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'Das ist wie, wenn Steffen Hofmann nicht spielen würde'

'Das ist wie, wenn Steffen Hofmann nicht spielen würde'

Nach sechs Jahren bei Rapid Wien wechselte Christopher Trimmel im Sommer in die deutsche Hauptstadt zum 1. FC Union Berlin.

In der Umbruchsaison nach dem Trainerwechsel - Norbert Düwel kam für Langzeit-Coach Uwe Neuhaus, der das Team aus der Oberliga in die 2. Bundesliga führte - läuft es bei den "Eisernen" jedoch bislang nicht nach Wunsch. Erst drei Punkte konnten aus den ersten vier Runden eingefahren werden, der erste Sieg lässt auf sich warten. Zudem kam im Pokal das Aus in Runde eins.

Höhepunkt der derzeitigen Negativserie: Nach der 0:4-Pleite An der Alten Försterei gegen Nürnberg sorgte der plötzliche Weggang von Fan-Liebling und Vereinslegende Torsten Mattuschka - im Vorjahr noch Kapitän der Mannschaft - zu Drittligist Energie Cottbus für großen Ärger.

Trimmel selbst stand bislang bei allen Ligaspielen in der Startelf. Allerdings sah der 27-Jährige zuletzt gegen den Club die Gelb-Rote Karte, auch in den Partien zuvor wurde er bereits dreimal mit dem Gelben Karton verwarnt.

Wie er sich angesichts dieses eher durchwachsenen Saisonstarts fühlt, warum der Wechsel von Mattuschka so große Wellen schlägt, welche Parallelen es zwischen Rapid und Union gibt und was er in Berlin vermisst, verrät Trimmel im LAOLA1-Interview.

LAOLA1: Wie gefällt es dir bei Union und in Berlin?

Christopher Trimmel: Gut! Berlin ist um einiges größer als Wien, aber schon eine geile Stadt. Der Klub ist auch ganz toll, man kann viele Parallelen zu Rapid finden. Es ist ein echter Kultverein, mit vielen Fans und großer Leidenschaft. Nur sportlich müsste es noch besser laufen, wir wollen endlich einen Sieg einfahren. Bei Union herrscht zur Zeit ein wenig Umbruchstimmung. Der neue Trainer hat die Aufgabe bekommen, neuen Schwung hereinzubringen und die Strukturen zu verändern. Meiner Meinung nach sind wir auf einem guten Weg, es fehlen nur mehr die Resultate.

LAOLA1: Was fehlt noch zum Sieg?

Trimmel: Wir haben in erster Linie das System geändert. Seit der Vorbereitung spielen wir mit Dreierkette, das hat seine Vor- und Nachteile. Wir müssen hinten stabiler werden und vorne möglichst jede Chance nutzen. Bei Rapid ist es derzeit ähnlich, ein Umbruch mit vielen jungen Spielern… Aus Erfahrung weiß ich, dass so etwas Zeit braucht. Natürlich wünscht sich jeder einzelne Fan, dass es von Beginn an mit Siegen klappt.

LAOLA1: Wie zufrieden bist du mit deiner Rolle, die ja sehr laufintensiv ist?

Trimmel: Am Anfang hab ich mir ehrlich gesagt gedacht, wenn ich rechts in der Dreierkette spiele, passt es mir nicht so, weil ich da offensiv kaum etwas machen kann. Aber der Trainer hat relativ schnell gesehen, dass ich gerne auch offensiver spiele. Dann hat er mich im rechten Mittelfeld aufgestellt. Das ist wirklich sehr laufintensiv, es hapert manchmal noch an der Abstimmung. Ich habe das System so selbst noch nicht gespielt. Es ist ein sehr langer Weg, wenn ich offensiv vorne bin und wir verlieren den Ball, wie gegen Nürnberg beim zweiten Tor, da mache ich einen Sprint über das ganze Feld und trotzdem geht es sich nicht aus, dass ich eingreifen kann. Da muss jeder wissen, was er zu tun hat. Das ist die Schwierigkeit an dem Ganzen. Aber ich bin eh der Typ, der von seiner Fitness und vom vielen Laufen lebt, das ist genau meins.

LAOLA1: Du warst bisher in jedem Ligaspiel in der Startelf. Andererseits gab es im letzten Spiel die Gelb-Rote Karte. Wie beurteilst du deine Leistung bisher?

Trimmel: Meine Leistung war – mit Ausnahme des letzten Spiels - okay. Ich bin ja ein neuer Spieler und brauche meine Zeit, bis ich mich komplett integriert habe. Das letzte Spiel war einfach unglücklich, die Rote Karte gegen meinen Teamkollegen Martin Dausch war eigentlich keine. Aber natürlich muss man schon sagen, dass wir zuvor bereits zwei Tore kassiert haben. Bei mir war die erste Gelbe ein taktisches Foul, bei der Gelb-Roten war ich mir sicher, dass ich den Ball noch erwische. Es war eine Dummheit und ich werde daraus lernen. Ich habe gedacht, dass man in Deutschland von den Schiedsrichtern her härter spielen kann als in Österreich, aber man bekommt genauso schnell eine Karte.

LAOLA1: Wie beurteilst du die Leistungsfähigkeit des Teams? Geht es in dieser Saison gegen den Abstieg?

Trimmel: Ich glaube, jeder weiß, dass wir eine Riesen-Qualität im Kader haben. Das einzige Problem ist die Feinabstimmung im System. Bei der Analyse der letzten Spiele fällt auf, dass wir 60-70 Minuten alles gut umsetzen, doch dann gibt es immer 20-30 Minuten im Spiel, in denen wir schlecht agieren. Das wollen wir so schnell wie möglich abstellen. Wenn der erste Dreier eingefahren ist, geht der Knopf auf, dann läuft es von ganz alleine.

LAOLA1: Gibt es Trainingsunterschiede im Vergleich zu Österreich?

Trimmel: Die Vorbereitung war schon härter, muss ich ehrlich sagen. Da gab es mehr Einheiten, aber sonst sehe ich von der Trainingsintensität her nicht so viele Unterschiede zu Rapid. Fitnessmäßig habe ich keine Probleme. Es gibt andere Sachen, die etwas professioneller sind. Wir sind etwa fast immer im Hotel, auch bei Heimspielen einen Tag vorher. Das kenne ich so aus Wien nicht. Der größte Unterschied für mich sind aber die Stadien und die Zuseher. Und die Rasenheizung.

LAOLA1: Du hast das Stadion erwähnt, wie gefällt dir die Alte Försterei?

Trimmel: Geil, richtig geil. Allgemein mag ich kleinere Stadien mit Stehtribünen, das ist richtig cool und laut. In Wien war immer das Problem, dass im Hanappi die Seiten offen waren, sonst wäre es auch ein richtiger Hexenkessel geworden.

LAOLA1: Was macht für dich Union aus?

Trimmel: Die Fankultur ist einzigartig. Die Fans pfeifen nie, sie feiern uns, es wird neunzig Minuten lang gesungen. Das ist schon schön, wenn man von den Fans so respektiert und unterstützt wird. Zudem ist es sehr familiär. Ich komme ja von Rapid, da ist das genauso. Ich habe jetzt noch Kontakt zu Rapid-Fans und –Spielern und werde auch immer Rapid-Fan bleiben. Das ist schon perfekt, man kommt aus Wien, super Fans, super Stadt, man geht nach Berlin, auch eine geile Stadt, dann noch zu Union, auch super Fans.

LAOLA1: Verfolgst du Rapid weiterhin? Was sagst du zum Saisonstart?

Trimmel: Sicher. Ich habe so etwas wie Helsinki noch nie gesehen. Beide Spiele eigentlich überlegen. Auch wenn drei Gegentore nach Standards gefallen sind, ich schaue mir immer an, wie man über 90 Minuten spielt, und ich finde, Rapid hat bisher immer gut gespielt. Ich hoffe natürlich für die Jungs, dass es in der Saison gut weitergeht.

LAOLA1: Gibt es etwas, was du in Berlin vermisst?

Trimmel: Die Wiener Kaffeehäuser. Ich will nicht sagen, dass in Berlin der Kaffee schlecht ist, aber in Wien ist er besser. Und meine Freunde, in Wien habe ich sie fast jeden Tag getroffen… und die Familie. Aber es ist ja nicht so weit weg.

LAOLA1: Was gibt es andersherum in Berlin, was es in Wien nicht gibt?

Trimmel: Ich bin froh, dass ich in Berlin Profi-Fußballer bin. Wenn ich kein Sportler wäre, würde ich in Berlin richtig dick werden. Das Essen ist – im Gegensatz zu Wien – viel billiger und richtig gut. Ich habe schon so viel ausprobiert und es gibt einfach nichts Schlechtes. Egal, ob ich in eine Imbissbude gehe oder in ein Restaurant.

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Henriette Werner.

LAOLA1: Wie gestaltet sich die Arbeit mit dem neuen Trainer Norbert Düwel, ursprünglich hat dich ja Uwe Neuhaus geholt?

Trimmel: Gut. Ich habe von Beginn gesagt, dass es für mich keinen Unterschied gibt. Spieler gehen, Trainer gehen, das ist heutzutage normal. Ich bin sowieso der Typ, der sich im Training beweisen will und ich denke, jeder Trainer wird seine beste Elf aufstellen.

LAOLA1: Also hast du einen guten Eindruck von Norbert Düwel? Er ist ja zurzeit, vor allem in den Berliner Medien, nicht gerade unumstritten.

Trimmel: Durch den Mattuschka-Weggang ist viel Unruhe drinnen. Die Situation vorher kann man schon damit vergleichen, wie wenn bei Rapid Steffen Hofmann nicht spielen würde. Natürlich schlägt das große Wellen. Ich weiß nicht genau, was in den persönlichen Gesprächen zwischen Mattuschka und dem Trainer besprochen wurde, im Training hat man davon nichts mitbekommen. Aber das Trainerteam ist höchst professionell und von meiner Seite aus gibt es überhaupt kein Problem. In der Presse in Deutschland ist viel geschrieben worden, das muss man nicht alles glauben. Tatsache ist, "Tusche" war unzufrieden mit seiner Rolle, dass er sehr wenig spielt. Da ist es sein gutes Recht, dass er verlangt, den Verein zu wechseln. Der Verein und speziell der Präsident haben ihm gegenüber viel Respekt gezeigt und ihm die Chance, zu seinem alten Verein Cottbus zu wechseln, nicht verbaut.

LAOLA1: Es ging nur alles sehr schnell.

Trimmel: Es ist für die Fans ein Schock, dass eine derartige Vereinslegende den Verein verlassen hat. Aber ich sehe das so, wenn du als Spieler einen Vertrag unterschreibst, unterschreibst du eigentlich auch schon deine Kündigung. Man muss akzeptieren, dass das Geschäft im Fußball so ist. Für die Fans ist es natürlich schwierig. Mattuschka war unumstritten der Fan-Liebling, das war Wahnsinn. Bei Steffen Hofmann ist das ja schon stark, aber so etwas wie bei "Tusche" habe ich noch nie erlebt. Eigene Modelinie, eigene Fangesänge... Wenn so eine Person unter solchen Umständen den Verein verlässt, ist das schon schade. Das Gute ist, dass alle Spieler und die Trainer sehr professionell damit umgehen. Jeder weiß, dass so etwas im Fußball passiert. Wir trainieren sehr hart und versuchen, alles umzusetzen, was der Trainer von uns will, damit wir in Heidenheim endlich gewinnen. Ich denke, wenn wir drei Punkte einfahren, wird das der Stimmung gut tun.

LAOLA1: Wie kommst du mit den anderen zurecht? Hast du mit Sprachbarrieren zu kämpfen?

Trimmel: Nee (!), das klappt schon. In Wien habe ich schon extrem Mundart gesprochen, aber das ändert sich ziemlich schnell, wenn man den halben Tag mit Berlinern verbringt. Ich nehme viele Wörter an, aber zuhause spreche ich wie immer. Ich verstehe mich eigentlich mit jedem, es gibt auch – ähnlich wie bei Rapid - keinen Spieler, der charakterlich nicht dazu passt.