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Tuchels To-do-Liste: Von Großkreutz bis zu Standards

Tuchels To-do-Liste: Von Großkreutz bis zu Standards

Thomas Tuchel hatte es bereits befürchtet.

„Vier Tage nach einem Trainingslager ist ein kritischer Zeitpunkt für so ein Spiel“, sagte der Dortmund-Coach nach dem knappen 1:0-Erfolg gegen den WAC.

„In der zweiten Hälfte haben uns etwas die Kräfte verlassen. Das kann in diesem Stadium der Vorbereitung passieren.“

Mitten in der Vorbereitung

Die richtige Balance zwischen Intenstität und Frische sei noch nicht gegeben. Mit Ausnahme von Mats Hummels hätte noch keiner seiner Spieler in dieser Vorbereitung ein Match über 90 Minuten bestritten.

Umso glücklicher war Tuchel, dass die Mannschaft das Ergebnis halten konnte: „Solche Siege können oft wichtiger sein als ein Erfolg, der leicht von der Hand geht.“

Im Rückspiel würden die Wettkampfleistungen der BVB-Stars schon viel weiter sein, versprach der 41-Jährige. In puncto Fitness weiß Tuchel also, was zu tun ist.

Daneben gibt es jedoch noch eine Fülle anderer Aufgaben, die der Neo-Trainer vor dem wiederholten Aufeinandertreffen mit dem WAC zu erledigen hat. Tuchels To-Do-Liste:

 

Die Causa Großkreutz

Kevin Großkreutz verfolgte den 1:0-Sieg vor dem Fernseher. Aufgrund von Trainingsrückstand nach seiner Knie-Verletzung wurde er gar nicht erst für das Spiel nominiert. Die Situation ist seit längerem angespannt. Gespräche über eine mögliche Verlängerung seines mit Saisonende auslaufenden Vertrages sind ins Stocken geraten. In der „Bild“ goß der 27-Jährige nun zusätzlich Öl ins Feuer. “Ich bin tief enttäuscht, dass schon seit Wochen in Dortmund keiner mehr mit mir geredet hat“, so Großkreutz.

Tuchels Antwort folgte prompt: „Das stimmt nicht. Und das enttäuscht mich. Wir hatten abgemacht, nicht mehr über die Öffentlichkeit zu kommunzieren. Das ist nun schon das zweite Mal.“ Noch schärfere Worte fand Sportdirektor Michael Zorc: „Das gefällt mir nicht. Bei Milos Jojic (mittlerweile bei Köln, Anm.) war es dasselbe. Vielleicht sollten manche Leute bessere Leistungen zeigen und weniger reden.“ Via Instagram sah sich Großkreutz danach gezwungen, für Klarheit zu sorgen. Lediglich bezüglich einer Vertragsverlängerung habe es keine Gespräche gegeben, so der Ur-Dortmunder. Tuchel muss nun versuchen, die Wogen zu glätten. Ein Abschied des bei den Fans äußerst beliebten Großkreutz würde kein gutes Licht auf seinen Start als BVB-Coach werfen. Der Umgang mit dieser Causa ist seine erste Bewährungsprobe im Dortmund-Umfeld.

 

Spielerische Konsequenz

Das sah schon ganz gut aus, was der BVB in der ersten Hälfte gegen Wolfsberg zeigte. Angetrieben von Taktgeber Ilkay Gündogn lief der Ball flüssig in den eigenen Reihen umher. Mit schnellen Seitenverlagerungen bröckelte der Kärntner Abwehrverbund. Nur ganz vorne vor dem Tor wurde zu umständlich agiert. „Einige Situationen haben wir sehr schlampig ausgespielt. Da müssen wir noch konsequenter werden“, sagte Tuchel.

Marco Reus hob in diesem Zusammenhang die frühe Phase der Saison hervor: „Wir stehen noch in der Vorbereitung. Das ganze braucht Zeit. Wir sind noch nicht bei hundert Prozent, sowohl vom spielerischen als auch von der Fittness her.“ Als Zehn hinter Solospitze Pierre-Emerick Aubameyang fungierte der Superstar als Boss der Offensive, der seine Mitspieler lautstark motivierte und Anweisungen gab. Von Reus und seinen Mitspielern muss aber noch mehr kommen, speziell im letzten Angriffsdrittel.

 

Standardsituationen

Tuchels Hauptaugenmerk der ersten Trainingswochen lag eindeutig am flachen Passspiel. Das war auch gegen den WAC bemerkbar. Bei hohen Bällen waren die Kärntner bei weitem durchschlagskräftiger. „Das mag auch an einem gewissen Größenvorteil liegen“, strich Sportdirektor Zorc richtig hervor.

Trotzdem präsentierte sich der BVB in der Luft viel zu passiv. Nicht umsonst hatte Wolfsberg die besten Chancen nach Standardsituationen. „Da müssen wir an unserem Abwehrverhalten arbeiten und den Druck gegen den Ball erhöhen“, erklärte Tuchel. Auch offensiv präsentierte sich Dortmund bei Freistößen und Cornern mehr als zaghaft. Da wartet noch viel Arbeit auf den neuen Borussia-Trainer.

 

Die Ersatzbank bei Laune halten

Nein, diese Startaufstellung war keine B-Elf. Julian Weigl (19) und Jonas Hofmann (23) hätten wohl auch in der deutschen Bundesliga von Beginn an gespielt. In der Gunst von Thomas Tuchel stehen die beiden Youngsters nach dem gerade erst absolvierten Trainingslager ganz weit oben. „Der Trainer wollte mich heute für gute Leistungen in der Vorbereitung belohnen. Ich denke, dass ich mit dem Tor etwas zurückgeben konnte“, sagte Hofmann, der in der letzten Saison an Mainz verliehen war.

Tuchel hat nur lobende Worte für seinen Flügelspieler übrig: „Er hat im Training ständig die Lampen an. Er ist sehr aufmerksam im Gegenspressing, kann giftig verteidigen und harmoniert sehr gut mit Marco Reus.“ Weigl, gerade erst um 2,5 Mio. Euro von 1860 München gekommen, lieferte im zentralen Mittelfeld eine staubtrockene Partie ab. „Julian begeistert uns die ganze Zeit schon mit seiner Frische und mit seinem Lernwillen“, sagte Tuchel über den Sechser, der gestandene Bundesliga-Profis wie Gonzalo Castro und Sven Bender auf die Bank verdrängte. Darin besteht natürlich auch eine gewisse Gefahr. Tuchel muss aufpassen, dass sich die Spieler nicht schon vor der Saison im Konkurrenzkampf aufreiben. Die Ersatzbank muss bei Laune gehalten werden. Gut möglich, dass er deswegen im Rückspiel gegen den WAC einige personelle Veränderungen vornimmt.

 

Jakob Faber