„Unsere Zeit ist gekommen, Geschichte zu schreiben.“
Nicht nur Benficas Offensiv-Spieler Nicolas Gaitan, von dem diese Worte stammen, stellt die historische Bedeutung der Partie gegen Chelsea in den Vordergrund.
In nahezu allen Medien wird rechtzeitig vor dem Europa-League-Finale (Mi., ab 20:30 Uhr LIVE im LAOLA1-Ticker) wieder an die erfolgreichen Zeiten des Lissabonner Traditionsteams erinnert, eines Vereins, der sich mit zwei Siegen im Europapokal früh einen Platz in den Annalen des Sports sicherte.
„Es ist lange her, dass Benfica, ein Klub, der in der Vergangenheit viele Titel errungen hat, ein Europacup-Finale erreicht hat“, ist sich der Argentinier der Situation bewusst und weiß, welche Möglichkeiten sich bieten: „Wir haben es in der Hand, wieder eine wichtige Trophäe zu holen.“
Der 25-Jährige und seine Kollegen können eine Durststrecke von 51 Jahren beenden und zugleich den „Fluch von Bela Guttmann“ besiegen.
„Nicht in 100 Jahren“
Guttmann wurde 1899 in Budapest geboren, als die Stadt noch Teil des österreichisch-ungarischen Imperiums war, und machte sich nach seiner aktiven Karriere (u.a. bei Hakoah Wien) als Fußball-Trainer einen Namen.
Nach Stationen in Österreich, den Niederlanden, Italien und Brasilien coachte der frühere Mittelfeldspieler ab 1959 Benfica und brach mit dem portugiesischen Meister die Dominanz Real Madrids im wenige Jahre zuvor gegründeten Europapokal der Landesmeister.
Zwei Jahre und zwei Finaltriumphe im Vorgänger-Bewerb der Champions League später bat der Übungsleiter um eine Gehaltserhöhung, die ihm vom damaligen Vereinspräsidenten jedoch verwehrt blieb. Guttmann verließ den Verein mit den folgenschweren Worten: „Nicht in 100 Jahren wird Benfica wieder einen Europacup gewinnen.“
Sechs Mal den Kürzeren gezogen
Seit diesem Ausspruch ist über ein halbes Jahrhundert vergangen, sechs Mal scheiterten die „Adler“ unmittelbar vor dem großen Ziel.
Der Geschichte bewusst
Beim bisher letzten Versuch 1990 besuchte Vereins-Ikone Eusebio, 1962 Teil der erfolgreichen Elf, das Grab Guttmanns auf dem Wiener Zentralfriedhof, um seinen ehemaligen Trainer „spirituell“ zu versöhnen. Gebracht hat es nichts.
„Ich weiß natürlich, dass die große Zeit von Benfica in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts lag, ich war damals noch ein Kind. Inzwischen habe ich sehr viel darüber gelesen und auf dem Weg in mein Büro muss ich in einem Flur an rund 30 oder 40 Fotos vorbei, die mir zeigen, was Benfica in den 60er Jahren bedeutet hat“, erinnert sich Guttmans aktueller Erbe auf der Trainerbank, Jorge Jesus.
Vom Ende der Unserie am Mittwochabend ist er überzeugt: „Das Finale erreicht zu haben, ist schon etwas Besonderes, aber dort dann noch zu triumphieren, wäre sozusagen das I-Tüpfelchen.“
Porto besiegte den Fluch
Was dem 54-jährigen Coach Mut machen sollte, ist der zweite Teil der Guttmann’schen Prophezeiung, der oftmals vergessen wird.
„Niemals wieder wird ein portugiesischer Verein zweifacher Champion in diesem Europapokal sein.“
Eine Weissagung, die 2004 vom FC Porto, schon 1987 Sieger im Cup der Landesmeister, revidiert wurde. Nach 42 Jahren.
So gesehen ist also alles nur eine Frage der Zeit. Und die ist, wie Gaitan eingangs erwähnte, ja jetzt gekommen.
Christian Eberle
Jahr | Bewerb | Gegner | Ergebnis |
---|---|---|---|
1963 | Pokal der Landesmeister | AC Milan | 1:2 |
1965 | Pokal der Landesmeister | Inter | 0:1 |
1968 | Pokal der Landesmeister | Manchester United | 1:4 |
1983 | UEFA-Cup | RSC Anderlecht | 1:2 |
1988 | Pokal der Landesmeister | PSV Eindhoven | 5:6 n.E. |
1990 | Pokal der Landesmeister | AC Milan | 0:1 |