LAOLA1: Wir sitzen auch deswegen hier, weil Salzburg nun im Europa-League-Playoff gegen Zalgiris spielt. Vergangene Saison haben Sie mit der Admira gegen die Litauer gespielt und sind nach dem 1:1 auswärts souverän mit 5:1 aufgestiegen. Kann Salzburg überhaupt scheitern?

Kühbauer: Grundsätzlich dürfte es kein Problem geben und in Zahlen beziffert hat Vilnius maximal zehn Prozent Aufstiegschance. Weil dieses Salzburg weit über die Admira der vergangenen Saison zu stellen ist. Im Schongang geht es natürlich auch nicht, aber im Normalfall ist es kein Stolperstein.

LAOLA1: Haben Sie konkrete Tipps für Roger Schmidt?

Kühbauer: Ihm braucht man keine Tipps geben, außerdem haben sie den Gegner auch beobachtet. Ich habe letztes Jahr kein Bildmaterial gehabt, wir haben uns das alles im Internet rausgefischt. Da muss ich keine Tipps geben, in Salzburg weiß jeder, was zu tun ist.

LAOLA1: In Vilnius wird auf Kunstrasen gespielt. Das sollte für Salzburgs Techniker kein Nachteil sein, oder?

Kühbauer: Es ist anders, aber für die guten Fußballer ist es auf Kunstrasen fast einfacher zu spielen, weil der Ball kaum verspringt. Das ist kein Nachteil, auch in Vilnius ist Salzburg klarer Favorit. In der möglichen Gruppenphase werden sie auch dort gute Spiele abliefern. Sie gefallen mir.

LAOLA1: Nach dem fulminanten ersten BL-Jahr bei der Admira, der den Europacup-Platz bescherte, und konkret nach dem 5:1 haben sie wohlwissend festgehalten: "Wir müssen am Boden bleiben". Mit Abstand betrachtet, was lief vergangene Saison schief?

Kühbauer: Der Hauptgrund war der, dass keiner verstanden hat, dass wir gegen den Abstieg spielen würden. Noch dazu haben wir Spieler verloren. Ich habe das immer wieder betont, aber jeder hat geglaubt, wir wären stärker, als es tatsächlich der Fall war. Wir haben zwei Jahre nur Erfolg gehabt, aber dann kommt man in eine Phase, in der du eine Niederlagen-Serie hast. Von der habe ich auch schon zuvor gesprochen gehabt, das hat aber keiner so wirklich wahrhaben wollen. Ich habe gewusst, wovon ich spreche. Für die Spieler, die das nicht gewohnt sind, ist es dann schwierig, den Schalter umzulegen. Das Selbstvertrauen war zuvor riesig, dann ist es geschrumpft. Dazu kommt, dass man am Anfang eine Einheit ist, später wollen dann alle am Kuchen teilhaben und spielen. Die Mannschaft ist dann nicht mehr so kompakt, wie sie sein sollte. Wobei das Mannschaftsklima gut war. Aber der eine oder andere war nicht so, wie er sein müsste. Das ist ein leichter Untergang und macht es schwieriger zu arbeiten. Manche Spieler haben gesagt, sie würden ohne Probleme aus der Situation rauskommen. Aber das ist sehr schwer. Und ich habe nie gesagt, dass das ein Honiglecken sein würde.

LAOLA1: Hätten Sie im Nachhinein etwas anders gemacht oder war es nicht zu verhindern?

Kühbauer: Man muss schon sagen, mit einem Philipp Hosiner hätten wir die Angelegenheit im Frühjahr nach wenigen Runden erledigt. Ich bin überzeugt, dass er in seiner Form auch bei uns 20 Tore gemacht hätte. Marcel Sabitzer war dann auch in den Wechsel-Wirren und ging im Winter. Das sind nicht unwichtige Mosaiksteine, die weggebrochen sind. Fehler macht man immer wieder, aber ich weiß, dass ich mir nichts vorwerfen kann. Natürlich fragt sich jeder Trainer im Nachhinein, warum er den oder den Spieler eingewechselt. Das tut jeder, sonst lügt er. Ich habe mich in jedem Fall darum bemüht, immer das Beste zu geben. Mit sehr viel Leidenschaft. Deswegen bin ich sehr froh, als wir es geschafft hatten. Weil ich abseits der Spieler auch zu der Zeit der einzige war, der an das geglaubt hatte.

LAOLA1: Wann ist die Entscheidung des Rücktritts gereift?

Kühbauer: Es ist langsam gekommen. Ich bin gerne Fußball-Trainer, aber es gibt auch nicht so schöne Momente, dennoch habe ich immer geschaut, dass die Spieler die besten Bedingungen vorfinden und ich dem Klub nicht zu viele Kosten verursache. Ich habe etwa in drei Jahren bis auf Jürgen Macho nur Zweitliga-Spieler geholt. Es war sehr schwierig, bei der Admira zu arbeiten, weil speziell im Frühjahr Unruhe herrschte. Dennoch will ich keine Minute missen. Wenn sich allerdings kaum etwas weiterentwickelt, und damit meine ich nicht die sportliche Seite, dann wird es als Trainer nicht einfacher. Und Dinge, die abgesprochen sind, sollten eingehalten werden. Da war nicht alles rund, das hat mir nicht gefallen. Und man kann nicht immer sehr viel Herzblut hergeben, wenn wenig zurückkommt. Es war ja jetzt nicht so, dass wir einen großen Krach hatten. Es hat sich einfach über ein halbes Jahr aufgebaut. Und ich habe nie aufgehört, weil ich keine Spieler bekam. Ich wollte nur den Zwierschitz ablösefrei. Ich stehe zu meinem Wort und der Klub soll auch dazustehen. Das war eben nicht so. Für mich bedeutet aber Loyalität und Ehrlichkeit sehr viel.

LAOLA1: Wann stand der Entschluss endgültig fest?

Kühbauer: Gleich nach der Saison. Dann bin ich aber noch einmal auf Urlaub gefahren, der mir nach dem brutalen Finish sehr gut getan hat. Mir hat die Mannschaft ja auch getaugt, die zudem die Erfahrungen aus der Vorsaison mitgenommen hatte. Mir war klar, wenn wir wieder bei null anfangen, werden wir kein Problem haben. Das sage ich auch jetzt, ich mache mir um die Truppe keine Sorgen, sofern es nicht zu viele Verletzungen gibt. Aber nach einem weiteren Gespräch mit dem Vorstand, in dem es wieder um gewisse Dinge ging, habe ich mich zu diesem Schritt entschlossen. Ich hatte das Gefühl, dass es nicht besser werden würde. Ich wollte mich auch nicht drei Wochen später wieder ärgern. Es hatte nichts mit der Mannschaft zu tun und ich hatte auch keinen Streit mit Personen aus dem Vorstand. Es war einfach ein klärendes Gespräch.

LAOLA1: Wie bewerten Sie die Entlassung von Ihrem Nachfolger Toni Polster?

Kühbauer: Nach drei Runden ist es hart, weil man nach so einer Zeit nicht so viel erkennen kann. So viel kann man da nicht falsch machen, da sollte man einem Trainer die Zeit geben. Ich weiß natürlich gewisse Dinge, aber auch nicht alles. Der Zeitpunkt ist in so einem Fall aber immer zu früh, denn so etwas nach drei Runden gibt es eher selten.

LAOLA1: Was halten Sie von Polsters Nachfolger? Oliver Lederer trat in Ihre Fußstapfen bei den Amateuren und nun auch bei den Profis.

Kühbauer: Auch wenn ich im Moment keinen Kontakt zu ihm habe, wünsche ich ihm Erfolg.

LAOLA1: Sie kennen Ihn. Was können Sie über ihn sagen?

Kühbauer: Er ist ein engagierter Trainer, der die Aufgabe, junge Spieler zu entwickeln, weiterführen kann.

LAOLA1: Ein anderer Verein, der ihnen am Herzen liegt, ist Rapid. Was haben Sie dahingehend bislang beobachtet?

Kühbauer: Sie haben in der Offensive junge Spieler, an denen das Spiel bereits hängt. Das war früher anders. Das ist einerseits für die Entwicklung gut, aber sie unterliegen natürlich Formschwankungen. Als nominellen Stürmer haben sie de facto nur einen und der ist verletzt (Terrence Boyd, Anm.). Das ist für einen Spitzenklub natürlich zu wenig. Aber sie sind in der Liga dabei, über die Georgier werden sie in der Europa League drüberkommen. Jetzt haben sie in der Meisterschaft verloren, aber das macht der Zoki (Barisic, Anm.) schon. Zudem gibt es eben Salzburg, die einen Spieler wie Kevin Kampl holen können. Da können andere Vereine wie Rapid nicht einfach so viel Geld zahlen, die Zeiten sind vorbei. Generell sage ich zu so einer Situation: Man ist einen Tag nicht ganz oben und am anderen ganz unten. Es muss sachlich analysiert werden. Dann kommst du wieder in die Spur. Ich rede da als Trainer. Salzburg hat eine riesige Kaderstärke, die Rapid nicht hat. Dahingehend hinken sie auch der Austria nach.

LAOLA1: Ist es Ihr persönlich erklärtes Ziel, irgendwann Rapid-Trainer zu werden?

Kühbauer: Ich will nicht auf Rapid reduziert werden. Hunderte andere Trainer, außer vielleicht ein Herbert Prohaska oder Andreas Ogris, wollen das auch werden. Das ist logisch. Ich trainiere auch gerne andere Mannschaften. Ich arbeite gerne mit jungen Spielern, will sie weiterbringen und einen modernen, offensiven Fußball spielen. Bislang habe ich das immer zusammengebracht. Aber man kann sich das auch nicht aussuchen. Natürlich ist es mein Ziel, Rapid irgendwann zu trainieren. Keine Frage. Ich weiß aber auch, dass nicht nur frühere Erfolge entscheidend sind, sondern ich muss mich auch noch im Netzwerken verbessern.

LAOLA1: Apropos: Sind Sie eigentlich ein Facebook-Mitglied?

Kühbauer: Nein. Und ich brauche auch kein Facebook, damit die Fußball-Kenner wissen, dass ich ein guter Trainer bin. Ich brauche meine 22 Spieler, denen ich ohne Facebook zeigen kann, dass ich sie besser machen kann.

LAOLA1: Was hat es mit dem Netzwerken auf sich?

Kühbauer: Es ist ja so: Ich bin nicht käuflich. Im Prinzip musst du aber etwa auch gegenüber manchen Journalisten eine Meinung haben und wenn du nicht derselben bist, dann wird deine komplett verdreht. Damit habe ich ein Problem. Von mir wird niemals jemand etwas Falsches hören, ich bin da sehr authentisch und ehrlich. Ich kann mit jemandem streiten, aber wenn es um die Sache geht, bin ich ihm nicht böse. Dass man aber aufgrund persönlicher Differenzen bewusst runter- und schlecht gemacht wird, das habe ich noch nie verstanden.

LAOLA1: Im Boulevard kam übrigens das Gerücht auf, Sie würden Alfred Tatar als Mattersburg-Trainer ablösen.

Kühbauer: Da ist null dran, es gab dahingehend überhaupt keinen Kontakt. Das ist zu 100 Prozent so. Es geht da auch nicht um Personen, es geht in erster Linie um den SV Mattersburg. Ich will, dass sie wieder aufsteigen. Altach ist stark, aber mit einem Lauf bin ich überzeugt, dass sie es auch schaffen können. Sicher werden manche Ergebnisse nicht allen gefallen, aber das braucht Zeit. Früher hat Mattersburg im Spiel aus wenig viel gemacht, nicht abwertend gemeint, sondern von der Spielanlage her. Aber jetzt müssen sie sich umstellen und das Spiel machen. Sie sind die Gejagten. Das ist auch psychologisch eine Umstellung. Früher konnte man überraschen, jetzt hat man viel zu verlieren. Das braucht seine Zeit und ist in dieser Saison noch viel vorhanden.

 

Das Gespräch führte Bernhard Kastler