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"Wer mich kennt, weiß, dass ich nie aufgesteckt habe"

Wie ein Phoenix aus der Asche.

Lange Zeit war es still um Ramazan Özcan.

Nun meldet sich der 27-jährige Torhüter eindrucksvoll zurück.

Im November 2011 erkämpfte sich „Rambo“, wie der Vorarlberger mit türkischen Wurzeln genannt wird, die Einserposition beim deutschen Zweitligisten FC Ingolstadt.

Seither absolvierte der EURO-2008-Teilnehmer alle zwölf Partien für den Audi-Werksklub und kassierte nur neun Tore.

Auch dank ihm hat die Mannschaft von Trainer Tomas Oral die Abstiegsplätze mittlerweile verlassen.

Im LAOLA1-Interview spricht Özcan über die aktuelle Situation in Ingolstadt, sein Verhältnis zu ÖFB-Teamkeeper Robert Almer und erklärt, warum er zu Ronnie Gercaliu und Christopher Knasmüllner nichts sagen will.

LAOLA1: Ingolstadt ist seit Anfang Dezember ungeschlagen. Wie breit ist mittlerweile eure Brust?

Ramazan Özcan: Wir haben jetzt natürlich Selbstvertrauen getankt, dürfen aber nicht vergessen, dass es ein schmaler Grat zwischen Selbstvertrauen und nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren ist. Das Trainerteam hat uns gut im Griff. Wir dürfen nicht locker lassen.

LAOLA1: Durch den Erfolgslauf habt ihr euch aber definitiv eine gewisse Luft im Abstiegskampf verschafft…

Özcan: Was heißt eine gewisse Luft? Es sind nur vier Punkte. Wenn es zwei Wochen nicht gut läuft, stecken wir wieder unten drinnen. Jeder weiß, wie das Fußballgeschäft läuft. Es ist ein Tagesgeschäft. Wir versuchen immer, unsere Leistung zu bringen und sind derzeit auf einem guten Weg. Die Serie bestätigt, dass wir aktuell schwer zu knacken sind. Ingolstadt kann im Moment jedem Gegner wehtun.

LAOLA1: Du hast am aktuellen Höhenflug maßgeblichen Anteil, hast in zwölf Spielen nur neun Tore bekommen. Es läuft bei dir, oder?

Özcan: Ich bin keiner, der sich in der Öffentlichkeit selber bewertet. Dafür gibt es genug Experten, die glauben, Ahnung vom Fußball zu haben.

LAOLA1: Gibt es ein Erfolgsrezept?

Özcan: Ich fühle mich sehr wohl, bin auch körperlich absolut gut drauf. Wir haben eine tolle Truppe. Die Mannschaft arbeitet sehr gut, hat sich in den letzten Monaten ganz klar stabilisiert. Und ich bin ein Teil des Teams und mag die Art und Weise, wie wir auftreten.

LAOLA1: Du bist im Laufe der Saison zur Nummer eins aufgestiegen. Ist das der Lohn für deine harte Arbeit?

Özcan: Definitiv. Wer meine Karriere ein bisschen verfolgt und auch mitbekommen hat, wie es in Hoffenheim gelaufen ist, weiß, dass ich nie aufgesteckt habe. Ich habe an mich geglaubt, konnte immer in den Spiegel schauen und sagen, dass ich alles probiert habe. Jetzt konnte ich zwölf Spiele in Serie beweisen, was ich kann. Das macht mich stolz.

LAOLA1: Wie ist das Verhältnis mit deinem Konkurrenten Sascha Kirschstein?

Özcan: Es war immer ein professionelles Verhältnis. Ich war fair, als er gespielt hat, und umgekehrt ist es genauso. Wir pushen uns, geben Gas. Schlussendlich zählt sowieso nur der mannschaftliche Erfolg. In dieser Saison gab es schon heikle Phasen. Und dann ist es wichtig, dass jeder einzelne seine persönlichen Eitelkeiten zurücksteckt. Ein Rumgezicke tut niemandem gut.

LAOLA1: Ingolstadt ist bereits dein fünfter Verein innerhalb der letzten sieben Jahre. Warum bist du bis jetzt nie länger sesshaft geworden.

Özcan: Ich war nach meiner Zeit bei Austria Lustenau noch bei Red Bull Salzburg, Hoffenheim und Ingolstadt tätig. Die Zeit bei Besiktas zähle ich nicht wirklich dazu. Es waren nur fünf Monate Leihe und das kann man nicht wirklich als Aufenthalt bezeichnen. Ich war also sonst immer mindestens zwei Jahre beim gleichen Klub, würde mich daher nicht als Weltenbummler ansehen. Wenn man es rückblickend betrachtet, waren es auch immer erfolgreiche Zeiten.

LAOLA1: Dein Vertrag in Ingolstadt läuft noch bis Sommer 2013. Machst du dir schon Gedanken, wie es danach weitergeht?

Özcan: Ich bin kein Hellseher, weiß nicht, wie was wann läuft. Wir spielen um den Klassenerhalt. Das hat meine oberste Priorität. Ich habe jedenfalls keinen Vertrag für die dritte Liga, gehe aber auch nicht davon aus, dass wir absteigen.

LAOLA1: Ronnie Gercaliu hat den FC Ingolstadt vor ein paar Wochen verlassen. Weißt du, warum er nach seiner Verletzung nicht mehr Fuß fassen konnte?

Özcan: Ich möchte nicht im Namen anderer Leute sprechen. Das wäre unfair. Ronnie hatte eine schwere Knieverletzung. Davon hat er sich nicht gut erholt. Es hat sehr lange gedauert, bis er wieder fit war. Warum er den Verein verlassen hat, kann ich aber nicht beurteilen. Fakt ist, dass er nach seiner Rückkehr nicht gespielt hat und dann ist es für jeden Fußballer legitim, den Klub zu verlassen.

LAOLA1: Das heißt, du wirst auch nichts zu Christoph Knasmüllner und seiner Entwicklung sagen?

Özcan: Ich lobe niemanden, mache auch niemanden kaputt. Das ist nicht meine Art. Fußball ist ein ganz schwieriges Geschäft. Ich habe mit meinen 27 Jahren schon sehr viel erlebt – sowohl positiv, als auch negativ. Ich bin daher immer vorsichtig, wenn es um die Beurteilung anderer Spieler geht.

LOALA1: Mit Robert Almer spielt aktuell Österreichs Teamtorwart ebenfalls in der zweiten deutschen Liga bei Fortuna Düsseldorf. Habt ihr Kontakt?

Özcan: Telefonisch nicht, aber wir kennen uns schon seit ein paar Jahren von den Nationalmannschaften. Wenn wir gegeneinander spielen, plaudern wir natürlich vor und nach dem Match miteinander. Mich freut es für Robert, dass er in Düsseldorf die Chance erhalten und sie auch genützt hat. Er ist ein echt netter Kerl und hat sich das wirklich verdient. Er hatte es nicht immer leicht.

LAOLA1: Gibt dir der „Fall Almer“ Hoffnung,  es auch irgendwann wieder ins Nationalteam zu schaffen? Schließlich wird in Österreich nicht unbedingt häufig von der 2. deutschen Liga berichtet…

Özcan: Man muss beim Thema Nationalmannschaft vorsichtig sein. Ich bin kein mediengeiler Typ. Wenn jemand mehr in der Öffentlichkeit stehen will, um die Chancen auf eine Einberufung zu erhöhen, dann soll er es machen. Mein tägliches Brot ist der FC Ingolstadt. Wenn ich dort meine Leistungen bringe und dann Kontakte zum ÖFB hergestellt werden, wäre es natürlich das I-Tüpfelchen. Doch darüber will ich gar nicht nachdenken. Es gibt Sachen, die sich von alleine regeln.

LAOLA1: Verfolgst du noch die österreichische Bundesliga beziehungsweise hast du noch Kontrakt zu Spielern?

Özcan: Natürlich verfolge ich die Spiele. Ich habe auch noch Kontakt zu Austria Lustenau, bin regelmäßig im Ländle. Weiters habe ich Kontakt zu einigen Red-Bull-Salzburg-Spielern und zu meinen Tormann-Trainern Herbert Ilsanker und Werner Pentz. Das sind nicht nur Ex-Trainer, sondern auch Freunde. Es sind für mich Ansprechpartner - Leute, denen ich vertrauen kann.

Das Gespräch führte Martin Wechtl