeschlagen.  Mit vielen jungen Österreichern wurde eine super Philosophie etabliert. Ich denke, dass es im Fußball mittlerweile allgemein wichtig ist, dass man junge Spieler ausbildet und dann verkauft. Das sieht man überall. Nach dem Ausstieg von Frank Stronach war die Austria gezwungen, diesen Weg zu gehen, aber den muss man dann auch erst einmal so hinbekommen. Ich bin der Austria nach wie vor sehr dankbar.

Das Gespräch führte Peter Altmann