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Der Junge, den sie Kuba nannten

Der Junge, den sie Kuba nannten

Polen wird bei der Heim-EURO von einem Mann angeführt, der das Fußballspielen aufgegeben hatte, stolz auf seine Heimat ist, dessen Oma ihn mit Maradonna verglich und der einen alten Bekannten zum Onkel hat.

LAOLA1 weiß zehn Dinge über Jakub Blaszczykowski:

  • Blaszczykowski ist lang. Zu lang für die meisten Fußballtrikots. Trotz eines druchtrainierten Bodys sind die Schultern von Jakub Blaszcykowski nicht breit genug, für die 14 Buchstaben seines Nachnamens. Deshalb trägt der Flügelflitzer Kuba auf seinem Dress, die polnische Verkleinerungsform von Jakub, die ihm schon seit seiner Kindheit als Spitzname dient.
  • Geboren wurde Kuba in Czestochowa, zu deutsch Tschenstochau. Die Stadt liegt in der Woiwodschaft Schlesien, 200 Kilometer südwestlich von Warschau. Vor allem als Wallfahrtsort ist die Stadt an der Warthe bekannt. Hier sollte auch Kubas fußballerische Laufbahn beginnen. Aufgewachsen ist der kleine Kuba aber unweit im 2000-Seelen-Örtchen Trusolasy. Seinen Geburtstag, den 14. Dezember, teilt sich der Borusse unter anderem mit Patty Schnyder, Michael Owen und - ausgerechnet - dem Schalker Doppel-Pokal-Sieger Nico van Kerckhoven.
  • Bei Rakow Czestochowa begann Kuba mit dem Fußballspielen. Der damalige Drittligist zählt etwa Jacek Krzynowek zu seinen früheren Spielern. Auch ein ehemaliger österreichischer Meister startete seine Karriere bei Rakow: Jerzy Brzeczek (u.a. FC Tirol, LASK, SK Sturm, FC Kärnten). Dass Kuba und Brzeczek ihre Karriere beim selben Verein begannen, ist aber wenig verwunderlich. Der 41-Jährige Ex-Nationalspieler ist Kubas Onkel und wurde später auch sein Manager.

Kuba im Dress von Wisla Krakau
  • Ein unfassbar schreckliches Familien-Drama sorgte für einen ganz tiefen Einschnitt im Leben des Teenager Kuba. Der tragische Verlust seiner Mutter sollte ihn für sein Leben prägen, setzte doch Kubas Vater diesem Leben ein Ende. Fortan wurde er von seiner Großmutter, die er als den "wichtigsten Menschen in meinem Leben" bezeichnete, großgezogen. Kuba zog sich aber völlig zurück und hörte mit dem Fußballspielen auf. Erst ein Jahr später nahm der Dribblanski wieder an einem Futsal-Turnier teil, wurde zum besten Spieler gewählt und ließ sich schließlich von Onkel Brzeczek zu einer Rückkehr in den Fußball überreden.
  • Bei Gorni Zabraze, gemeinsam mit Ruch Chrozow polnischer Rekordmeister, standen die Vorzeichen für eine innige Liebesgeschichte zwischen Spieler und Verein gut, fallen doch Kubas Geburtstag und der Gründungstag des Bergarbeiterklubs anno 1948 (14. Dezember) zusammen. Es sollte aber anders kommen. Beim ehemaligen Klub von Tomasz Hajto und Tomasz Waldoch - zwei weitere Schalker Pokalsieger - sowie von ÖFB-Legionär Daniel Sikorski konnte sich Kuba nicht durchsetzen. Er kehrte 2003 in seine Heimat zurück und heuerte beim Viertligisten KS Czestochowa an.
  • Bei seinem ersten Trainingslager mit dem BVB steckte ihn der damalige Trainer Thomas Doll mit Mladen Petric zusammen in ein Zimmer. Der Kroate meinte im Scherz, wenn er mit einem Polen das Zimmer teilt, müsse er seine Brieftasche verstecken. Kuba war daraufhin verärgert und bat Doll sofort um ein anderes Zimmer. Petric entschuldigte sich, Kuba war aber enttäuscht: "Ich weiß, welche Meinungen in Deutschland über Polen herrschen. Das ärgert mich."
  • Gegen keinen Gegner lief Kuba in seiner Profi-Karrier öfter auf, als gegen die Bayern. Zehn Mal duellierte er sich schon mit den Münchnern. Auch den einzigen Platzverweis seiner Karriere kassierte er gegen Bayern - bei der Niederlage im Pokal-Finale 2008 musste Kuba in der 108. Minute mit Gelb-Rot runter.
  • In der abgelaufenen Saison avancierte der Pole zum "Torjäger". Sechs Treffer gelangen Kuba, zuvor hatte er in keiner Saison mehr als drei Tore erzielt. Auch seine ersten beiden Doppelpacks feierte Kuba in dieser Saison. Viel berühmter ist er aber ohnehin für einen Fehlschuss. In der Vorsaison hätte Kuba in Freiburg völlig allein vor dem leeren Kasten mit dem Ball ins Tor laufen können, setzte die Kugel aus elf Metern aber über den Kasten.

Mit Petric hatte Kuba keinen guten Start
  • Sein Debüt in der Nationalmannschaft feierte Kuba am 28. März 2006 gegen Saudi Arabien, seit 2010 führt er die Polen als Kapitän an. Die Heim-EURO wird für Kuba seine erste Europameisterschaft. 2008 musste er kurz vor dem ersten Gruppenspiel wegen einer Oberschenkelverletzung abreisen. Des einen Leid, des andren Freud. Durch seine Absage "verhalf" Kuba seinem jetzigen Team-Kollegen Lukasz Piszczek zur Nachnominierung.
  • In seiner Heimat gibt es um Kuba einen Riesen-Hype. Von jeder Ecke lacht der Kapitän herunter und wirbt für die EURO. Zweimal wurde Kuba bereits Polens Fußballer des Jahres (2008, 2010). Fußball-Legende Zbigniew Boniek (WM-Dritter 1982, Weltpokalsieger 1985, u.a. bei Juventus und der Roma) war von Kubas Leistung während seiner Zeit bei Wisla Krakau angetan und bezeichnete ihn als "kleinen Figo", für den jeder Tag in der polnischen Liga ein verlorener sei. Auch die Oma glaubte schon in frühen Jahren an den kleinen Kuba und bewies Fußballfachkenntnis. Sie wurde einmal gefragt, ob sich ihr doch recht kleiner, schmächtiger Enkel im großen Fußball durchsetzen könnte. „Maradona war auch klein“, erwiderte sie, „aber er dribbelte wie kein anderer auf der Welt.“

 

Christoph Kristandl