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Was ist denn da los?

Was ist denn da los?

Es wirkt wie ein Bild längst vergangener Tage, wenn man das Foto des Trainer-Treffens kurz vor dem Saisonstart der Ersten Liga betrachtet.

Dabei sind gerade erst 15 Runden gespielt. Dennoch hat die Hälfte der Vereine ihren Trainer bereits gewechselt.

Mit Hans Kleer, Karl Daxbacher und Peter Zeidler sind von den zehn Männern auf den Betreuerbänken nur drei über zwei Jahre lang im Amt.

Die Gründe für die hastigen Wechsel der Trainerposten mögen unterschiedlich sein. Vor allem die jüngsten Entwicklungen in Hartberg lassen die Vorkomnisse beim TSV unmittelbar vor Saisonbeginn in einem völlig anderen Licht erscheinen (Alle Infos).

Was die anderen vier Trainer-Wechsel in der laufenden Spielzeit betrifft, sind aber einige Parallelen zu erkennen. 

Willi Schuldes, Helgi Kolvidsson, Herbert Gager und Michi Streiter mussten aufgrund der sportlichen Lage ihr Amt zurücklegen. LAOLA1 versucht dem Trainerschwund auf den Grund zu gehen:

  • Zwei Fix-Absteiger

Das Liga-Format mit nur einem Absteiger und einem Relegations-Platz hat den Vertretern der Regionalligen nicht gepasst. Um den Aufstiegs-Aspiranten aus der dritten Leistungsstufe entgegen zu kommen, steigen seit dieser Saison aus der Zehner-Liga zwei Vereine fix ab. „Das ist ein Problem“, empört sich Paul Gludovatz, ehemals Erste-Liga-Coach bei Hartberg. „Es ist ein Wahnsinn, dass man 20 Prozent der Vereine fix absteigen lässt. Das gibt es sonst nirgends in Europa.“

Freilich lastet aufgrund des aktuellen Modus mehr Druck auf den Vereinen. Man gerät schnell einmal in Abstiegsgefahr. Das kann zu Kurzschlusshandlungen führen. „Aufgrund der zwei Fix-Absteiger wollen viele Vereine in Krisensituationen nicht lange mit einer Reaktion zuwarten“, bemängelt Ex-St.-Pölten-Trainer Martin Scherb. Deswegen heizen die vielen Trainer-Entlassungen die Diskussion um eine Liga-Reform an. Grödig-Manager Christian Haas, dessen Verein viele Jahre selbst Teil der Ersten Liga war, hält von Jammerei über den Modus jedoch überhaupt nichts: „Die Regel-Entscheidung wurde von allen Vereinen getroffen. Es gibt dazu nichts mehr zu sagen.“

  • Viele Vereine mit Aufstiegsambitionen

Der Grat zwischen Abstiegsgefahr und Aufstiegsambitionen ist schmal. Mit Wacker Innsbruck, SKN St. Pölten, Austria Lustenau, SV Mattersburg und dem LASK machten sich gleich fünf Vereine vor der Saison zumindest Hoffnungen auf den Sprung in die Bundesliga. Da verwundert es kaum, dass einige Klubs enttäuscht sind, wenn sie nicht oben mitspielen. „Viele Klubs spekulieren, zumindest im Hinterkopf, mit dem Aufstieg. Auch, wenn sie das nicht öffentlich sagen. Vom Aufstieg sind sie aber weit weg. LASK und Mattersburg laufen der Konkurrenz davon“, erklärt Ex-Rapid-Trainer Peter Schöttel.

Dessen TV-Analytiker-Kollege Scherb meint: „Fünf Vereine wollten in diesem Jahr aufsteigen, fünf wollten nicht absteigen. Deswegen stehen die Vereine sowieso immer unter Druck. Egal, wer der Trainer ist.“ Dazu gibt es mit Liefering einen inoffiziellen Farm-Klub, der zwar oben mitspielt, aber nicht aufsteigen kann. Auch das macht es für die anderen Vereine nicht einfacher.

  • Die Klubs überschätzen ihre Spieler

„Bei vielen Vereinen klaffen Realität und Erwartungshaltung weit auseinander“, erklärt Scherb. Viele Klubs wollen es früher oder später in die Bundesliga schaffen. Ob der Aufstieg wirtschaftlich aber überhaupt möglich ist, rückt dabei in den Hintergrund. Das kritisiert auch Ex-Ried-Trainer Gludovatz: „Nehmen wir das Beispiel St. Pölten: Sie sind seit drei oder vier Jahren Aufstiegskandidat, können es sich aber nicht leisten, den Kader qualitativ so zu verbessern, dass es wirklich dafür reicht. Schlussendlich geht es immer nur darum, wer es sich leisten kann.“

Schöttel erkennt eine veränderte öffentliche Wahrnehmung, wenn es um die Suche nach Schuldigen für sportliche Misserfolge geht. „Früher hat man nach zwei, drei Niederlagen davon gesprochen, dass die Mannschaft wieder auf die Beine kommen muss. Da ist es um Mannschaften gegangen, jetzt geht es um den Trainer. Das hat sich ein bisschen verlagert“, so der Rapid-Rekordspieler, der fordert, dass Vereins-Funktionäre ihren Coaches länger die Stange halten. Womit er zugleich den nächsten Punkt anspricht.

Ex-Klub Trainer Alter im Amt
Hartberg Ivo Istuk 60 Juni 2014 - Juli 2014
Horn Willi Schuldes 46 Juni 2013 - September 2014
Austria Lustenau Helgi Kolvidsson 43 Juli 2011 - Oktober 2014
St. Pölten Herbert Gager 45 Juni 2014 - Oktober 2014
Wacker Innsbruck Michael Streiter 48 Dezember 2013 - Oktober 2014

  • Vorschnelles Handeln der Funktionäre

„Wenn ich als Verantwortlicher einen Trainer bestimme, ihm einen Vertrag gebe und ihm vertraue, dann muss ich auch bereit sein, mit ihm durch schwierige Zeiten zu gehen“, erklärt Schöttel. Auch Scherb stößt der Umgang der Vereine mit den Trainern sauer auf. Konkret spricht er die Beispiele Austria Lustenau und St. Pölten an: „Es ist legitim, die Trainer zu tauschen, aber die Art und Weise war bei diesen Vereinen nicht professionell. Das wirft ein schlechtes Licht auf den Fußball.“ Bei den Vorarlbergern habe die Ablöse von Kolvidsson sechs Wochen gedauert. „In St. Pölten richtete der Obmann dem Trainer via Zeitung ein Ultimatum aus.“

Scherb ortet in vielerlei Hinsicht „kein Trainer-Problem, sondern ein Struktur-Problem bei den Vereinen“. Er kenne Vereine in der 2. Landesliga, die professioneller aufgestellt seien, als so mancher Erste-Liga-Klub. „Da werden aus Eitelkeiten Entscheidungen getroffen, aus Eitelkeit sitzt man in einem Vorstand.“ Auffällig ist zudem, dass die entlassenen Trainer in allen fünf Fällen dann sowieso intern nachbesetzt wurden. Schöttel bewertet das grundsätzlich positiv, meint aber gleichzeitig: „Es ist oft auch einfach nur eine günstige Lösung, um Zeit zu gewinnen.“

  • Viele Transfers, keine Konstanz

Laut „Transfermarkt.at“ kommt die Erste Liga in diesem Sommer auf durchschnittlich knapp 26 Zu- und Abgänge pro Klub. Das ist ein unglaublicher Wert, der sich vor allem mit der geringen finanziellen Planungssicherheit der Vereine erklärt. Nur wenige Spieler erhalten in Österreichs zweiter Spielklasse mehrjährige Verträge. „Ein richtiges Kader-Gerüst gibt es bei den wenigsten Vereinen. Mattersburg ist da eine positive Ausnahme“, bemerkt Scherb.

In so einem Umfeld sei es für einen Trainer natürlich schwerer, zu arbeiten, auch wenn es zu seinen Aufgaben gehöre, eine funktionierende Mannschaft zu formen. Gludovatz bemängelt, dass sich die Klubs aufgrund der engen Situation in der Tabelle im Winter nun wieder zu Investitionen gezwungen sehen würden. „Sie verschaffen sich dadurch vielleicht kurzfristig einen Vorteil. Steigen sie danach aber dennoch ab, haben wir den nächsten Insolvenzfall“, so der ehemalige U20-Erfolgscoach.

Erste Liga: Noch immer ein Sprungbrett für junge Trainer?

In den vergangenen Jahren wurde die Erste Liga für viele Coaches zum Ausgangspunkt einer Bundesliga-Karriere. Man denke dabei nur an Adi Hütter, Didi Kühbauer oder Gerald Baumgartner. Nun scheint die Situation für die Übungsleiter der Spielklasse unsicherer geworden zu sein. Dennoch glauben die von LAOLA1 befragten Experten, dass die Erste Liga weiterhin als Plattform für junge österreichische Trainer dienen könne.

„Auf alle Fälle“, erklärt Grödig-Manager Haas, „ich beobachte den Markt sehr genau und schaue, welche Kandidaten dort arbeiten. Daher ist es meiner Meinung nach ein sehr gutes Sprungbrett.“ Schöttel, Gludovatz und Scherb pflichten bei. Letzterer erklärt aber: „Bei jedem Trainer gehört zur Entwicklung auch dazu, mittelfristig etwas aufzubauen.“ Dafür muss ihnen nur die Zeit gegeben werden.

 

Jakob Faber / Harald Prantl / Martin Wechtl

Klub Trainer Alter im Amt seit
FAC Hans Kleer 45 Oktober 2011
LASK Karl Daxbacher 61 Juni 2012
Liefering Peter Zeidler 52 Oktober 2012
Kapfenberg Kurt Russ 49 Juni 2013
Mattersburg Ivica Vastic 45 Dezmber 2013
Hartberg Bruno Friesenbichler 46 Juli 2014
Horn Christoph Westerthaler 49 September 2014
Austria Lustenau Mladen Posavec 43 Oktober 2014
St. Pölten Michael Steiner 40 Oktober 2014
Wacker Innsbruck Florian Klausner 33 Oktober 2014