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"Weiß, dass ich nicht alles perfekt gemacht habe"

Kann ein Spieler mit 21 Jahren bei einem Verein gescheitert sein? Eher nicht. Schon gar nicht, wenn Deutschland ruft und man Kapitän der ÖFB-U21 ist.

Dominik Wydra hatte es bei Herzensklub Rapid nicht immer leicht, verdankt den Grün-Weißen andererseits jedoch den Aufstieg vom Nachwuchs- zum Profispieler.

Schmutzwäsche zu waschen ist für den Wiener ein „No go“, viel mehr nimmt er sich selbst bei der eigenen Nase, gesteht Fehler ein und unterstreicht:

„Ich bin jetzt nicht auf der Flucht vor Rapid gewesen. Als der Anruf von Paderborn kam, war für mich klar, dass ich den Schritt machen werde.“

Im LAOLA1-Interview spricht Wydra über die erste Auslandsstation Paderborn, den gut überlegten Abschied von Rapid und Zufriedenheit, obwohl nicht immer alles perfekt war.

LAOLA1: Der Wechsel nach Paderborn ist fixiert: Wie groß ist der Schritt für dich?

Dominik Wydra: Das ist ein sehr großer Schritt, vor allem sehe ich es für mich als neue Herausforderung. Ich möchte aber betonen, dass ich im Guten mit Rapid auseinandergegangen bin und bis zum Schluss mit jedem ein positives Verhältnis gehabt habe. Für mich ist es nur ein Schritt auf meiner Karriereleiter, den ich jetzt unbedingt machen wollte und schon seit längerer Zeit geplant habe. Die 2. deutsche Liga ist zum jetzigen Zeitpunkt perfekt, da ich die letzten Jahre bei Rapid alles gelernt habe, um zu wissen, dass ich im Ausland bestehen kann. Dadurch fällt mir der Wechsel auch leichter als gedacht.

LAOLA1: War Paderborn aufgrund der sportlichen Situation bei Rapid der einzige Ausweg?

Wydra: Nein, war es nicht. Ich habe viel mit dem Trainer und Sportdirektor gesprochen, die Vorbereitung ganz gut mitgemacht und gutes Feedback in den Testspielen bekommen. Auch im ÖFB-Cup gegen Weiz habe ich von Anfang an gespielt. Ich bin jetzt nicht auf der Flucht vor Rapid gewesen, das hatte nichts damit zu tun, ob ich gespielt hätte oder nicht. Als der Anruf von Paderborn kam, war für mich klar, dass ich den Schritt in die richtige Richtung machen werde.

LAOLA1: Du hast schon länger mit dem Gedanken gespielt. Wie lange hat die Entscheidung, Rapid zu verlassen und ins Ausland zu gehen, reifen müssen?

Wydra: So wie das Frühjahr für mich verlaufen ist, habe ich mir schon Gedanken über meine Zukunft gemacht. Der Entschluss ist mit Mai, Juni gefällt worden, bei den ÖFB-U21-Spielen wurde ich beobachtet. Bei Paderborn habe ich gewusst, dass sie einen Spieler auf dieser Position brauchen. Sie haben mich im Trainingslager beobachten lassen, dann kam der Anruf. Die Entscheidung war glasklar, ich habe mich dazu bereit gefühlt.

 

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Posted by SC Paderborn 07 e.V. on Montag, 20. Juli 2015

LAOLA1: Laut deinem Berater Max Hagmayr gab es schon länger Kontakt, bis zu vier Vereine waren konkret. Was hat dich an Paderborn gereizt?

Wydra: Paderborn passt am besten, weil sie unbedingt jemanden für das zentrale Mittelfeld brauchen, der ihnen sofort weiterhelfen kann. Das traue ich mir zu. Auch das ruhige Umfeld, wo ich mich wirklich auf den Fußball konzentrieren kann, ohne mich von anderen Dingen ablenken zu lassen, war entscheidend. Für meine Entwicklung ist es der perfekte Schritt. Das Umfeld, das Stadion, die Mannschaft – alles passt. Der Eindruck hat sich in den letzten Tagen vor Ort bestätigt.

LAOLA1: Nach dem ersten Lokalaugenschein: Was hat Paderborn, was Rapid nicht hat?

Wydra: Das ist schwer zu sagen, aber allgemein sind die Stadien und die Infrastruktur vielleicht noch mit Rapid und Salzburg, aber keiner anderen Mannschaft in Österreich zu vergleichen. Es ist schon alles sehr professionell. Vor allem die Stärke der 2. deutschen Liga in diesem Jahr macht es aus. Da hat man fast jede Woche einen Hammer-Gegner und spielt auswärts vor 40.000 oder 50.000 Leuten.

LAOLA1: Noch dazu waren Paderborns Auftritte in der Bundesliga recht respektabel, auch wenn es schlussendlich nicht zum Klassenerhalt gereicht hat.

Wydra: Genau, ich habe mich im Vorfeld schlau gemacht. Der Abstieg war nicht unbedingt gerechtfertigt, da gab es schlechtere Vereine. Aber es ist so passiert. Für mich ist es vielleicht nicht so schlecht, weil mein Wechsel sonst möglicherweise gar nicht zustande gekommen wäre. Aber ich freue mich darauf und will bei der neu entstandenen Euphorie in die Bundesliga aufsteigen.

LAOLA1: Auffallend ist, dass du nach Marko Maric (Hoffenheim) und Brian Behrendt (Bielefeld) der dritte Rapidler bist, der diesen Sommer nach Deutschland gelotst wurde. Ist da eine Tendenz zu erkennen?

Wydra: Das ist mehr Zufall, als das ein Gedanke dahinter steckt. Aber klar steht man bei Rapid in der Auslage, auch wenn man nicht so viel spielt. Rapid ist international noch immer ein sehr gefragter Verein, das merke ich, egal, wo ich hinkomme. Deutschland war für mich immer schon die erste Adresse.

LAOLA1: „Ich bin und bleibe Rapidler durch und durch“, wurdest du zitiert. Wie sehr schmerzt die Trennung nach zwölf Jahren?

Wydra: Das war eine sehr lange Zeit. Ich werde mich am Dienstag noch bei allen persönlich verabschieden. Die Jahre bei Rapid haben mich geprägt, ich werde für immer Grün-Weiß sein, mir Spiele anschauen und mit der Mannschaft in Kontakt bleiben. Zur Zeit bin ich nur froh, dass in der 2. deutschen Liga kein Verein mit violettem Dress herumläuft.

LAOLA1: Dein 18. Geburtstag wird dir wohl in besonderer Erinnerung bleiben.

Wydra: Das war der erste Profi-Einsatz, gegen Kapfenberg, damals noch unter Peter Schöttel. Das werde ich nie vergessen, auch wenn es nur ein paar Minuten waren, ohne einen einzigen Ballkontakt. Geburtstag am Platz zu feiern, war dann schon toll.

LAOLA1: Du warst schon sehr früh dabei. Wie siehst du deine Entwicklung über die Jahre?

Wydra: Ich bin schon mit 17 im Winter hochgezogen worden, habe im ersten Jahr viel gelernt und erst im November mit der Europa League in Leverkusen angefangen, öfter zu spielen. Wie bei jedem jungen Spieler hat es Höhen und Tiefen gegeben, aber ich bereue überhaupt nichts. Ich habe bei Rapid einiges erreicht, auch wenn ich Dinge anders machen hätte können. Es ist vielleicht nicht ganz so verlaufen, wie ich es mir vorgestellt habe, aber so ist es nun einmal. Trotzdem bin ich froh, die ersten dreieinhalb Jahre meiner Profikarriere bei Rapid begonnen zu haben.

Als Kapitän der ÖFB-U21 machte Wydra auf sich aufmerksam

LAOLA1: Es schlummert also durchaus noch mehr Potenzial in dir, dass du in Paderborn ausschöpfen willst.

Wydra: Nicht unbedingt, dass ich mehr kann, ich habe auch bei Rapid gute Spiele gemacht. Aber ich weiß, was ich kann und dass ich der Mannschaft weiterhelfen kann. Ich will zeigen, dass sie mich zurecht geholt haben und auf mich bauen.

LAOLA1: Wie groß siehst du die Chancen, bei Paderborn zum Stamm zu gehören?

Wydra: Das war schon ein Mitgrund. Ich habe mit dem Trainer und Sportdirektor ein sehr positives Gespräch gehabt. Die Konkurrenz ist natürlich groß, aber es sind zwei gestandene Mittelfeldspieler, mit denen ich mich um den Platz in der Zentrale matchen werde. Das Spielsystem ist so wie bei Rapid. Aber ich rechne mir gute Chancen aus. Wenn ich alles zeigen kann, kann ich eine gute Rolle spielen.

LAOLA1: Worauf wird es in Deutschland auf und abseits des Platzes ankommen?

Wydra: Alles ist einen Tick professioneller, die Liga ist sehr ausgeglichen, auch von der Qualität der Spieler her. Der Unterschied zu Österreich ist, dass Kleinigkeiten entscheiden. So wird das erste Auslands-Engagement kein Problem. Natürlich tut es mir ein bisschen weh, weg von Rapid und Wien zu sein. Aber ich habe ein sehr gutes Gefühl, die Stadt ist angenehm und ich bin ein offener Mensch.

LAOLA1: Legionär mit 21 Jahren, zudem ÖFB-U21-Kapitän. Wurde bei dir vielleicht oft vergessen, dass du noch viel Zeit vor dir hast, um deine Ziele zu erreichen?

Wydra: Ich bin jetzt dreieinhalb Jahre bei Rapid in der Kampfmannschaft gewesen, vielleicht haben es einige deshalb vergessen, dass ich noch relativ jung bin. Es hängt ja nicht vom Alter ab, natürlich habe ich noch viel Zeit, mich in der zweiten, vielleicht sogar in der ersten deutschen Liga oder im A-Team zu etablieren, das wäre ein Traum. Aber daran denke ich eigentlich nicht. Ich freue mich auf jedes Spiel, in dem ich auf dem Platz stehe.


Das Gespräch führte Alexander Karper

LAOLA1: Zwischenzeitlich hat der steile Aufstieg gestockt. Wo siehst du die Gründe dafür?

Wydra: Ich weiß es nicht genau, aber ich bin jetzt 21 Jahre und brauche mir keine Vorwürfe machen, dass ich bei Rapid mehr erreichen hätte können. Ich habe immer alles gegeben und mich auch weiterentwickelt – auch wenn das manche Leute nicht so gesehen haben. Ich für mich weiß das aber, bin stärker als je zuvor.

LAOLA1: Bei Rapid wurdest du oft als Riesentalent bezeichnet, dass seinen Weg machen wird. Hat in gewissen Phasen vielleicht doch das nötige Vertrauen gefehlt?

Wydra: Es wurden mir schon Konkurrenten vor die Nase gesetzt, aber ich will mich nicht auf „was wäre wenn“ versteifen. Es ist, wie es ist, ich bin zufrieden und es war für meine Entwicklung sicher nicht schlecht. Gerade die Tiefen haben mich im Kopf weitergebracht, alles ist aus einem bestimmten Grund passiert. Ich trauere keinen Einsatzminuten nach, bin auch keinem böse, so bin ich nicht. Ich schaue positiv in die Zukunft.

LAOLA1: Würdest du dir somit selbst Fehler eingestehen, die dich gebremst haben?

Wydra: Auf jeden Fall, ich bin keiner, der Fehler bei anderen sucht. Ich weiß, dass ich nicht alles perfekt gemacht habe. Aber ich habe alles, was ich für mich persönlich erreichen wollte, um mich weiterzuentwickeln, geschafft. Ob es dann genügend Spiele waren oder ob der eine oder andere meint, ich hätte mich nicht durchgesetzt, ist mir eigentlich egal.