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Altbekannte Probleme und einige Lichtblicke

Altbekannte Probleme und einige Lichtblicke

Regelmäßigen Lesern und intensiven Beobachtern des SK Sturm werden folgende Zeilen verdächtig bekannt vorkommen:

Brav mitgespielt; dumme Gegentore durch Unkonzentriertheiten; die eigenen Chancen nicht genutzt, während der Gegner Kaltschnäuzigkeit an den Tag legte; durch einen Ausschluss der Möglichkeit einer Aufholjagd beraubt; zu allem Überdruss erneutes Verletzungspech; dafür waren zumindest die Fans fantastisch.

So oder so ähnlich lassen sich die Aussagen aus dem Lager der Grazer nach dem 0:3 im Europa-League-Gruppenspiel bei Anderlecht auf einen Nenner bringen.

Dabei war die Leistung der „Blackies“ über weite Strecken wesentlich couragierter, als es der klare Endstand vermuten ließe.

„Ganz einfach gesagt: Gut ist zu wenig“, brachte Ferdinand Feldhofer jedoch auf den Punkt, dass sich der Meister von der ordentlichen Leistung wenig kaufen kann, wenn einem letztlich trotzdem die internationalen Grenzen aufgezeigt werden.

„Diese Niederlage ist sehr, sehr bitter, da meine Mannschaft 60 Minuten sehr gut gespielt hat“, ärgerte sich Trainer Franco Foda maßlos, betonte jedoch gleichzeitig: „Es gab auch viele positive Erkenntnisse.“

LAOLA1 fasst einige altbekannte, wie auch einige neue Aufschlüsse der schwarz-weißen Dienstreise nach Brüssel zusammen:

CHANCENVERWERTUNG: „Wenn man die Torchancen nicht verwertet, kriegt man irgendwann eines. Anderlecht macht eben aus wenigen Chancen Tore. Wir hatten auch gute Chancen, haben die Tore aber leider nicht gemacht“, erläuterte Feldhofer den simpelsten Unterschied zwischen den beiden Kontrahenten. Während auf Seiten der Grazer vor allem Patrick Wolf und Imre Szabics vor der Pause zwei Topmöglichkeiten ausließen, schlug der belgische Rekordmeister durch Guillaume Gillet bei der zweiten Top-Chance zu und spielte die Partie in der Schlussphase in numerischer Überlegenheit nach Hause. „Wir haben den Gegner unter Druck gesetzt und in der ersten Hälfte mehr Torchancen gehabt“, fand Foda.

Sturms zahlreich mitgereiste Anhänger wussten Eindruck zu hinterlassen

DAS COMEBACK VON MATTHIAS KOCH: Nach ausgeheilter Schulterverletzung verlassen konnte ebenjenes Lazarett indes Matthias Koch. Der Neuzugang aus Altach hatte sich im Sommer beim 0:3 in Kapfenberg die schwere Verletzung zugezogen und feierte gegen Anderlecht sein Comeback. Abgesehen von einem Fehlpass, der zur ersten Großchance der Gastgeber führte, lieferte der Vorarlberger eine ordentliche Leistung ab. „Matthias hat im Mittelfeld an der Seite von Manuel Weber eine gute Partie gespielt, war sehr stabil in beide Richtungen“, lobte Foda. Nach dem erneuten Ausfall von Jürgen Säumel tut es ohnehin Not, dass ein etatmäßiger Sechser zurückkehrt. Zuletzt entwickelte sich gerade das zentrale Mittelfeld aufgrund von Personalknappheit bisweilen zu einer Problemposition.

DIE PERFORMANCE VON CHRISTIAN KLEM: Der U20-WM-Teilnehmer spielte sich in den letzten Wochen zunehmend in die Auslage, heimste des Öfteren Sonderlob von Foda ein. Auch in Brüssel war der 45-Jährige mit der Leistung des Youngsters hoch zufrieden: „Klem hat links hinten wieder ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht, da war ich sehr zufrieden.“ Auch wenn der 20-Jährige gelernter Mittelfeldspieler ist, deutet vieles auf eine mittelfristige Zukunft in der Viererkette hin. „Es zeichnet sich ab, dass wir links hinten vielleicht endlich einen Spieler gefunden haben, der diese Position ausfüllen kann“, erklärte Foda.

DAS „SCHWARZE MEER“: Einen Sieg hat Sturm an diesem Abend im Constant-Vanden-Stock-Stadion gegen Anderlecht definitiv eingefahren – und zwar jenen im Duell der Fans. Rund 1300 Anhänger haben die Reise nach Brüssel in Angriff genommen, 700 davon hatten eine 20-stündige Busfahrt hinter sich. Ermüdungserscheinungen legten sie keine an den Tag, denn der Lautstärke der „Sturm-Knofel“ hatten die belgischen Supporter nichts entgegenzusetzen. „Wenn man in den Sektor geschaut hat, hat man ein schwarzes Meer gesehen. Ein großes Kompliment“, lobte Kienast. Haas ergänzte: „Ein Wahnsinn, was die für eine Stimmung gemacht haben. Es ist einfach ein Traum, wenn die Leute so weit fahren und uns trotzdem unterstützen, auch wenn wir 0:3 hinten sind.“ Die Performance der Fans hinterließ bei den Spielern so gesehen tendenziell mehr Eindruck als umgekehrt. Feldhofer: „Ich habe mich nach dem Schlusspfiff noch einmal hingesetzt und unsere Anhänger beobachtet. Es ist wirklich schön, wenn so viele Fans durch Europa reisen.“

Peter Altmann

UNKONZENTRIERTHEITEN: Keine Frage, Anderlecht besitzt die Qualität, um immer wieder für ein Tor gut zu sein. Dennoch ärgerte man sich bei den Steirern vor allem über die Entstehungsgeschichte des schön herausgespielten Führungstreffers von Gillet. „Ein blödes Tor, weil wir genau gewusst und besprochen haben, dass sie so spielen“, erklärte Roman Kienast, dass man die Tendenzen des Gegners kannte. Feldhofer ergänzte: „Sie probieren immer auf der Seite mit Kurzpassspiel durchzukommen. Leider ist ihnen das beim 1:0 geglückt.“ Foda war indes vor allem das 2:0 durch Matias Suarez, der völlig freistehend zum Kopfball kam, ein Dorn im Auge: „Das zweite Tor ärgert mich maßlos. Das darf einfach nicht passieren.“

AUSSCHLÜSSE: Ein weiteres Hindernis mit Wiederkennungswert. Ferdinand Feldhofers Geld-Rote Karte war der sage und schreibe sechste Platzverweis für einen Sturm-Kicker in der laufenden Saison. Zuvor erwischte es bereits Georgi Popkhadze (gegen Mattersburg), Mario Haas (in Salzburg), Darko Bodul (bei der Admira), Thomas Burgstaller (gegen Anderlecht) und Milan Dudic (gegen Salzburg). Selbsterklärend, dass dieser Wert viel zu hoch ist. Foda wusste keine logische Begründung für diese Häufung an Ausschlüssen, schüttelte dafür über die Entstehungsgeschichte der Ampelkarte für Feldhofer den Kopf: „Wir waren vor dieser Situation klar in Ballbesitz und verlieren unnötig den Ball. Das darf nicht passieren.“ Feldhofer blieb keine andere Wahl, als Suarez nach dem Ballverlust auflaufen zu lassen. „Ich bin mir keiner großen Schuld bewusst. Ich war der letzte Mann, habe mich eigentlich gar nicht bewegt, und er ist in mich hineingerannt“, beschrieb der Innenverteidiger jene Szene, welche die Hoffnung auf einen etwaigen Ausgleich wohl endgültig zunichtemachte.

QUALITÄTSUNTERSCHIED: Nicht außer Acht lassen darf man in der Analyse natürlich, dass die Belgier bekanntlich über den höherwertigen Kader verfügen. „Wir glauben in Österreich ja immer, dass in anderen Ligen kein Fußball gespielt wird. Aber Anderlecht ist von der Klasse her natürlich weit über uns zu stellen. Sie haben individuelle Qualität, alle Spieler sind physisch und psychisch auf Top-Niveau, sind laufstark“, strich Foda die Vorzüge des Gegenübers hervor. Dass man das höhere Tempo und die international größere Intensität nicht gewohnt sei und deswegen Fehler entstünden, wollte Kienast jedoch nicht als Ausrede gelten lassen: „Wir haben in dieser Saison nicht nur in solchen Spielen, sondern auch in der Meisterschaft dumme Fehler begangen. Das haben wir letztes Jahr nicht gemacht. Ich glaube, dass wir das besser können.“

AUFSTIEGSCHANCE: „Glauben musst du immer. Wenn du nicht daran glaubst, brauchst du nicht zu spielen“, übte sich Mario Haas in Durchhalteparolen, was die Tabellensituation in der Europa-League-Gruppe L betrifft. Die Rechnung ist relativ simpel: Wollen die Steirer Lok Moskau noch vom zweiten Platz verdrängen, müssen sie die beiden ausstehenden Spiele gewinnen, während die Russen beide verlieren müssen. Feldhofer: „Wenn wir in Moskau 3:1 gewinnen (Hinspiel 1:2, Anm.d.Red.), haben wir das direkte Duell gewonnen. Dann müssen wir zu Hause gegen AEK gewinnen und Anderlecht gegen Lok. In Moskau erwartet uns ein K.o.-Spiel. Jetzt wissen wir wenigstens, was wir zu tun haben.“

VERLETZUNGSSORGEN: Eine komplette Auflistung aller verletzungsbedingter Ausfälle in dieser Saison würde inzwischen den Rahmen sprengen. Dass Andreas Hölzl in Brüssel schon nach wenigen Minuten vom Feld musste, schmerzte Foda beinahe ebenso sehr wie die Niederlage. „Sehr, sehr bitter. Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Saison. Man denkt, man hat eine Mannschaft zusammen, die funktioniert, und dann muss man wieder nach wenigen Minuten wechseln“, klagte der Deutsche, der mit der Leistung von Hölzl-Ersatz Wolf nicht zufrieden war. Der Tiroler wiederum reihte sich ins Lazarett der Grazer ein. Foda. „Andi hat sich die Schulter ausgekugelt. Er wird sicher wieder die eine oder andere Woche fehlen.“