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Tore, die man nicht schießt, bekommt man

Tore, die man nicht schießt, bekommt man

Eine alte Fußball-Weisheit besagt: Tore, die man nicht schießt, bekommt man.

Dass diese Aussage durchaus Berechtigung hat, stellte sich im EL-Gruppenspiel zwischen Metalist Kharkiv und Rapid Wien einmal mehr unter Beweis.

Trotz beherzter Vorstellung, Beißen, Kratzen und Kämpfen musste der österreichische Vertreter die Heimreise mit einem 0:2 und ohne Punkte antreten.

Das große Manko? Wieder einmal die Chancenverwertung. Das Runde wollte einfach nicht ins Eckige.

„Wir Österreicher schaffen es einfach nicht…“

„Leider Gottes ist das der Unterschied. Es ist mühsam, es immer wieder anzusprechen: Wir Österreicher schaffen es einfach nicht, vor dem Tor konsequent zu sein“, nahm sich Mario Sonnleitner im Gespräch mit LAOLA1 kein Blatt vor den Mund.

Tatsächlich überraschte Rapid mit gutem Kombinationsspiel und stellte die Ukrainer immer wieder vor Probleme.

In der ersten Hälfte fanden der steirische Innenverteidiger, Guido Burgstaller und Steffen Hofmann Top-Chancen vor, Christopher Trimmel scheiterte per Kopf an der Stange. Am Ende hieß es in punkto Torschüssen 15:12 für Rapid.

„Wir waren überrascht, dass wir wirklich so viele Torchancen bekommen haben, aber wir wussten, dass wir ihnen weh tun können. Wenn wir in Führung gehen, haben wir hier sogar die Möglichkeit, zu gewinnen“, trauerte Kapitän Hofmann der vergebenen Chance hinterher.

Pech, Glück oder Qualität?

Die Frage nach dem „Warum“ stellte sich nicht nur Sonnleitner: „Ich weiß nicht: Ist es Pech, Glück oder Qualität? Das einzig Positive ist, dass es eine sehr starke Leistung von uns war. Ich habe kaum eine Mannschaft auswärts so auftreten gesehen wie den SK Rapid Wien.“

Der als Favorit ausgemachte Gegner hatte mit dem druckvollen Spiel der Gäste scheinbar nicht gerechnet. Thomas Prager rutschte anstelle von Terrence Boyd in die Startelf, da Schöttel auf „einen sehr ballsicheren, guten Fußballer“ bauen wollte.

Einen Vorwurf wollte der Chefbetreuer keinem seiner Spieler machen. Schließlich konnte ausschließlich des Abschlusses beinahe alles umgesetzt werden, was man sich im Vorfeld vorgenommen hatte. Dort gilt es anzusetzen.

„Vor dem Tor sind wir natürlich noch zu ungestüm oder haben nicht die nötige Ruhe. Da können wir noch einiges lernen“, merkte Hofmann an.

Metalist zeigte Kaltschnäuzigkeit vor

Sowohl die Spieler, als auch der Trainer konnten es nicht fassen, als eine Möglichkeit nach der anderen vergeben wurde.

„Da denkst du dir schon, dass nicht mehr viele kommen werden. Aber es ist immer wieder eine gekommen, weil es sich die Spieler selbst zugetraut und den Gegner mit unserer Spielweise überrascht haben“, analysiert Schöttel.

Was Kaltschnäuzigkeit im Umgang mit Torchancen ist, stellte Metalist eindrucksvoll unter Beweis. Beiden Gegentreffern gingen jedoch vermeidbare Standardsituationen voraus.

„Wir waren konzentrierter und wacher als der Gegner. Und trotzdem sieht man dann im Endeffekt, dass Kharkiv 22 Weltklasse-Spieler hat und aus minimalen Chancen Tore machen kann. Und wir machen aus viel größerern Chancen keine“, konnte es Sonnleitner nicht fassen.

„So viele Brasilianer haben wir in ganz Österreich nicht“

Bei den Ukrainern standen neun Südamerikaner in der Startelf, zwei weitere wurden zwischenzeitlich eingewechselt.

„Die haben so viele Brasilianer drin, so viele haben wir in ganz Österreich nicht. Da sieht man den Qualitätsunterschied“, rechnete Sonnleitner vor.

Dem 0:1 von Edmar ging ein Stellungsfehler der Hintermannschaft voraus, beim 0:2 schloss Cleiton, ebenfalls nach einer Standardsituation, eine Traum-Kombination über mehrere Stationen ab.

„Wir haben gewusst, dass es eine unheimlich starke Mannschaft ist, die man nicht über 90 Minuten ruhig stellen kann“, gab Hofmann im Nachhinein zu. Schließlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass auch Metalist mehrere Chancen auf eine frühere Führung auf dem Fuß hatte.

Schöttel fieberte in der Coaching Zone mit

Das nahm auch den SCR-Coach mit. So in seinem Element und in der Coaching Zone wild gestikulierend wurde Trainer Schöttel noch nicht allzuoft gesehen.

Er ahnte bereits, dass der kleinste Fehler fatale Folgen haben könnte, zeigte immer wieder konkret an, welche Räume geschlossen gehören.

„Ich kann ja einschätzen, was das für ein Gegner ist. Wenn du dich damit beschäftigst, Videos schaust und Berichte einsammelst, weißt du, dass da sehr rasch was passieren kann. Deshalb war ich wirklich positiv überrascht, wie wir aufgetreten sind“, zollte der 45-jährige Wiener seinen Schützlingen Respekt.

Keine Belohnung, aber auch keine Abreibung

Trotz der Schwarzmalerei im Vorfeld und dutzender Vergleiche mit dem Abschneiden von Salzburg und Austria ging Rapid ohne Angst ins Spiel, wie Schöttel bestätigt.

„Mir war schon klar, dass wir keine Mannschaft sind, die hier untergeht. Dafür sind wir mittlerweile viel zu stabil.“

Die Belohnung für die harte Arbeit blieb den Hütteldorfern aber verwehrt, null Punkte aus zwei Gruppenspielen ist das ernüchternde Resultat.

Schließlich bewies eine Fußball-Weisheit einmal mehr Wahrheitsgehalt: Wer die Tore nicht schießt, bekommt sie.


Aus Kharkiv berichtet Alexander Karper