LAOLA1: Deine Familienverhältnisse sind verworren. Redest du eigentlich ungern darüber?

Boyd: Nein, es geht. Mein Vater war in der US-Army, während dem Golfkrieg in Deutschland stationiert und dann lief es, wie es halt so ist. Als US-Army waren sie dann schon die Stars drüben. Da hat er meine Mutter kennengelernt, es ging alles sehr schnell, beide waren noch sehr jung. Als meine Mutter schwanger war, zog er in den Golfkrieg. Als ich ein Baby war sind wir nach Queens in New York gezogen, wo wir ein Jahr gelebt haben, bis sie sich getrennt haben. Zurück in Deutschland hat meine Mutter dann, als ich 6, 7 Jahre alt war, meinen Stiefvater kennengelernt, den ich eher als Vater ansehe. Mein richtiger Dad hat sich dann nicht mehr gemeldet und um mich gekümmert. Jetzt, wo er weiß, dass ich Fußball spiele, versucht er mich zu kontaktieren, aber darauf habe ich keine Lust.

LAOLA1: Wie sieht es mit dem Kontakt zum Rest deiner in den USA lebenden Familie aus?

Boyd: Mit der Familie ist alles gut. Als wir das lange Camp mit der Nationalmannschaft hatten, haben mich meine Großeltern, Tante, Onkel und Cousins in Washington eingeladen. Sie zu sehen, war schon sehr lustig. Es ist auf jeden Fall eine sehr liebe Familie.

LAOLA1: Stimmt es, dass du deine engsten Familienmitglieder in den USA erst durch das nervenaufreibende Streben nach deiner US-Staatsbürgerschaft aufgestöbert hast?

Boyd: Das ist auch noch mal lustig. Als ich bei der Hertha in der U23 war, wurde ich zum ersten Mal zum U20-Nationalteam eingeladen, das war für mich ein Riesending. Der Trainer hieß Thomas Rongen, der mich ein, zwei Wochen davor noch einmal angerufen hat, ob ich eigentlich einen US-Pass habe. Den hatte ich nicht, ohne konnte ich aber nicht spielen, somit wurde ich ausgeladen. Er hat gemeint, dass ich versuchen soll, meinen Vater zu erreichen, vielleicht über Social Media. Ich war in dem Moment einfach nur richtig down und traurig, weil der große Traum geplatzt schien, für die USA zu spielen.

LAOLA1: Trainer Jürgen Klinsmann ist ein Star. Wie lief das erste Aufeinandertreffen mit ihm ab?

Boyd: Das allererste war bereits kurz vor der WM 2006. Damals war ich im Weser-Stadion als Mitglied der DFB-Stützpunkt-Auswahl Fahnenträger und durfte Klinsmann die Hand schütteln. Da war ich richtig stolz. Lukas Podolski hat mir auch zurückgewunken. Jetzt trainiert mich Klinsmann und ich habe schon gegen Podolski gespielt. Es ist lustig, wie das alles im Fußball abläuft.

LAOLA1: Wie vertreibst du dir die Zeit bei den gemeinsamen Flügen mit Andreas Herzog von den Nationalteam-Terminen zurück nach Österreich?

Boyd (lacht): Andreas Herzog ist jetzt schon mein "Hawara" geworden. Er ist ein guter Trainer und ein super Mensch. Ich fliege immer mit ihm zurück aus den USA, er hat immer ordentlich was zu erzählen und hat echt viele coole Geschichten auf Lager. Er ist auf jeden Fall eine sehr große Persönlichkeit.

LAOLA1: In Österreich stellt sich oft die Frage: Wie viel Einfluss hat Herzog wirklich im Betreuerstab der USA unter Klinsmann?

Boyd: Herzog, Vasquez und Klinsmann arbeiten schon sehr eng zusammen, ich denke einmal, er hat einen hohen Stellenwert. Er bereitet uns taktisch sehr gut auf unsere Gegner vor, schickt manchmal nach dem Training noch ein paar Flanken rein, einmal musste er sogar mittrainieren. Da hat er sich immer auf Deutsch über Klinsmann beschwert, warum er genötigt wird, mitzumachen. Man hat schon viel mit ihm zu lachen, aber er ist jetzt nicht nur am Herumkaspern. Er ist ein super Typ.

LAOLA1: Klinsmann hat es mit seinen Methoden bei Bayern nicht einfach gehabt. Wie ist es beim US-Team?

Boyd: Eigentlich genauso, das muss nicht negativ sein. Er versucht uns, sehr viele Möglichkeiten außerhalb des Platzes zu bieten. Wir haben ein Scouting-Programm mit Videos von Gegnern und von uns, auf die wir jederzeit Zugriff haben. Uns werden Blutwerte genommen und Nahrungsergänzungsmittel gegeben, die auf jeden persönlich zugeschnitten sind, in welchem Bereich man halt Mängel hat. Er arbeitet mit sehr vielen Sachen, hat sehr viele Kontakte. Wir haben sehr viele Optionen, aber trotzdem soll es nur um Fußball gehen, nicht so wie bei Bayern mit den Buddha-Statuen. Der Staff ist riesig.

LAOLA1: Wie fokussiert ist bereits die Ausrichtung nach der erfolgreichen WM-Quali?

Boyd: Wir haben uns schon im letzten Camp ein bisschen darauf eingestellt. Er hat uns gesagt, dass es knüppelhart wird. Wir trainieren jetzt schon Standards für die WM und kriegen unsere persönlichen Scouting-Bücher mit Taktiken und Berichten von den Gegnern. Wir haben auch schon Elfmeter für den Worst Case geübt. Es können manchmal so kleine Fehler sein, die einfach das ganze Spiel kosten können. Wir haben noch drei Spiele Zeit, um uns zu beweisen. Dann wird es hart, wer mitfährt.