LAOLA1: Spätestens 2016 soll der Aufstieg gelingen. Sehen Sie sich dann noch hier? Wie sehen Ihre persönlichen Planungen aus?

Hörtnagl: Wir haben die „Mission 2016“, wie es so schön heißt. Das ist ein Auftrag, die formulierte Zielsetzung zu realisieren. Wir wissen nicht, ob wir 2016 oder 2017 noch da sind, wollen dieses Ziel Aufstieg aber auf schnellstem Wege erreichen.

Kogler: Dem ist wenig hinzuzufügen. Unser Bestreben ist, dass wir uns gemeinsam – und nicht nur wir zwei, sondern der gesamte Verein – gut einbringen. Zusammen wollen wir unsere Ziele verwirklichen. Fußball ist ein Tagesgeschäft, man muss aber zwangsläufig auch langfristig planen. Es geht dabei um die Entwicklung der nächsten zwei, drei Jahre.

LAOLA1: Man nimmt bewusst kurzfristige Rückschläge in Kauf, um die Chance auf nachhaltigen Erfolg zu erhöhen?

Hörtnagl: Ja, schon. Man muss miteinberechnen, dass es nicht linear nach oben gehen kann und wir einen Sieg nach dem anderen einstreifen. Das wäre gänzlich unrealistisch. Der Aufstieg ist ein mittelfristiges Ziel, da sind Phasen einkalkuliert, die aufgrund des Aufbaus nicht immer vollends ineinander greifen. Wir entwickeln uns als Organisation und Verein und nehmen uns auch die Zeit. Dennoch wird natürlich jedes Spiel mit voller Kraft in Angriff genommen.

LAOLA1: Fußball ist und bleibt ein sehr schnelllebiges Geschäft, besonders einen Trainerjob ist man oft schneller los, als einem lieb ist. Wie schwierig ist es, dieser Philosophie zu folgen, wenn man weiß, dass man vielleicht das erste Opfer ist, sofern es nicht nach Wunsch verläuft?

Kogler: Klar zählen am Ende immer die Resultate. In diesem Fall weiß der Verein aber auch, welche Mittel wir haben, welche die Konkurrenz hat, wo wir herkommen und wo wir letztendlich hinwollen. Dass da auch immer wieder Resultate erbracht werden müssen, ist logisch. Wenn man etwas entwickeln will, dauert das aber eine gewisse Zeit. Wir sind sportlich auf einem guten Weg, aber wir wollen die Sache nicht so angehen, dass wir eine Summe X investieren und kurzfristig alles zusammenkaufen. Unsere Entwicklung bringt unter Umständen Rückschläge mit sich, aber das gehört dazu.

LAOLA1: Herr Hörtnagl, im Sommer wurde ein Trainer-Anforderungsprofil erstellt, von dem Sie meinten, dass Walter Kogler das perfekt erfüllt. Ich sage mal so: Es ist doch ungewöhnlich, dass ein deutscher Traditionsverein auf einen österreichischen Trainer setzt. Welche Rolle, welchen Einfluss hatten Sie dabei?

Hörtnagl: Es geht darum, dass wir uns den Kopf zerbrochen haben, wie wir Fußball spielen wollen. Danach wurde der Trainer ausgesucht. Oft wird darüber gesprochen, aber nicht danach gelebt. Deswegen verwende ich gerne den Begriff „Change-Prozess“, der im Sommer eingesetzt hat. Das Trainerteam wurde komplett neu zusammengestellt, dazu verließen uns neun Spieler, während acht zu uns stießen. Natürlich ist das Gespräch mit Walter Kogler über mich zustande gekommen. Ich betone aber, dass er es selbst geschafft hat, den Leuten hier den Eindruck zu vermitteln, der richtige Mann zu sein. Es wäre unklug, wenn ich das einfordern würde, ohne dass andere Verantwortliche wie Präsident oder Manager mitziehen und hinter der Entscheidung stehen würden. Er hat es geschafft, uns alle hier zu überzeugen. Ich hätte es nicht gewollt, jemanden nur auf eigenen Wunsch zu holen.

LAOLA1: Welche Rolle hat es für Sie gespielt, Alfred Hörtnagl schon lange zu kennen und damit zu wissen, worauf Sie sich diesbezüglich einlassen?

Kogler: In der Trainerbestellung hat er dafür gesorgt, dass das Gespräch zustande kam. Für die weitere Entwicklung war das nicht so entscheidend. Erst jetzt wieder in der täglichen Zusammenarbeit. Da ist es extrem wichtig, wenn jedem bewusst ist, wie der Weg ausschauen soll und jeder dieselben Vorstellungen hat.

LAOLA1: Die von Ihnen angesprochenen rund 6.000 Fans im Schnitt bedeuten in Österreich Bundesliga-Reife. Kann man die 3. Bundesliga in Deutschland mit Österreich vergleichen? Hätten Teams wie Heidenheim oder Leipzig Chancen in der höchsten Spielklasse?

Kogler: Das ist schwierig und würde ich nicht behaupten. Das kann man nur in mehreren direkten Duellen beurteilen. Klar, Leipzig ist nicht viel anders als Salzburg, nur in der Entwicklung noch nicht ganz. Im Endeffekt werden die Möglichkeiten sogar größer sein. Allgemein glaube ich aber, dass die 3. Liga sehr interessant ist und guter Fußball geboten wird. Es ist auch eine Liga, die Zukunft hat. Der Liga-Schnitt liegt bei mehr als 6.000 Fans und ist ansteigend. Da wird sich in den nächsten Jahren noch einiges tun. Wer die österreichischen Verhältnisse kennt, weiß, dass es absolut reizbar ist, hier zu arbeiten. Vom Niveau und der medialen Aufmerksamkeit her ist das schon sehr groß. Was die Professionalität betrifft, ist das durchaus mit einem Mittelständler in Österreich vergleichbar, sportlich traue ich mich das nicht einzuschätzen.

LAOLA1: Man hat den Eindruck, dass der Osten Deutschlands ein schlafender Riese ist, der geweckt werden muss. Derzeit gibt es keinen Erstliga-Verein aus den neuen Bundesländern, dahinter tut sich Union Berlin hervor, dazu kommen Dynamo Dresden und Rostock, dann schon Erfurt und Leipzig. Wie betrachten Sie das Potenzial?

Kogler: Ich glaube, dass es ganz egal, ist, von welcher Region wir hier sprechen – ob nun Rostock, Berlin, Leipzig, Dresden oder auch Erfurt – es gibt überall riesiges Potenzial. Ich nehme uns als Beispiel. Erfurt hat 200.000 Einwohner, ist die Hauptstadt Thüringens, es gibt in diesem Bundesland keinen Verein, der höher spielt als wir. Hier gibt es insgesamt mehr als zwei Millionen Einwohner, da wäre das ganze Umfeld absolut vorhanden, um etwas weiterzubringen. Wenn es mal jemand schafft, wieder nach oben zu gelangen, wäre das für die ganze Region toll.

Hörtnagl: Ich stimme da absolut überein. Man muss sich nur anschauen, dass Dresden im Schnitt über 20.000 Zuschauer hat. Wir haben gerade bei Hansa Rostock gespielt (0:1, Anm.), dort gibt es ein Stadion mit 30.000 Zuschauern. Sobald es da wieder hoch geht, ist die Bude voll!

Kogler: Bei unserem Spiel hatten wir 12.000 Zuschauer – als Drittligist! Wenn die aufsteigen, haben sie 25.000, in der 1. Liga wäre das Stadion wohl zu klein.

Hörtnagl: Generell ist das Potenzial hier unheimlich groß. Chemnitz baut ein neues Stadion, bei uns wird gebaut, es wird generell nachgebessert. Das ist dann auch die Basis, um den nächsten Schritt zu machen. Viele haben das Bestrebnis, etwas zu bewegen. Daher denke ich auch, dass in den nächsten Jahren einiges passiert und auch Klubs aus dem Osten wieder von der 3. in die 2. oder von der 2. in die 1. Liga kommen. Und wenn das passiert, dann brennt hier alles! Es sind auch einfach viele Traditionsvereine vorhanden.

LAOLA1: Noch einmal zum Stichwort Entwicklungsverein. Sieht man sich derzeit noch als solcher?

Hörtnagl: Der Begriff ist wichtig. Wenn wir nur Entwicklungsverein wären, wäre das falsch. Wir versuchen, ganzheitlich und gut auszubilden, um sportlich erfolgreich zu sein. Wenn wir Spieler nur entwickeln, um sie dann wieder zu verkaufen, dann wäre uns der sportliche Erfolg egal. Das ist er aber nicht.

LAOLA1: Aber es ist doch auch so, dass es einem jungen Kicker auf lange Sicht schwer fallen wird, in der 3. Liga zu bleiben, nur weil die Tendenz stimmt und er an den Klub glaubt. Muss nicht zwangsläufig der Schritt eine Liga höher folgen, um im nächsten Schritt den Jungs eine bessere Perspektive zu bieten und sie langfristig halten zu können?

Hörtnagl: Diese Argumente kann man ihnen aber jetzt auch schon liefern. Die Jungs sind 18, 19 Jahre, die können wir schon auch zwei, drei Jahre für unseren Weg gewinnen. Der eine oder andere wird gehen, keine Frage, ein Großteil wird aber mitziehen. Die Begrifflichkeit ist wichtig, weil wir uns nicht auf einen Ausbildungsverein reduzieren wollen. Wir haben sportliche Ziele und die wollen wir erreichen. So gesehen ist der Begriff Entwicklungsverein in dieser Form falsch.

Kogler: Je höher und attraktiver der Verein ist, desto weniger werden natürlich die Gründe für einen Spieler, um wegzugehen …

LAOLA1: Kurzer Abstecher nach Österreich: Der SK Rapid sucht einen neuen Sportdirektor. Welches Anforderungsprofil muss er erfüllen, um diesen Job ausfüllen zu können, Herr Hörtnagl?

Hörtnagl: Diese Frage wurde mir schon mal gestellt, bevor Herr Schulte kam. Ich habe damals geantwortet, dass ich nicht sagen will, wie das Anforderungsprofil sein sollte, weil das die Verantwortlichen aufbereiten und danach einen aussuchen werden.

LAOLA1: Anders gefragt: Welches Profil würden Sie erstellen, wenn Sie einen Verein leiten würden?

Hörtnagl: Es hat keinen Sinn, das auf Rapid umzumünzen. Als Sportdirektor in einem Verein ist es meiner Meinung nach aber wichtig, eine Philosophie festzulegen. Es müssen mittel- und langfristige Ziele definiert werden, um zu wissen, wo die Reise hingehen soll. Ein Sportdirektor sollte mitgestalten. Danach müssen die strategischen Entscheidungen ausgerichtet werden. Er sollte den nationalen und internationalen Markt kennen und ein Netzwerk haben. Dazu braucht er Verhandlungsgeschick und muss Menschen überzeugen können. Ein wirtschaftliches Denken wäre auch nicht schlecht, dazu auch eine gewisse Menschenführung.

LAOLA1: Abschließend bitte ich Sie um eine Schlagzeile, die Sie nach Saisonende gerne lesen würden.

Kogler: Dass wir ein tolles, erfolgreiches Spieljahr 2013/14 hatten.

Hörtnagl: Die Mannschaft hat sich entwickelt, eine starke Saison gespielt und ihre Ziele erreicht. Der gesamte Verein hat sich weiterentwickelt.

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Christoph Nister