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Unterschiedliche Herangehensweise an kleines Finale

Unterschiedliche Herangehensweise an kleines Finale

Eigentlich ist es ein Spiel, das niemand will. Platz drei ist nur ein schwacher Trost.

Dennoch ist Brasilien nach dem Debakel im Halbfinale gegen Deutschland (1:7) bei der Heim-WM auf einen versöhnlichen Abschluss aus.

Alles andere als ein Erfolg im Spiel um Platz drei am Samstag (22.00 Uhr MESZ im LAOLA1-LIVE-Ticker) gegen die Niederlande würde die Kritik am Team von Trainer Luiz Felipe Scolari nur weiter verstärken.

Brasilien in Bestbesetzung

Zwei Niederlagen infolge - unvorstellbar im Land des Rekordweltmeisters.

Während die Niederländer einigen Reservisten eine Chance auf einen weiteren WM-Einsatz geben, dürfte Scolari daher beinahe seine beste Formation aufbieten.

Anstelle des zum Sündenbock für die schwache WM gestempelten Fred dürfte im Sturmzentrum Jo beginnen. Stürmerstar Neymar fehlt weiter nach seinem im Viertelfinale erlittenen Lendenwirbelbruch.

"Wir müssen nach vorne blicken"

"Wir müssen nach vorne blicken. Das Leben geht weiter, auch die Spieler werden in Zukunft wieder Sieger sein", meinte Scolari.

Längst hat in Brasilien die Nachfolgediskussion eingesetzt. Dabei ist der Teamchef noch nicht einmal offiziell Geschichte.

"Wir haben einen Deal. Bis zum Spiel am Samstag und vielleicht auch danach werden wir ein klärendes Gespräch führen", sagte der 65-Jährige, dem das blamable Scheitern zur Last gelegt wird.

Scolari hatte den Brasilianern 2002 ihren bisher letzten WM-Titel beschert. "Es sollte auch bei diesem Turnier in Erinnerung bleiben, dass Brasilien zum ersten Mal seit 2002 das Halbfinale erreicht hat", betonte der Trainer.

Die Unzulänglichkeiten seines Teams in der Defensive haben die Deutschen allerdings schonungslos aufgezeigt. Davor hatten die Brasilianer in der K.o.-Phase schon gegen Chile (Elfmeterschießen) und Kolumbien (2:1) gezittert.

Van Gaal will kleines Finale abschaffen

Dazu werden die Niederländer erstmals befreit aufspielen. Für sie ist Platz drei nicht einmal ein Trostpreis.

Teamchef Louis van Gaal und Superstar Arjen Robben haben sich nach dem Halbfinal-Aus im Elfmeterschießen bereits öffentlich für die Abschaffung des Spiels ausgesprochen. "Ich sage schon seit zehn Jahren: Man sollte dieses Spiel um Platz drei abschaffen", so der Bondscoach.

"Das hat nichts mit meiner Auffassung von Sport zu tun", erklärte Van Gaal. "Es gibt nur einen Preis, der zählt, und das ist der Weltmeistertitel."

Umstellungen bei Oranje

Van Gaal dürfte seine Mannschaft daher ordentlich durchmischen. Der Bondscoach, der nach der WM zu Manchester United wechselt, könnte in seinem Abschiedsspiel von seinem ultradefensiven 5-3-2 zur in den Niederlanden gerne gesehenen 4-3-3-Taktik zurückkehren.

Robben könnte ebenso pausieren wie Kapitän Robin van Persie. Im Tor wird Tim Krul erwartet, der Elfmeterheld des Viertelfinales gegen Costa Rica.

Huntelaar "will Dritter werden"

Eine große niederländische Generation aber könnte ungekrönt bleiben. 2010 hatten die Niederländer auch ihr drittes WM-Finale verloren, vier Jahre später war in der Vorschlussrunde Endstation.

2018 in Russland sind die Leistungsträger Robben, Van Persie und Wesley Sneijder, mit 69,6 zurückgelegten Kilometern bisher laufstärkster Spieler der WM, ebenso bereits 34 Jahre alt wie Edeljoker Klaas-Jan Huntelaar.

Letzterer hofft endlich auf eine Chance von Beginn an. "Ich will Dritter werden und nicht Vierter."

Brasilien nie im Maracana

Die Niederländer hatten Brasilien zuletzt bereits 2010 ins Tal der Tränen gestürzt - mit ihrem 2:1-Sieg dank Sneijder-Doppelpacks im WM-Viertelfinale.

In Brasilia soll der verletzte Neymar als Glücksbringer im Stadion sitzen. Lieber hätten die Brasilianer ihr letztes Spiel im Maracana von Rio de Janeiro bestritten.

Kein einziges Spiel absolvierten sie bei der Heim-WM im größten Stadion des Landes, in dem am Sonntag das Finale steigt.

Ruf nach Veränderungen

Damit bleibt ihnen zumindest ein "Maracanazo" wie 1950 erspart, als sie dort im Spiel um den WM-Titel Uruguay 1:2 unterlegen waren. Das "Mineirazo" von Belo Horizonte, die "schlimmste Niederlage aller Zeiten", wie es Scolari nach dem Spiel gegen Deutschland formulierte, reicht als Trauma.

Der Ruf nach tief greifenden Veränderungen im brasilianischen Fußball ist laut. "Lasst uns diese Krise nicht vergeuden", forderte die Zeitung "Folha de Sao Paulo" am Freitag. Ob mit oder ohne Platz drei.

Brasilien - Niederlande
Samstag, 22.00 Uhr MESZ
BrasiliaEstadio Nacional Mane Garrincha
SR Djamel Haimoudi/ALG

Brasilien: 12 Julio Cesar - 2 Dani Alves, 3 Thiago Silva, 4 David Luiz, 6 Marcelo - 16 Ramires, 17 Luiz Gustavo - 19 Willian, 11 Oscar, 7 Hulk - 21 Jo

Ersatz: 1 Jefferson, 22 Victor - 13 Dante, 14 Maxwell, 15 Henrique, 23 Maicon, 5 Fernandinho, 8 Paulinho, 18 Hernanes, 20 Bernard, 9 Fred

Es fehlt: 10 Neymar (Lendenwirbelbruch)

Niederlande: 23 Krul - 7 Janmaat, 3 De Vrij, 2 Vlaar, 4 Martins Indi - 20 Wijnaldum, 5 Blind, 18 Fer - 17 Lens, 19 Huntelaar, 21 Depay

Ersatz: 1 Cillessen, 22 Vorm - 12 Verhaegh, 13 Veltman, 14 Kongolo, 6 De Jong, 8 De Guzman, 10 Sneijder, 16 Clasie, 9 Van Persie, 11 Robben, 15 Kuyt