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"Viele haben vergessen, dass ich erst 20 Jahre alt bin"

Eine unangenehme Situation.

Rapid legte mit fünf Punkten aus fünf Spielen einen Fehlstart in der Bundesliga hin und kämpft nun im Europa-League-Playoff gegen HJK Helsinki um Wiedergutmachung.

Grund zur Freude hätte eigentlich Dominik Wydra, denn der junge Mittelfeld-Stratege eroberte sich für viele überraschend einen Platz in der Zentrale.

Aufgrund der ausbleibenden Ergebnisse ist diese jedoch verhalten.

„Ich will allen zeigen, dass ich zurecht auf der Position spiele. Das Wichtigste für mich ist, zu zeigen, was ich kann“, gesteht der mehrfache ÖFB-Nachwuchs-Teamspieler im LAOLA1-Interview.

Für seine 20 Jahre ist der Wiener abgeklärt, fokussiert und lässt sich auch nicht durch Misserfolge verrückt machen. Die bereits dritte Gruppenphase seiner Karriere ist das große Ziel.

Außerdem spricht Wydra über den Faktor Konkurrenz, die Bedeutung richtungsweisender Jahre am Beispiel Liendl und das Verfließen angestammter Positionen.

LAOLA1: Mit welchem Gefühl nimmst du das EL-Playoff-Hinspiel bei HJK Helsinki in Angriff?

Dominik Wydra: Mit einem guten Gefühl. Wir haben uns jetzt gut auf die Spiele gegen Helsinki und das Derby vorbereitet. Wichtig ist jetzt einmal das Auswärtsspiel, dafür haben wir drei Tage am Kunstrasen trainiert. Der Trainer hat uns gut vorbereitet, wir haben uns Video-Analysen angeschaut und einstudiert, was die Stärken und Schwächen des Gegners sind. Wir kennen die Mannschaft jetzt schon ziemlich gut und haben einen ungefähren Einblick, welches Spielsystem sie spielen werden. Es ist jetzt keine Unbekannte mehr. Die werden genauso versuchen, den Ball ins Tor zu schießen. Das einzige, was man nicht einschätzen kann, ist, wie stark sie wirklich sein werden. Aber ich denke, wir werden das ganz gut anlegen.

LAOLA1: Im Falle der Qualifikation wäre es bereits deine dritte Gruppenphase mit Rapid. Das wäre sowohl für den Verein als auch für dich ein wichtiger Meilenstein.

Wydra: So weit sind wir noch nicht. Aber es ist einfach ein super geiles Gefühl, sechs Europa-League-Spiele in der Gruppenphase zu haben. Das erste Ziel ist hineinzukommen, aber wir wollen es auch irgendwann einmal darüber hinaus schaffen. Was danach passiert, ist offen.

LAOLA1: Wie schnell kann man die jüngsten Rückschläge verarbeiten? Wie gehst du mit solchen Situationen um?

Wydra: Es ist bei Rapid immer so. Wenn wir zwei, drei Spiele nicht gewinnen oder eine schlechtere Leistung zeigen, wird sofort Druck erzeugt. Aber wir dürfen uns dadurch nicht verrückt machen lassen. Ich persönlich finde, dass wir nicht so schlechte Spiele gezeigt haben. Gegen Sturm und Ried war es okay, wir haben die Tore zwar nicht gemacht, aber vom Spielerischen war es nicht so schlecht. Wir müssen das in die Köpfe bekommen, an die letzte Saison anschließen und alles dafür geben, dass wir in den Europacup kommen. Die nächsten drei Spiele mit dem Europa-League-Playoff und dem Derby werden richtungsweisend.

LAOLA1: In Rapid-Kreisen ist immer wieder davon die Rede, dass man nicht so schlecht gespielt habe. Wie verrückt macht es dann, wenn immer wieder Details fehlen, um auch etwas mitzunehmen?

Wydra: Verrückt machen lassen darf man sich natürlich nicht. Zeitung lesen kann man niemandem verbieten, aber man sollte es in der Phase vielleicht nicht machen. Im Fußball ist es immer so. Wenn man wieder drei Spiele gewinnt, sind alle zufrieden und glücklich. Wenn wir fünf Punkte mehr am Konto hätten, würde auch alles anders ausschauen. Das ist einfach so. Wir müssen uns auf das Spiel konzentrieren und an unsere Stärken glauben.

LAOLA1: Der Trainer macht der Mannschaft kaum Vorwürfe. Nach dem 0:1 gegen Altach kritisierte er jedoch die Körpersprache nach dem Gegentor. Fällt einem auf dem Spielfeld auf, wenn die Köpfe auf einmal hängengelassen werden?

Wydra: Ja, das war auch gegen Sturm der Knackpunkt nach der Roten Karte. Vielleicht liegt das an der jungen Mannschaft, ich weiß es nicht ganz genau. Das kommt halt eben auch mit der Routine, dass man sich durch Gegentore oder einer Roten Karte nicht aus dem Rhythmus bringen lässt. Man merkt das schon am Platz. Wir haben auch gegen Altach nach dem Gegentor gemerkt, dass uns das Spiel kurz aus den Fugen geraten ist. Wir haben fast bis zum Ende gebraucht, bis wir wieder halbwegs reingekommen sind. Das darf natürlich nicht passieren. Aber man kann der Mannschaft nicht wirklich einen Vorwurf machen, weil das der fehlenden Routine geschuldet ist.

LAOLA1: Du hast mit Liendl einen Spieler in der Zentrale angesprochen, Stefan llsanker wird in Österreich oft gelobt. Gibt es für dich in der Bundesliga einen, der deine Position so bekleidet, wie du dir das vorstellst?

Wydra: Mit Ilsanker kann man es nicht wirklich vergleichen, weil er ein defensiverer Spieler ist. Ich orientiere mich eher offensiver und spiele die Bälle eher nach vorne. Ilsanker ist eher der Stabilisator der Mannschaft, Liendl ist wieder zu offensiv. An den beiden würde ich mich nicht orientieren, eher an ausländischen. Zum Beispiel Patrick Vieira oder Abou Diaby sind eher Spielertypen, die in die Offensive Pässe spielen und zweikampfstark sind.

LAOLA1: Trotzdem bist du oft defensiver angebunden. Würdest du dich gern öfter offensiver einbringen? Du hättest ja auch einen vorzeigbaren Schuss, um aus der zweiten Reihe abzuziehen.

Wydra: Ich bin eigentlich zufrieden mit dem System. Ich bin in den letzten drei Spielen, in denen ich auf dem Platz gestanden bin, sicher zu fünf bis sieben Torschüssen gekommen. Das ist schon okay, wenn wir als zentrale Mittelfeldspieler vor das Tor kommen. Mit Thanos Petsos wechsle ich mich da meistens ab, das ist eigentlich kein Problem. Einer sichert ab, der andere geht mit. Heutzutage kann man das nicht mehr so spielen, außer man hat einen klassischen Sechser wie Brian Behrendt hinter sich, bei dem man weiß, dass er auf jeden Fall hinter dir bleibt. Ich habe aber auch kein Problem einmal aus der Tiefe zu kommen, die Bälle zu holen und das Spiel von hinten aufzubauen. Wenn der Trainer will, dass ich Sechser spiele, gut. Wenn er will, dass ich Zehner spiele, dann spiele ich dort. Aber ich denke, dass ich sowohl die als auch die Position spielen kann.

LAOLA1: Von vielen Trainern wird immer wieder betont, wie wichtig diese internationalen Vergleiche in der Europa League vor allem für junge Spieler sind, um sich weiterzuentwickeln. Wie bewertest du diese Erfahrungen im Vergleich zur Bundesliga?

Wydra: Ich würde sagen, dass Salzburg schon einem internationalen Vergleich gleichkommt. Das erste Spiel hat uns schon Grenzen aufgezeigt. Ich will das nicht überbewerten, aber in dem Spiel waren sie schon ein, zwei Klassen stärker als wir. Ob in Europa noch so viele Vereine viel besser sind als Salzburg, wage ich zu bezweifeln. Die internationalen Spiele sind ein super Vergleich, aber mittlerweile ist in Österreich mit Salzburg ein Gegner da, wo man sich schon Gedanken machen kann, wie es denn weitergehen könnte, wenn man so oder so spielt und was einem noch fehlt. Da kann man sich in der Hinsicht schon einiges abschauen. Aber natürlich sind die internationalen Spiele genauso wichtig, weil man sehen will, wo man in Europa steht.


Das Gespräch führte Alexander Karper

LAOLA1: Positiv aus deiner Sicht ist, dass du bisher viel Einsatzzeit bekommst, oft von Beginn an. War diese Entwicklung für dich abzusehen oder kam es doch ein wenig überraschend?

Wydra: Überraschend würde ich nicht sagen. Ich habe auch in den letzten Spielen der Vorsaison eigentlich regelmäßig gespielt und mit Trainer und Co-Trainern viel geredet, um mich in vielen Bereichen zu verbessern – auch was das Körperliche betrifft. Ich denke, das sieht der Trainer auch. Ich fühle mich gut – im Training und im Match. Ich bin voll fit, das wird wahrscheinlich der Grund sein, warum ich spiele.

LAOLA1: Vor allem bei der Konkurrenz in der Zentrale mit Petsos, Schwab, Grahovac und Behrendt ist es sicher auch ein mentaler Vorteil, so in die Saison zu starten.

Wydra: Vor allem für mich persönlich ist es wichtig, zu sehen, dass der Trainer viel von mir hält und ich in der Mitte spiele, obwohl wir so eine Konkurrenz haben und namhafte Spieler zu uns gekommen sind. Ich muss mich aber einfach auf die nächsten Spiele konzentrieren, einfach weiter Gas geben. Ich muss jedes Spiel so sehen und die Leistung zeigen, dass ich in der Mannschaft bleiben will. Nur so geht es. Ich sehe es gar nicht negativ, dass gute Konkurrenz gekommen ist. Je größer die Konkurrenz, desto besser wird man selber, da man jedes Training noch mehr Gas geben muss und es noch mehr will. Es gibt keine Ausruhphasen, man muss immer 120 bis 150 Prozent geben.

LAOLA1: Trotzdem ist es ein zweischneidiges Schwert. Einerseits bekommst du das Vertrauen und spielst, andererseits bleiben die Erfolgserlebnisse aus. Eine unangenehme Situation?

Wydra: Es kann dann wieder zwei, drei Spiele geben, in denen man schlechter spielt und man ist wieder draußen. Klar, es gibt einem Selbstvertrauen für die nächsten Spiele. Aber darauf ausruhen werde ich mich sicher nicht. Ich muss weiter Gas geben.

LAOLA1: Du gehörst mittlerweile auch schon wieder seit zweieinhalb Jahren dem Profikader an. Wurde oft vergessen, wie jung du eigentlich noch bist?

Wydra: Eine Zeit lang ist es mir schon so vorgekommen, dass viele vergessen haben, dass ich eigentlich erst 20 Jahre alt bin. Ich nehme jetzt einfach alles mit, wie es gekommen ist. Die Verletzung im Vorjahr genauso wie die Spiele, dich ich spielen darf. Ich will allen zeigen, dass ich zurecht auf der Position spiele. Das Wichtigste für mich ist, dass ich zeige, was ich kann und wie ich Fußball spielen kann.

LAOLA1: Würdest du diese Saison für dich persönlich als richtungsweisend einordnen, um deine Karriere im Alter von 20 Jahren in die richtige Bahnen zu leiten?

Wydra: Das wurde mir letztes Jahr genauso gesagt. Dann habe ich mich verletzt und es war auf einmal ruhig. Im Fußball kannst du auch mit 24 oder 25 Jahren ein richtig gutes Jahr haben und dann noch immer ins Ausland oder Nationalteam kommen. So wie es zum Beispiel bei Michael Liendl war. Der hat in seinem Leben bei unterschiedlichen Vereinen wahrscheinlich auch schon viele richtungsweisende Jahre gehabt. Das kann man einfach nicht vorhersagen, jedes Jahr ist wichtig. Als Fußballer hast du zehn Jahre, in denen du bis 30 oder 35 wirklich Fußball spielen kannst. Es gibt kein ruhigeres Jahr, in dem du gesetzt bist. Denn es kommt ein Neuer, du bist nicht gut drauf oder der Trainer sieht ein anderes System vor – man muss einfach jedes Spiel genießen.