LAOLA1: Wie würden Sie das Niveau der zweiten deutschen Liga einordnen. Ist es mit der österreichischen Bundesliga auf einem Level, oder durch das Ambiente darüber zu stellen?

Stöger: Das ist schwer zu vergleichen. Wir haben daheim fast immer 50.000 Zuschauer im Stadion, auswärts sind die Begegnungen gegen den 1. FC Köln fast immer ausverkauft. Ich bin bei einem Klub engagiert, der enorm polarisiert – nicht nur in der eigenen Stadt, sondern in ganz Deutschland. Es gibt aber auch Begegnungen mit nur ein paar Tausend Besuchern in der Liga. Da sind dann aber die sogenannten Spitzenteams nicht dabei. Von der Leistungsstärke ist es für mich noch nicht ganz einzuschätzen, weil ich noch nicht alle Gegner kennengelernt habe. Da kann ich wohl gegen Weihnachten mehr darüber berichten. Für mich ist aber klar, dass Mannschaften wie Austria, Salzburg oder Rapid hier um die Meisterschaft mitspielen würden. Der eine oder andere ÖFB-Klub würde sich in der Mitte wiederfinden. Es ist eine ähnliche Qualität. Der echte Unterschied ist die vorhandene Größenordnung mit Fassungsvermögen bis 50.000 Zuschauern und Spielstätten, die mit 20.000, 30.000 Leuten permanent ausverkauft sind. Und jetzt stellt sich die Frage: Wie würden sich Teams, die in Österreich vor 3.000-4.000 Zuschauern auftreten, vor 30.000 Fans präsentieren? Würden sie bei einer solchen Kulisse mehr Gas geben? Daher ist es ein schwieriger Vergleich. Durch das ganze Umfeld ergibt sich in Deutschland ein ganz anderer Ansporn. Ob das jemand, der nicht fix in dem Fußball-Geschäft tätig ist, verstehen kann, weiß ich nicht, weil man ja immer davon spricht: Profi ist Profi. Aber es ist halt immer schöner Profi, vor 50.000 als vor 3.000 Fans zu sein.

LAOLA1: Auch wesentlich größer als in Österreich ist die Medienlandschaft. Von den als eher rau bekannten Kölner Medien gibt es nur Lobeshymnen. Machen Sie diese stolz?

Stöger: Es zeigt mir, dass sie Respekt vor unserer Arbeit haben. Das ist ein ganz wichtiger Faktor. Jeder macht halt seinen Job. Der Klub 1. FC Köln ist vom Interesse her irrsinnig groß. Dementsprechend ist auch die Berichterstattung. Und ich versuche so viel möglich an Information weiterzugeben. Das funktioniert ganz gut. Ich habe das medial ganz schwierige Umfeld noch nicht kennengelernt – vielleicht weil wir die ganz große Krise noch nicht hatten. Aber auch bei Spielen, die nicht so gut waren, war die Beurteilung sachlich und nicht untergriffig oder überzogen. Ich habe einfach das Gefühl, dass sich alle wahnsinnig für den Verein interessieren.

LAOLA1: Man kann also sagen, dass sie sich in Köln pudelwohl fühlen und auch das Leben in der Stadt genießen?

Stöger: Ja, ich bin zwar Fußballtrainer, aber auch Privatmensch. Ich gehe gerne auf einen Kaffee oder am Abend auf ein Kölsch. Ich weiß nicht, wie es meine Vorgänger gemacht haben, aber ich bin wie ich bin. Und ich habe das Gefühl, dass diese Art den Kölnern gefällt. Sie sehen, dass ich mich hier heimelig fühle. Wenn ich schon so eine lebendige Stadt vor meinen Füssen habe, wäre es unklug, mich nur einzusperren und auf den nächsten Tag zu warten.

LAOLA1: Apropos lebendig. Kevin Wimmer zeigt in dieser Saison auf. Was haben Sie mit ihm gemacht, schließlich stand er letztes Jahr quasi am Abstellgleis?

Stöger: Ich habe eigentlich nichts Spezielles gemacht, sondern ihn so wie jeden anderen behandelt. Er hat einfach an sich gearbeitet – und das wirklich gut. Als ich gekommen bin, war er nicht ganz fit, hatte eine leichte Verletzung. Zudem hatte er zuviel Speck um die Hüften. Da habe ich ihm gesagt, dass es schwierig wird, wenn er nicht im körperlichen Bereich etwas zulegt. Das hat er getan und auf seine Chance gewartet, denn ich habe ihm auch gesagt, dass es keinen Österreicher Bonus gibt. Dann hat er von zwei Ausfällen profitiert, ist zweimal reingekommen und hat seine Sache wirklich tadellos absolviert. Wir haben dann keinen Grund gesehen, ihn wieder aus dem Team zu nehmen.

LAOLA1: Auffällig ist, dass ihr nur fünf Gegentore bekommen habt. Ist die Abwehr das Prunkstück der Mannschaft?

Stöger: Es spricht eigentlich alles dafür, dass wir die stärkste Offensive haben. Irgendwie ist die Geschichte wie bei Austria Wien. Auch dort haben wir nicht viele Tore bekommen. Wir versuchen in Köln ebenfalls viel in Ballbesitz zu sein und Druck aufzubauen, damit wir weniger Defensiv-Arbeit verrichten müssen. Die Jungs haben sich nach anfänglichen Schwierigkeiten immer besser darauf eingestellt, wie sie verteidigen müssen. Man darf nicht vergessen, dass wir zu Beginn nur acht Spieler im Training hatten, in der zweiten Woche waren es zwölf. Erst gegen Ende der Vorbereitung und Beginn der Meisterschaft war der komplette Kader beisammen. Die schnelle Umsetzung freut mich, denn wenn man keine Tore schießt, darf man eben auch keine bekommen.

LAOLA1: Sie haben es schon angesprochen: Köln ist nominell im Sturm ganz stark aufgestellt. 17 Liga-Tore sind aber ausbaufähig.

Stöger: Stimmt, da erwarte ich mir mehr. Wir liegen da hinter unseren Möglichkeiten. Statistisch gesehen erspielen wir uns die meisten Großchancen, doch da wir erst 17 Tore geschossen haben, sind wir auch jenes Team, das die meisten Großchancen vergibt. Erfreulich ist, dass wir uns die Chancen herausspielen. Negativ ist, dass wir diese Möglichkeiten eben liegen lassen und die Spiele ganz knapp ausgehen. In dem Bereich ist noch einiges zu tun.

LAOLA1: Am kommenden Montag steigt der große Schlager gegen den Tabellenzweiten Union Berlin. Haben Sie die Berliner so stark eingeschätzt?

Stöger: Ich hatte die Berliner auf der Liste. Die einzige Mannschaft, die für mich hinterherhinkt ist Fortuna Düsseldorf und mit Abstrichen 1860 München. Ich habe Greuther Fürth, Kaiserslautern, Berlin und Düsseldorf auf der Rechnung. Diese Mannschaften habe ich vorne erwartet. Das Duell gegen Union wird schwierig. Sie sind bisher auswärts noch ungeschlagen. Vier von unseren sechs Unentschieden waren gegen Fürth, Kaiserslautern, Düsseldorf und 1860 – also in den Spitzenspielen. In denen konnten wir noch keine drei Punkte holen. Und daran müssen wir arbeiten.

LAOLA1: Sie haben bei der Austria ihren Spielern oft gesagt, dass sie gewisse Phasen auch genießen sollen. Genießen Sie jetzt ihre Zeit in Köln?

Stöger: Ich genieße es extrem! Das Leben in Köln ist wirklich angenehm. Die Leute sind sehr euphorisch und heimatverbunden. Zudem sind die Kölner sehr kommunikativ und freuen sich, wie wir spielen. Und: Gegenüber dem Trainerteam und der Mannschaft ist ein unheimlicher Respekt zu spüren. Das alles kann man natürlich genießen – vor allem im eigenen Stadion. Wenn man dort Spiele erleben darf, weiß man, dass es etwas Außergewöhnliches ist. Das ist schon für Deutsche so und dann kann man sich vorstellen, wie es für Manfred Schmid und mich sein muss. Es ist ein Vergnügen. Selbst Auswärtspartien werden mit 3000-6000 Fans aus Köln besucht. Bei aller Demut und Dankbarkeit so einen Klub trainieren zu dürfen, genieße ich es auch. Ich habe gelernt, den Genuss nie zu kurz kommen zu lassen, weil man nicht weiß, wie lange es einem gut geht.