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Berger: "Jeder sagt: Hartberg ist Fixabsteiger"

Berger:

Hätte Hans-Peter Berger einen Wunsch frei, er würde wohl die ersten acht Saisonspiele des TSV Hartberg streichen.

Dann wäre sein Klub nämlich zum derzeitigen Zeitpunkt alle Abstiegssorgen los und läge mit 23 Zählern auf einem relativ komfortablen sechsten Rang.

Die Realität in der Oststeiermark heißt weiterhin Abstiegskampf, dennoch spricht diese Teil-Tabelle für den Kampfgeist, den die Blau-Weißen nach einem kapitalen Fehlstart entwickelt haben.

Berger, der erst Ende August zu Hartberg wechselte, strahlt ebendiesen aus und wurde binnen kürzester Zeit zur einem wichtigen Faktor für den Defensiv-Verbund des TSV.

Das belegt nicht zuletzt die Statistik: Der 33-Jährige ist mit 78,8 Prozent an abgewehrten Bällen in dieser Rangliste der zweitbeste Torhüter der Liga hinter Pavao Pervan vom LASK (82,8%).

Warum er Bruno Friesenbichler für einzigartig hält, fast die ganze Liga gleich spielt und was - neben dem Klassenerhalt - "ein Traum" wäre, erzählt er im LAOLA1-Interview:

LAOLA1: Einen Punkt hat Hartberg zuletzt aus dem Tivoli mitgenommen. War das unterm Strich nicht zu wenig im Abstiegskampf?

Hans-Peter Berger: Wenn man als Hartberg zwei Mal auswärts spielt, und bei großen Klubs wie Lustenau und Wacker Innsbruck vier Punkte holt, dann ist das okay. Wir können gut damit leben.

LAOLA1: Du hast nach der Partie von "Raufball" gesprochen. Wie gut beherrscht Hartberg deiner Meinung nach diese Sportart im Frühjahr?

Berger: Defensiv sind wir bis jetzt immer gut gestanden. Nur nach Standard-Situationen haben wir leider immer wieder Tore bekommen. Dazu lauern wir auf unsere Konterchancen. Das passt momentan. Ein Großteil der Liga spielt auch so.

LAOLA1: Dabei hat man nach dem "Fall Bodrusic" die Abwehr im Winter entscheidend umbauen müssen.

Berger: Er war ein herber Verlust, das ist ganz klar. Aber wir haben mit Schönberger, Rotter und Gluhak drei Verteidiger, die sich bis jetzt gut präsentiert haben.

LAOLA1: Hat Hartberg als Verein möglicherweise einen gewissen Vorteil im Kampf gegen den Abstieg, weil man in den letzten Jahren dabei Routine gesammelt hat?

Berger: Als ich hierher gekommen bin, hat es geheißen, dass wir absoluter Fixabsteiger sind. Ich habe dann gesagt: Das werden wir erst einmal sehen. Wir haben uns überragend herangekämpft und jetzt sind wir mitten im Geschehen. Die Einheit ist super, von vorne bis hinten. Das ist besonders wertvoll im Abstiegskampf. Wir werden fighten bis zum Schluss.

LAOLA1: Zu Saisonbeginn ging es im Verein drunter und drüber. Hast du so etwas in dieser Intensität in so kurzer Zeit schon einmal erlebt?

Berger: Da ist es Schlag auf Schlag gegangen, das ist richtig. Es ist auch dann sportlich viel in die Hose gegangen. Jetzt haben wir das alles ausgemerzt und ziehen alle an einem Strang. Wir wissen aber auch, dass es verdammt schwer wird, weil uns diese acht Spiele vom Herbst abgehen. Aufgegeben wird aber wie immer nur ein Brief bei der Post.

LAOLA1: Inwiefern war dein Engagement im Winter gefährdet? Immerhin war von einem notwendigen Zusatz-Sponsor die Rede.

Berger: Das war im Großen und Ganzen überhaupt nicht gefährdet. Im Sommer ist vom ganzen Verein relativ viel Mist gebaut worden. Da hat der Präsident noch einige Löcher stopfen müssen. Ich war mir mit dem Verein Ende November schon einig. Das war dann nur eine Frage der Zeit, bis der Verein alle Dinge geklärt hatte.

LAOLA1: Mit dem Mist, der gebaut wurde, sprichst du von der Posse rund um Ivo Istuk?

Berger: Ja, genau. Dann gab es auch noch den Wechsel in der Vereinsführung und so weiter. Da hat es viele Probleme gegeben, die man auch während der Saison schwer bekämpfen kann. Ich war auch nicht der einzige, der nicht unterschreiben konnte. Bei Danijel Prskalo oder Christoph Kröpfl hat es auch gedauert.

LAOLA1: Wie hast du die Folgen der "Ära Istuk" wahrgenommen?

Berger: Zu ihm persönlich kann ich nichts sagen, weil ich erst später gekommen bin. Die Stimmung danach war natürlich schlecht. Das ist auch logisch, so etwas habe ich auch noch nie erlebt. Nichtsdestotrotz haben wir in den Länderspielpausen besonders hart gearbeitet und auch die Winterpause genützt. Man sieht, was dabei herauskommen kann.

LAOLA1: Obmann Jürgen Rindler hat deine Qualitäten als Führungsspieler herausgestrichen. Wie versuchst du, dich als solcher in der Mannschaft einzubringen?

Berger: Ich bin jetzt, glaube ich, 18 Jahre im Geschäft. Da bekommt man eine gewisse Routine, die man einbringen kann. Aber ich bin abhängig von meinen Mitspielern. Wir ergänzen uns gut, sind eine eingeschweißte Truppe und deswegen haben wir den Anschluss auch geschafft.

LAOLA1: Trainer Bruno Friesenbichler wirkt stets extrem darum bemüht, sich vor die Mannschaft zu stellen. Siehst du das auch so?

Berger: Für mich ist der Bruno einzigartig. Er nimmt uns den ganzen Druck, der im Stadion entsteht oder auch im Hinblick auf die Schiedsrichter. Wenn man sich die ganzen Aktionen ansieht, in denen wir beurteilt werden, dann ist das - gelinde gesagt - nicht gerade positiv. Bei den ganzen Video-Analysen, die wir durchführen, können wir das auch beweisen. Da hilft er uns einfach, damit wir unseren Kopf frei haben und somit besser Fußball spielen können.

LAOLA1: Seine emotionalen Auftritte sind bisweilen skurril bis amüsant. Schlägt er da nicht auch manchmal über die Stränge?

Berger: Man muss auch dazusagen, dass viele Leute nur die Konferenz im Fernsehen sehen und nicht das ganze Spiel. Also bekommt man auch nicht mit, wie ein Schiedsrichter pfeift und Fehlentscheidungen trifft, die jedes Mal nicht für, sondern gegen uns sind. Im Abstiegskampf sind das einfach wichtige Situationen und letztlich Punkte, die entscheiden können. Es geht für den ganzen Verein um sehr viel und für jeden einzelnen Spieler darum, ob er im Sommer einen Job hat oder nicht. Da kann es auch einmal passieren, dass Emotionen hochkommen. Aber das ist im Fußball ganz normal. Das gehört auch dazu.

LAOLA1: Du hast den Druck schon angesprochen. Vor der Winterpause wurde dem Verein eine Finanzhilfe in Höhe von 200.000 Euro seitens der Gemeinde zugesichert. Wie sehr erwartet man auch in der Umgebung des Vereins den Klassenerhalt? 

Berger: Uns hat eh schon jeder abgeschrieben gehabt. Egal, mit wem du redest, jeder sagt: "Hartberg ist Fixabsteiger." Wir werden weiterkämpfen und versuchen, damit alle Kritiker ruhigzustellen. Da hinten pickt alles zusammen. Jede Runde kann entscheiden.

LAOLA1: Wann machst du dir wieder Gedanken über deine sportliche Zukunft?

Berger: Momentan zählt nur der Klassenerhalt, aber dann werden wir weitersehen. Ich bin in einer Topverfassung und möchte noch einige Jahre Fußballspielen. Erst müssen wir die Liga halten, dann wird sich alles von selbst ergeben. Wenn die Chance auf einen Wechsel in die Bundesliga noch einmal besteht, wäre das natürlich ein Traum.

LAOLA1: Vor dem Traum folgt die Realität namens Kapfenberg. Beide Saisonduelle gingen verloren. Kann man wieder mit "Raufball" rechnen?

Berger: Das wird es wahrscheinlich wieder werden, ja. So praktiziert es mehr oder weniger auch die gesamte Liga, weil ja nur die ersten drei gesichert sind und der Rest gegen den Abstieg spielt. Da zählt jeder Zweikampf und jedes Luftduell.

 

Das Interview führte Andreas Terler