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"Will mich verbessern, um noch präsenter zu sein"

Das Fußball-Business hat genügend schillernde Typen. Der eine oder andere Ruhepol tut einer Mannschaft deshalb sehr gut.

Bei Rapid ist Thomas Schrammel einer derjenigen, die das Rampenlicht meiden, jedoch mit konstanten Leistungen punkten.

Das 26-jährige Rapid-Eigengewächs hat sich weiterentwickelt, Extra-Schichten eingelegt und Negativ-Erlebnisse abprallen lassen.

Erst kürzlich verlängerte der Linksverteidiger, der auf dem Platz noch präsenter und lauter werden will, seinen Vertrag bis 2018.

In dieser Zeit verfolgt er ehrgeizige Ziele, doch zuallererst soll gegen HJK Helsinki die Qualifikation für die Europa-League-Gruppenphase (ab 20:30 Uhr im LIVE-Ticker) gelingen.

"Ich denke gar nicht an ein Ausscheiden. Jeder wird abgehen wie ein Zäpfchen, um dieses Ziel zu erreichen", erklärt Schrammel in einem seiner seltenen Interviews gegenüber LAOLA1.

LAOLA1: Mit dem EL-Playoff-Rückspiel steht eine ganz wichtige Partie vor der Tür. Welche Bedeutung misst du diesem Spiel bei?

Thomas Schrammel: Für mich ist es neben dem Derby das wichtigste Spiel in diesem Jahr. Wir wollen diese Hürde unbedingt meistern, damit wir wieder in der Europa League stehen. Weißt du, wie schön es ist, sechs Spiele mehr zu haben als die anderen in der Liga? Das wollen wir uns alle nicht nehmen lassen.

LAOLA1: Muss man sagen, dass die EL-Gruppenphase in Rapids aktueller Situation einfach unverzichtbar ist?

Schrammel: Nicht unverzichtbar, aber für alle 24 Kaderspieler ist es ein einmaliges Erlebnis. Wir würden sehr viel an Erfahrung gewinnen, deshalb wird am Donnerstag auch jeder abgehen wie ein Zäpfchen, um dieses Ziel zu erreichen.

LAOLA1: Der Gedanke, zu scheitern, ist somit gar nicht vorhanden? Schließlich geht es sowohl sportlich als auch finanziell um einiges.

Schrammel: Es tut dem Verein sicherlich sehr gut, wenn wir in die Europa League kommen. Aber in erster Linie muss für uns im Vordergrund stehen, dass es für uns alle ein großes Erlebnis wäre. Das ist ausschlaggebend. Wir wären schon alle sehr enttäuscht, wenn wir das nicht schaffen. Denn der Gegner ist schlagbar, das hat man in Helsinki gesehen. Was wir dort nicht so gut gemacht haben, müssen wir beiseitelegen und an die positiven Dinge anknüpfen.

LAOLA1: Die Ausgangsposition ist nicht neu, gegen Vojvodina Novi Sad und PAOK Saloniki hat Rapid im EL-Playoff jeweils ein 1:2 gedreht. Ein gutes Omen?

Schrammel: Ja, schon. Außerdem kennen wir jetzt die Schwächen von Helsinki, noch dazu haben sie am Wochenende verloren. Zudem ist es für sie mittlerweile eine lange Meisterschaft, die haben auch schon 25 Runden hinter sich. Wir haben dafür noch sehr viele Spieler in der Hinterhand, die letzten Donnerstag wenig oder gar nicht gespielt haben. Vielleicht können die mit ihrer Schnelligkeit das Quäntchen ausmachen.

LAOLA1: Wieviel Selbstvertrauen konnte durch das hart erkämpfte 2:2 im Wiener Derby gewonnen werden?

Schrammel: Das Positive ist, dass wir uns nach dem Gegentor nach 16 Sekunden sehr rasch wieder erholt und das Spiel nach zehn Minuten eigentlich dominiert haben. Wäre dieser fragwürdige Elfmeter nicht gewesen, hätten wir das Spiel auch gewonnen, weil wir in der zweiten Halbzeit auch sehr dominant aufgetreten sind. Deshalb nehmen wir das Unentschieden gerne an.

LAOLA1: Ihr wisst nun, wie HJK Helsinki, von dem spielerisch nicht viel gekommen ist, agiert. Da ist im Hinspiel schon viel zusammengekommen.

Schrammel: Natürlich. Vor allem in der ersten Halbzeit haben wir sehr viel über die Flügel gespielt und sind auch sehr oft in den Strafraum gekommen. Aber da war unsere Platzierung im Strafraum nicht die beste. Das müssen wir am Donnerstag anders machen. Wir rechnen damit, dass sich der Gegner eher hinten reinstellt und das Spiel auf Konter anlegt. Wir dürfen uns halt nicht so wie gegen Altach blind vorne verrennen, sondern müssen das Spiel kontinuierlich aufbauen, über die Seite und vor das Tor kommen.

LAOLA1: Sicherlich auch, weil sich die Situation in der Mannschaft doch verändert hat und du mit 26 Jahren bereits zu den alten Hasen zählst.

Schrammel: Genau, es ist schon komisch, mit 26 der Viertälteste zu sein. Das ist auch ein neues Gefühl für mich. Aber wir haben eine irrsinnig geile Truppe, da braucht man nicht den Altersunterschied raushängen lassen. Steffen hat zum Beispiel mit jedem Spaß, da stellt das Alter kein Hindernis dar.

LAOLA1: Sportdirektor Andreas Müller hat im Zuge der Vertragsverlängerung gelobt, dass du momentan „einen sehr guten Eindruck“ machst. Hast du selbst das Gefühl, aufgrund deiner Extra-Schichten einen höheren Level erreicht zu haben?

Schrammel: Auf jeden Fall. Im letzten Herbst wurde auf meiner Position noch viel rotiert, da bin ich gar nicht richtig in Schwung gekommen. Im Frühjahr habe ich mich dann steigern können und habe alle Spiele gespielt. Die Sommerpause habe ich genützt, um sehr viele individuelle Läufe zu meinem normalen Programm dazu zu machen. Zum Glück ist es mir gelungen, vom ersten Training an präsent zu sein und dem Trainer zu zeigen, obwohl sie einen neuen Linksverteidiger geholt haben, dass ich auch nicht schlecht bin.

LAOLA1: Bewerbsübergreifend hast du diese Saison schon drei Assists und trumpfst mit Offensivdrang und gefährlichen Flanken auf. Hast du auch daran speziell gearbeitet oder kommt dir das System zugute?

Schrammel: Das System ist eigentlich dasselbe wie letztes Jahr, mit den Flügelspielern und einem Brecher vorne. Aber momentan läuft es sehr gut über beide Seiten, auch Mario Pavelic hat schon zwei Assists. Ich freue mich, wenn ich ein Tor auflege und auch wenn es ein anderer auflegt. Hauptsache, die Tore fallen. Ich bin ein mannschaftsdienlicher Spieler und genieße es deshalb momentan sehr.

LAOLA1: Müller betonte auch: „Wenn er weiter und kontinuierlich so stark spielt wie in letzter Zeit, hoffe ich, dass er wieder in die Nähe des Nationalteamkaders kommen kann." Schätzt du dieses Ziel als realistisch ein?

Schrammel: Natürlich ist es für einen Fußballer das Ziel, ins Nationalteam zu kommen. Aber da spielen so viele Faktoren eine Rolle. Ich habe die zwei Jahre im ÖFB-Team während meiner Ried-Zeit sehr genossen, dann habe ich mir leider das Kreuzband gerissen. Dadurch bin ich in der Hierarchie der linken Verteidiger ein bisschen abgerutscht. Das versuche ich jetzt wieder aufzuholen. Diese Worte freuen mich natürlich sehr, aber ich versuche, gar nicht viel darüber nachzudenken, sondern einfach weiterzuarbeiten. Vielleicht erfüllt sich der Traum wieder. Wenn nicht, bin ich auch nicht enttäuscht, weil für mich nur Rapid zählt.

LAOLA1: Priorität soll für dich ein Meistertitel haben, der dir bisher noch fehlt. Anhand der Salzburger Dominanz allerdings kein leichtes Unterfangen.

Schrammel: Ich habe viele enge Freunde wie Mario Sara oder Florian Sturm, die schon raushängen lassen, dass sie mit Rapid einmal Meister geworden sind. Das ärgert mich ein bisschen, da ich erst zwei Mal Vize-Meister und einmal Dritter geworden bin. Deswegen möchte ich meinen Teil dazu beitragen, dass wir in den nächsten Jahren eine große Rolle spielen. Es wird natürlich nicht leicht, aber ich hoffe, dass mit dem neuen Stadion ein Schub passiert. Wer weiß, wie sich Salzburg in den kommenden Jahren entwickelt. Wir müssen aber auf uns schauen. Es geht Schritt für Schritt voran. Gegen die Austria war es jetzt mal der Anfang, der nächste Schritt soll nun gegen Helsinki folgen.


Das Gespräch führte Alexander Karper

LAOLA1: Eine Umstellung zum Derby, in der beide Teams versucht haben, offensiv Akzente zu setzen, wird es aber allemal.

Schrammel: Genau, aber ein Derby ist sowieso immer ein anderes Spiel. Helsinki wird hinten dicht machen, um das 2:1 zu halten. Wir wollen aber unbedingt angreifen und werden das auch tun. Mit einem schnellen Tor würde uns unser Spiel sicher leichter fallen.

LAOLA1: Für dich wäre es bereits die dritte Gruppenphase. Welche Bedeutung haben für dich die Erfahrungen auf der internationalen Bühne?

Schrammel: Für mich ist es immer wieder wunderschön, ein anderes Land und auch andere Spielweisen kennenzulernen. Es wäre auch wieder der nächste Schritt in meiner Karriere. Ich bin damals zu Rapid gekommen und wollte international spielen. Wenn wir das jetzt schon zum dritten Mal hintereinander schaffen sollten, wäre das wirklich sehr schön. Deshalb denke ich gar nicht an eine Niederlage oder an das Ausscheiden.

LAOLA1: Trainer Zoran Barisic spricht immer von einer unersetzbaren Erfahrung, vor allem für junge Spieler. Kann man auch als Routinier davon profitieren?

Schrammel: Ich glaube, dass die Europa League auch für Steffen Hofmann, der schon 59 internationale Spiele bestritten hat, noch etwas Besonderes ist. Auch wenn er mit Rapid schon einmal in der Champions League gespielt hat. Das Ziel eines jeden Fußballers muss sein, international mitzuspielen. Für die Spieler, die noch keinen Europacup-Einsatz haben, wäre es doppelt wichtig, diese Chance zu nützen und aufzusteigen.

LAOLA1: Du hast erst kürzlich deinen Vertrag bis 2018 verlängert, bist derzeit unumstrittener Stammspieler. Läuft aktuell alles nach Wunsch?

Schrammel: Mein Ziel war es, dass ich meinen Vertrag bei Rapid verlängere, weil ich mich hier sehr wohlfühle und hier noch große Pläne habe. Deshalb habe ich mich sehr früh dafür entschieden. Für mich läuft es momentan sehr gut mit drei Assists in den letzten vier Spielen. Darüber bin ich sehr glücklich. Aber ich weiß auch, woher das kommt. Da stecken sehr viel individuelle Arbeit und Training dahinter. Deswegen bin ich auch stolz auf mich und werde daran weiterarbeiten.

LAOLA1: Es gab auch andere Zeiten, in denen du in der Kritik standst, von Fans beschimpft wurdest. Haben dich diese Negativ-Erlebnisse irgendwie verändert?

Schrammel: Ich bin eher ein positiver Mensch und habe mir diese Beschimpfungen nicht zu Herzen genommen. Weil diese Leute, die sowas sagen oder kommentieren, wissen gar nicht, wie schwer es ist, Profi zu werden und für Rapid zu spielen. Deswegen kann ich über solche halbherzigen Meldungen eigentlich nur lachen. Das hat mich überhaupt nicht geändert. Ich war schon immer sehr ehrgeizig, auch als ich an Ried verkauft wurde, war es mein Ziel, wieder zu Rapid zurückzukommen. Das habe ich erreicht, der Rest ist egal.

LAOLA1: Trotzdem bist du eher ein ruhiger Typ, der das Rampenlicht scheut und wenig mit Medien kommuniziert. Hat das einen speziellen Grund?

Schrammel: Ich gebe schon Interviews, wenn ich gefragt werde, aber ich bin kein Mensch, der sich aufdrängt oder über Medien Druck ausüben möchte, damit er spielt. Ich will auf dem Platz zeigen, was ich kann und mich so in die Mannschaft spielen. Das ist mir zum Glück im letzten Jahr sehr gut gelungen. Da will ich auf jeden Fall dran bleiben.

LAOLA1: Bist du der Meinung, dass ein Team auch Ruhepole wie Jan Novota oder dich braucht?

Schrammel: Ein Ruhepol ist sicher wichtig, aber man darf nicht immer nur ruhig sein. Auch Jan ist nicht immer ruhig, vor allem bei Torschussübungen, wenn er herumschreit, weil ich ihm ein Tor schieße (lacht). Aber es stimmt schon, ich will mich da noch verbessern, dass ich noch präsenter bin am Platz. Daran gilt es zu arbeiten.