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"Du musst damit einverstanden sein"

Sieben Spiele absolvierte Terrence Boyd seit seiner Verletzungspause.

Der Neuzugang von RB Leipzig, der im Sommer für zwei Millionen Euro von Rapid nach Deutschland wechselte, verbuchte bislang drei Treffer: Einen im Pokal beim 3:1 nach Verlängerung gegen Erzgebirge Aue sowie vor rund zwei Wochen zwei beim 4:1-Heimsieg gegen den FC St. Pauli.

Als einen „Great day at the office“ bezeichnete der 23-Jährige seinen Doppelpack auf Facebook. In den vergangenen drei Spielen stand der US-Stürmer in der Startformation von Alexander Zorniger.

Es war schlimm für den Kopf

Die erste Phase der Meisterschaft zu verpassen, fiel dem Wirbelwind naturgemäß schwer.

„Ich bin schon einer, der sehr viel lacht und gute Laune hat. Aber ich muss schon sagen, die ersten Wochen waren hart. Das frisst dich auf und ist für den Kopf schlimm“, schildert Boyd bei LAOLA1.

Knapp vor Saisonbeginn verletzte sich der Angreifer. Erst ging man lediglich von einer Kreuzbanddehnung aus, doch in Augsburg wurde schließlich ein Kreuzbandanriss diagnostiziert.

„Du bist im Konkurrenzkampf, willst alles zeigen, was du kannst, willst spielen und das war dann einmal vorbei. Das war genau im letzten Freundschaftsspiel vor dem Saisonstart. Aber du musst positiv denken und es war gut, dass ich an der Mannschaft und am Trainer dran war, weil die immer mit mir geredet haben“, hatte Boyd gleich einen guten Draht zu seinen neuen Kollegen.

„Alle sind locker drauf“

Das ist ob seines Naturells nicht weiter verwunderlich. Zudem wird ähnlich wie in Salzburg sehr auf das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Mannschaft wertgelegt. Das fiel Boyd schnell auf.

„Wir sind alle keine Stars hier, alle sind gleichgestellt. Jeder ist mit jedem gut, alle sind locker drauf.“

Wie in Rapid-Zeiten rackert Boyd auch weiterhin viel auf dem Platz. „Man weiß ja, dass ich so einer bin, der alles reinhaut. Ich bin einer, der über Leidenschaft, Einsatz und Willen kommt. Ich versuche etwas zu bewegen, wenn ich auf dem Platz bin. Das ist klar. Und natürlich will ich Tore schießen.“

Verändert hat sich freilich die Spielweise. Leipzig ist ein anderes Pflaster als Wien, wo der Fan der New York Giants in zwei Saisonen insgesamt in 80 Spielen 37 Mal das Runde ins Eckige nagelte.

Salzburg kam nie in Frage

Als Red Bull Interesse am Torjäger hatte, kam für den auch nur Leipzig in Frage und nicht Salzburg.

„Ich habe gleich zu Herrn Rangnick gesagt, wenn ich hierher komme, dann besteht die Option Salzburg für mich nicht. Weil ich Rapid nicht in der eigenen Liga schwächen bzw. den Schritt machen wollte. Ich weiß, dass viele sehr unzufrieden damit waren, aber es war meine Entscheidung und ich denke, ich habe auch die richtige getroffen. Hier lerne ich noch einmal einen anderen Fußball kennen. Das hilft mir mehr weiter, als wenn ich jetzt zu einem anderen Verein gegangen wäre, die einfach nur einen Tank brauchen, der Bälle hält, sich dreht und schießt. Hier musst du viel mehr machen. Du entwickelst dich als Trainer und Spieler weiter.“

Nichtsdestoweniger wurde Boyd, der in diversen Social-Media-Portalen auftritt, angefeindet. Der Protagonist versteckte sich daraufhin nicht.

„Es hat ein paar Dinge gegeben, das sagt eigentlich kein anderer Profi. Aber ich bin ja nur ehrlich zu denen. Ich denke, das zeichnet mich auch aus, warum soll ich herumlügen? Ich habe jeden Tag Kommentare, wo jemand sagt, ich soll mich verpissen, das ist normal. Aber dann brauchen sie auch nicht auf meine Fanpage gehen. Das verstehe ich dann auch nicht (grinst).“

„Sie schauen mehr auf die Fassade“

Mit dem muss Boyd leben, auch in Leipzig. Das rote Tuch des deutschen Profi-Fußballs bekommt im ganzen Land die Antipathie zu spüren, doch das schweißt das Team auch noch mehr zusammen.

„Ich denke aber auch, dass das jetzt eine Phase ist. In ein paar Jahren hat sich das auch gelegt. Die schauen mehr auf die Fassade als auf das Innere. Wir sind keine Star-Truppe, die zusammengekauft wurde und mit individueller Klasse Tore erzielen soll. Wir sind ‚No-Name‘-Spieler, die sich in jedem Spiel den Arsch aufreißen, deutlich mehr Kilometer abspulen als der Gegner und so erfolgreich sind. Aber jeder muss es für sich selbst wissen, ich finde das unangebracht.“

Am Ende des Tages geht es Boyd und seinen Kollegen wie den ÖFB-Kickern Niklas Hoheneder, Georg Teigl und Stefan Hierländer ohnehin nur um eines: Sich den großen Traum Bundesliga zu erfüllen.

„Der ist bei uns allen sehr groß. Mehr kann man dazu nicht sagen.“ Und er lacht wieder.

 

Bernhard Kastler

„Du musst damit einverstanden sein“

Gegenpressing ist im Fußball-Hause Red Bull das geflügelte Wort.

„Da musst du einfach damit einverstanden sein. Der Trainer polt uns ja so, dass es auch Sinn ergibt. Wir merken selbst, dass du bei einem Ballgewinn in der gegnerischen Hälfte einfach viel mehr Chancen hast. Weil die Abwehr da auch nicht organisiert ist. Der Aufwand, der scheiß hart ist, lohnt sich dann aber auch. Das ist cool, dann läufst du gerne“, ist Boyd damit einverstanden.

Eine Umstellung gab es, der Trainingsalltag wurde intensiver. „Hier musst du auch einfach 100 Prozent geben, ganz normal. Wir machen hier eben spezifische Dinge, die mit dem Pressing zu tun haben. Beispiel Georg Teigl: Der kam auch aus der Pressingschule von Roger Schmidt, der war hier aber auch einmal am Pusten. Da muss man sich erst einmal dran gewöhnen.“

Soriano und Alan als Vorbilder

Den erzielten Ertrag konnte der kreative Torbejubler bereits in Österreich sehen, als sich etwa Salzburgs Jonatan Soriano und Alan durch die Spielweise zu wahren Tormaschinerien entwickelten.

„Die beiden machen einen super Job. Da sieht man auch vom Pressing her, wieviel Kisten die gemacht haben. Das ist ja nicht normal“, schüttelt der Ex-Liga-Konkurrent ungläubig den Kopf.

Wenn allerdings der Aufwand der ganzen Mannschaft nicht groß genug ist, kommen die Leipziger wie vergangene Woche bei Sandhausen nicht über ein 0:0 hinaus. Aktuell rangieren die „Roten Bullen“ auf Rang sieben in der zweiten deutschen Bundesliga, mit nur zwei Punkten Abstand auf Rang zwei.

Am Sonntag gastiert dann Tabellenführer FC Ingolstadt mit ÖFB-Trainer Ralph Hasenhüttl sowie den ÖFB-Legionären Ramazan Özcan und Lukas Hinterseer in der Red-Bull-Arena.

„Rapid war kein normaler Klub“

Noch nie war das Stadion bei einem RB-Heimspiel ganz voll, aber mit der Entwicklung zeigt man sich zufrieden. Die jahrelang Profifußball-lose Region lechzt nach solchen Spielen. Das spürt auch Boyd.

„Die Fans sind super hier, peitschen uns richtig nach vorne. Das tut auch gut, denn auswärts bekommen wir nicht so viele Sympathien. Die Leipziger stehen voll hinter uns, auch die Zuschauerzahlen sind super.“ Freilich war die Neuverpflichtung in Wien aber anderes gewohnt.

Auf Rapid angesprochen hat der Stürmer noch immer sehr viel zu erzählen.

„Rapid war auf jeden Fall ein sehr wichtiger Teil in meinem Leben. Ich glaube, ich werde für immer ein Grüner bleiben. Das ist kein normaler Klub gewesen, da waren einfach zu viel Emotion und Leidenschaft mit dabei. Das war einfach krank. Wir waren letztes Jahr einmal in einer fetten Krise, in der wir lange nicht gewonnen haben und dann wollten schon die eigenen Ultras, dass wir aus dem Mannschaftsbus aussteigen. Wenn du schon vor den eigenen Fans Angst haben musst… Auf der anderen Seite habe ich ein Derby-Tor geschossen und es war das beste Gefühl, dass ich in meinem Leben hatte. Da hatten wir zweieinhalb Jahre oder so das Derby nicht gewonnen und dann habe ich das Ding gemacht. Da bin ich zwei Wochen später durch Wien gegangen und irgendein Typ hat mir dafür in einem Club einen Drink ausgegeben. Er bedankte sich, aber das Derby war ja schon zwei Wochen her. Ich fragte ihn, ob das sein Ernst sei…? Da merkt man, sie leben echt dafür. Das war einfach super.“