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Die neue Perspektive des Georg Teigl

Die neue Perspektive des Georg Teigl

„Bei Georg Teigl habe ich am Anfang immer nur gehört, er sei ‚nur schnell‘. Und: Er ist richtig schnell! Ich kenne in Deutschland keine zwei Spieler, die schneller sind. Er bringt also schon etwas mit, das muss man weiterentwickeln.“

Das sagte Ralf Rangnick im Jänner 2013. Ein Jahr später holte der Sportdirektor von Red Bull Salzburg und RB Leipzig den damals 22-Jährigen von Österreich nach Deutschland.

Wiederum fast ein Jahr später hält der 56-Jährige fest: „Das war eine Win-Win-Win-Situation.“

„Ich sehe mich schon als Gewinner“

Zweifelsohne war Teigl bislang einer der ganz großen Gewinner, was das erfolgreiche Nützen der Synergien innerhalb der Red-Bull-Fußball-Sektion betrifft. So sieht das der Österreicher auch selbst.

„Ich bin aus einer Situation heraus, wo ich wenig Land gesehen habe, zu einem neuen Verein gekommen. Jetzt spiele ich. Deswegen würde ich mich schon als Gewinner sehen.“

In der Winterpause 2013/14 profitierte Teigl von der schweren Verletzung Christian Müllers. Das Knie des Stammspielers und Vizekapitäns war ruiniert und er musste später seine Karriere beenden.

In Salzburg war Teigl indes Reservist, der in der Herbstsaison unter Trainer Roger Schmidt nur auf sechs Liga-Einsätze kam, dabei nur einmal von Beginn weg auf seiner Position als Rechtsaußen.

Es reichte summa summarum gerade einmal für 107 Minuten. An Kevin Kampl und Co. gab es kein Vorbeikommen.

Aus der Not eine Tugend gemacht

Leipzig brauchte also einen Rechtsverteidiger. Das hatte Teigl de facto nie gespielt, außer in Trainings- oder Testspielen. Doch dem Blondschopf wurde die Chance in der 3. deutschen Liga gegeben.

„Mir wurde das Vertrauen geschenkt und gesagt, ich würde die perfekten Voraussetzungen mitbringen. ‚Schau, dass du etwas daraus machst‘, wurde mir mitgegeben“, erinnert sich der 23-Jährige, der 2009 vom Nachwuchs des SKN St. Pölten aus nach Salzburg zu den Juniors ging.

Im Frühjahr trug Teigl mit 13 Einsätzen, vorwiegend über 90 Minuten, seinen Anteil dazu bei, dass Leipzig den zweiten Platz belegte und den Aufstieg in die zweite deutsche Bundesliga schaffte.

In dieser fehlte er bislang kein Spiel und durfte sich bis auf zwei Ausnahmen auf seiner neuen Rolle präsentieren.

„Meine Spielzeiten drücken aus, dass ich mich einfach entwickelt habe“, zeigt sich der Abwehrspieler hinsichtlich seiner Rolle zufrieden. Freilich benötigte es aber dafür auch eine Anlaufzeit.

Teigl will seinen Kollegen auch weiterhin als Rechtsverteidiger helfen.

„Mein Fokus gilt dieser Position, da sehe ich mich. Den Weg habe ich eingeschlagen und den werde ich auch weitergehen. Da führt kein Weg vorbei. Weil es eine perfekte Position für mich ist. Am Anfang habe ich es auch kritisch gesehen, etwa bei Tests in Salzburg, wollte weiter vorne spielen. Aber wenn du vorne kein Land siehst, die Dichte groß ist, warum nicht als offensiver Verteidiger?“

Vor allem, wenn Fußball-Österreich mit solchen Spielern ohnehin nicht über die Maße gesegnet ist.

Stichwort Nationalteam: Deutsche Journalisten haben den Aufsteiger, der zuletzt als U21-Teamspieler (acht Einsätze) ÖFB-Kontakt hatte, schon darauf angesprochen.

Trainer Alexander Zorniger scheinbar auch: „Wenn ich sehe, wer aus der zweiten deutschen Bundesliga ein Thema für das Team ist, ist Georg Teigl auch nicht so weit weg. Er muss Konstanz reinbringen und mehr Überzeugung mitbringen."

Der Protagonist, der im Nachwuchs unter anderem die U20-WM 2011 in Kolumbien spielte, hat dahingehend keine Eile.

„Ich kann nur meinen Job machen, mich verbessern und gute Spiele abliefern, vielleicht werde ich einmal berücksichtigt. Mehr kann ich nicht machen."

Was Zorniger sich wünscht

Die Geduld wird Teigl ob der Einberufungspolitik von Marcel Koller im Normalfall wohl auch brauchen. Die Zeit muss Teigl weiter nützen.

"Bei ihm ist die Grenze noch nicht abzusehen. Seine Geschwindigkeit ist seine größte Waffe, daraus muss er noch viel mehr machen. Georg ist ein Spieler, der nicht sagen muss: ‚Hier bin ich, gib mir den Ball‘. Er muss sagen: ‚Ab jetzt, hier in den Raum, dort will ich den Ball hinhaben.' Das macht er noch zu wenig. Er hat sich aber brutal weiterentwickelt im letzten dreiviertel Jahr", lobt Zorniger.

Und ein weiterer Pluspunkt: Teigl kann eben auch weiter vorne spielen, wie etwa in Düsseldorf, wo der ÖFB-Legionär beide Tore beim 2:2 gegen die Fortuna erzielte.

„Das war eine Reise zurück. Unter Ricardo Moniz habe ich noch als Stürmer gespielt, aber zwei Tore sind mir da auch nie gelungen, das war überhaupt das erste Mal.“

Das erste Mal muss nicht das letzte Mal sein. Das weiß Teigl nun nur zu gut. Am eigentlichen Ziel ändert das aber ohnehin nichts: „Ich will ein grundlegend besserer Spieler werden.“

 

Bernhard Kastler

Eine neue Perspektive als Rechtsverteidiger

„Es ist schwierig, dass das von heute auf morgen geht. Du siehst das Spiel anders, bist gezwungen, viele Zweikämpfe zu gewinnen. Da hilft dir alle Offensivkraft nichts, wenn du einen nach dem anderen durchlässt. Das ist das Schwierigste an der ganzen Position, das taktische Verständnis bringe ich ganz gut mit, aber die Zweikämpfe sind schon etwas anderes, zumal die Spieler hier auch sehr gut sind. Aber wenn es für mich nichts zu arbeiten gibt, dann wäre es ja langweilig, oder?“, grinst Teigl.

Was der Unterschied zu Österreich sei? „Hier ist die Frequenz der Angriffe höher, du hast nie Ruhe. In Österreich kannst du mal den Ball laufen lassen, hier, kommt mir vor, ist 90 Minuten Power-Fußball angesagt. Wenn du nicht fit bist, hast du keine Chance. Es ist einfach intensiver, der physische Unterschied ist größer. Spielerisch braucht man sich in Österreich aber auch nicht verstecken.“

Offensichtlich braucht sich auch Teigl nicht zu verstecken. Auch nicht mit seiner großen Waffe: Der Schnelligkeit. Die ist vererbt, hat doch Vater Kurt ebenso seine schnellen Beine beruflich eingesetzt.

Die Schnelligkeit vom Bobfahrer-Vater

Der war 1988 bei den Olympischen Winterspielen in Calgary beim Viererbob am Start und wurde Sechster. Sohnemann Georg kann sich daran freilich nicht erinnern, war er doch noch nicht auf der Welt.

Aber er ist schnell. Verdammt schnell. „Ganz so schnell wie mein Papa werde ich nicht sein, weil er das spezifisch trainiert hat“, übt sich der Junior in Bescheidenheit. Welcher Kicker denn schneller sei?

„Ich denke mal, der Robben ist schon auch sehr schnell. Der ist bei der WM einmal 37 km/h gelaufen, das habe ich einmal im Training geschafft. Schnelligkeit ist sicher gut, aber die Frage ist, wie du sie einsetzt. Die ersten 20, 30 Meter sind wichtig“, richtet Georg den Fokus auf das Wesentliche.

Als moderner Rechtsverteidiger ist man vorne genauso gefragt wie hinten. Ideal für einen Mann, der sich schnell zu bewegen weiß.

„Das ist auch einer der Gedanken, nämlich, dass ich nicht nur hinten Bälle ablaufen, sondern auch mit Schwung in die Offensive gehen kann. Ich bin so gut wie immer vorne mit dabei. So gesehen ist gar nicht so viel anders, außer, dass ich hinten immer da sein muss.“

Bereits nach Nationalteam gefragt

Teigl hat sich mit seiner neuen Position nicht nur angefreundet, er lebt sie hörbar – übrigens in perfektem Hochdeutsch. Da stehen ihm die Landsmänner Niklas Hoheneder und Stefan Hierländer um nichts nach.

Wie zuletzt in Salzburg ist auch in Leipzig das Mannschaftsgefüge ein großes Plus. „Das ist das Um und Auf einer Mannschaft und nicht, dass einer glaubt, er ist irgendwer und andere anschnauzt. Das geht nicht. Du brauchst keine Spieler, die sich herausheben wollen. Wenn, dann nur am Platz. Wenn er da meint, er soll ein Tor schießen, bitte gerne.“