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"Es hat der Seele gut getan"

Ein Sechstel der neuen Saison in der Ersten Liga ist absolviert.

Die ersten 30 der 180 Partien wurden gespielt, die ersten Erkenntisse sind eingeholt.

Klar ist, Austria Lustenau hat sich in der noch jungen Spielzeit klar zum Titelfavoriten Nummer eins gestempelt.

Nur ein Mal konnten die Vorarlberger ein Spiel nicht gewinnen, nur einmal kassierten sie Gegentore - beim 2:2 war Grödig für beides verantwortlich.

Nach Altach kam Grödig

Die Salzburger sind aktuell die dritte Kraft in der zweithöchsten Spieklasse Österreichs und treffen nun auf ihren vorderen Nachbarn St. Pölten.

Seit Sommer hat der SV Grödig einen neuen Trainer: Adi Hütter löste seinen ehemaligen Salzburg-Teamkollegen Heimo Pfeifenberger ab.

Der Vorarlberger war zuvor fast drei Saisonen beim SCR Altach engagiert. Fast, denn acht Runden vor Schluss der vergangenen Spielzeit wurde Hütter mitten im Titelkampf entlassen.

"Diese Entscheidung hat genau null und gar nichts gebracht", sagt der 41-Jährige Monate später.

Im Bösen ist der 14-fache Internationale aber nicht gegangen, wie das folgende LAOLA1-Interview zeigt:

LAOLA1: Ein Sechstel ist absolviert und Grödig steht mit einer neuformierten Mannschaft auf Platz drei. Zufrieden?

Adi Hütter: Ganz unzufrieden bin ich nicht, zumal wir in drei Auswärtsspielen sieben Punkte geholt haben. Das ist absolut okay und erfreulich. Die Heimspiele mit jeweils einem Sieg, Unentschieden und einer Niederlage waren jedoch wieder zu wenig. In Summe gesehen ist der Start aber mit elf Punkten geglückt.

LAOLA1: Gehört Grödig genau dorthin, wo es aktuell in der Liga steht?

Hütter: Ich denke, dass Altach kommen muss. Mit diesem Kader, der meiner Meinung nach stärker ist als vergangene Saison, muss der Weg klar unter die ersten Drei führen. St. Pölten ist für mich eine gute Mannschaft und wir werden nun im direkten Duell sehen, was uns unterscheidet. Wir spielen sicher noch nicht auf einem Top-Level, haben noch jede Menge Luft nach oben. Ich erwarte mir auch sukzessive eine Entwicklung, das geht aber nicht von heute auf morgen. Ich lasse mich auch nicht von der Tabelle blenden, wir haben mit St. Pölten und dann Kapfenberg jetzt auch zwei Gegner, die eigentlich höher einzustufen sind als wir. Da wird sich zeigen, wo wir stehen. Wenn wir nach 18 Runden unter den ersten Drei stehen, mit Tuchfühlung nach vorne, dann sage ich, wir sind auf einem guten Weg.

LAOLA1: Bisheriges Highlight für Sie war wohl der 1:0-Sieg bei ihrem Ex-Klub Altach. Haben Sie Genugtuung gespürt?

Hütter: Ich würde lügen, wenn ich sage, es wäre mir egal gewesen. In der Seele hat es gut getan. Ich sage aber auch, dass ich Altach viel zu verdanken habe. Ich war fast drei Jahre dort, mir wurde eine Plattform geboten und ich habe mich als Trainer weiterentwickeln können. Ich bin nicht im Bösen gegangen, ich war einfach enttäuscht über die Entscheidung. Beim Sieg mit Grödig hat mir auch gefallen, dass es keine Pfiffe gab, das hat der Seele ebenfalls gut getan.

LAOLA1: Wie konzeptlos war Grödig bislang? Kontinuität am Spielersektor gab es de facto nicht.

Hütter: Das davor war nicht mein Kaffee. Ich konnte mir glücklicherweise noch in den letzten Runden der vergangenen Saison ein  Bild machen. Ich habe die Spieler genau unter die Lupe genommen. Aufgrund meines Anforderungsprofils und meiner Philosophie bin ich einfach zum Schluss gekommen, dass ich Veränderungen haben möchte. Vor allem was die Kaderstruktur, Alter und Anzahl betrifft. Trotz allem sollte sich aber auch die Qualität heben. Für diesen Weg habe ich mich mit Christian Haas und Edi Glieder (Co-Trainer, Anm.) entschieden. Auf Dauer sollte natürlich eine Kontinuität reinkommen. Es kann nicht sein, dass jedes halbe Jahr sieben Spieler getauscht werden. Ich weiß, wie schwierig es dann ist. Wir hatten nun im Sommer 13 neue Spieler, sechs sind dageblieben, die aber zum Teil auch anders Fußball gespielt haben. Da ist es auch darum gegangen, Spieler wie Öbster oder Jukic, die in der Versenkung waren, sozusagen aus der Lethargie, aus der Komfortzone herausholen. Das alles braucht Zeit, etwas zu ändern und zu entwickeln. Wenn einem der Verein die Zeit gibt, dann kann auch etwas entstehen. Wenn nur auf Ergebnisse abgezielt wird und Druck, Druck, Druck vorherrscht, dann wird es schwierig. Das ist aber unser Denken. Die Leute schauen zumeist nur auf das Ergebnis. Mir geht es vielmehr darum, dass einmal eine Kultur ins Spiel kommt. Wenn das passt, kommen auch die Ergebnisse.

LAOLA1: Ihre gewünschte Spielkultur wird sich zu jener in Altach nicht verändert haben.

Hütter: In Altach haben wir oftmals Kombinations- und schnellen Fußball produziert. Wir waren in der vorletzten Saison mit der Admira auf Augenhöhe. Ich will jetzt nicht sagen, dass Altach dann in der Bundesliga ähnlich agiert, aber sicherlich auch nicht die großen Probleme gehabt hätte. Das macht es auch so interessant, dass die Mannschaften in der zweiten Liga nicht so extrem weit weg von den Bundesliga-Teams sind, beim Aufsteiger beweist sich das immer wieder. Für mich ist es bei Grödig, das immer noch ein wenig die graue Maus ist, ein wenig Farbe mitzugeben. Also attraktiven Fußball zu spielen. Ich bin einfach ein Verfechter des Kombinationsfußballs, das gefällt den Spielern, das gefällt den Zuschauern, die so auch vermehrt kommen sollen. So kann man eher eine Begeisterung entfachen, das ist meine Philosophie.

LAOLA1: Ihr Vorgänger hatte es nicht immer leicht mit den Herren Haas. Wurden Sie von Heimo Pfeifenberger gewarnt?

Hütter: Was war, das war. Ich habe mit Heimo viel erlebt, auch die Trainerausbildung. Die Chemie hat wohl nicht mehr gepasst. Mein Antrieb hier ist nicht, dass ich mit Christian Haas gut auskomme. Mein Kompetenzbereich ist, dass Grödig gut spielt und zwar so, dass der Geldgeber auch zufrieden ist. Das ist so. Wir haben gemeinsam den Kader beleuchtet und umgestaltet. Es gilt aber auch im Umfeld etwas zu tun, wir haben 800 Zuschauer und da werden wir nicht die Bäume ausreißen. Da ist es eben auch Ziel, Menschen in die Untersbergarena zu bewegen. Dass sie sagen, ja gehen wir mal Adi und Edi besuchen (lacht). Es ist aber klar, wenn wir vorne mitspielen, dann kommen mehr Leute.

LAOLA1: Gibt es eine Vision vom Aufstieg?

Hütter: Man sollte immer eine Vision haben. Mein Ding ist immer, so weit wie möglich nach vorne zu kommen. Wenn wir unser Potenzial weiterhin abrufen können, dann sind wir für eine Überraschung gut und können weiter vorne mitspielen.

 

Das Gespräch führte Bernhard Kastler

LAOLA1: Wie sehr hat Ihnen aber die Entlassung bei Altach damals wehgetan?

Hütter: Man kann über den Zeitpunkt der Entlassung diskutieren. Es ist sicher nicht angenehm, acht Runden vor Schluss mit drei Punkten Rückstand auf den Ersten gehen zu müssen. Weh getan hat es nicht. Es kam vielleicht nicht ganz überraschend, aber wenn man die zwei Jahre und die Herbstsaison davor sieht, wo nicht nur ich gute Leistungen erbracht habe, dann ist es sicher unangenehm. So ist eben das Geschäft, es geht schnell und ist undankbar, aber damit müssen wir als Trainer eben leben. Die Zielsetzung wäre halt immer noch zu realisieren gewesen, das Vertrauen des Vereins war aber nicht mehr da und die Reißleine wurde gezogen. Dieser Wechsel hat im Nachhinein gesehen aber null und überhaupt gar nichts gebracht.

LAOLA1: Sehen Sie das wiederum mit Genugtuung?

Hütter: Um das geht es mir gar nicht. Schließlich ist es eben mein Heimatverein, dort arbeiten Leute, mit denen ich aufgewachsen bin. Es war mein Zuhause. Deshalb wünsche ich dort keinem etwas Negatives, ich habe die Sachlage einfach nicht verstanden. Man muss klipp und klar sagen, dass der Schuss nach hinten losgegangen ist. Wenn man schon einem Trainer das Vertrauen schenkt und nach acht Spielen wieder einen neuen holt, dann frage ich mich, was das Ganze soll. Da muss sich jedoch ohnehin die treibende Kraft, Karl-Heinz Kopf, rechtfertigen. Er hat aber sicher versucht, das mit besten Gewissen zu erledigen.

LAOLA1: Hatten Sie damals noch einen guten Draht zur Mannschaft?

Hütter: Wenn man nicht so spielt, wie man sich das vorstellt und einige Leistungsträger auch nicht so spielen, dann kommt es natürlich zu Unstimmigkeiten, das ist normal. Ich habe aber immer versucht, der Mannschaft Respekt und Vertrauen zu geben. Das ist vielleicht nicht immer zurückgekommen. Wenn man drei Jahre dort ist, dann nutzt man sich auch ein wenig ab. Ich hätte aber noch geglaubt zu wissen, wie man das Ruder herumreißt. Ich hätte ein paar Spieler eliminiert, nicht nur einen, sondern zwei, drei. Jene, die das Ganze gefährdet haben. Das habe ich vorgehabt, da hat aber die Unterstützung des Vereins gefehlt. Und dann war ich sowieso weg.

LAOLA1: Lange mussten sie nicht warten, ehe sie einen neuen Verein hatten. Waren Sie darüber erleichtert?

Hütter: Mein Antrieb ist nicht, dass ich einfach einen Job habe, es muss auch einfach immer eine reizvolle Aufgabe und eine Herausforderung da sein. Es ist natürlich angenehm, nicht wochen- oder monatelang auf etwas warten zu müssen. Christian Haas hat mich zwei Tage nach meiner Entlassung angerufen und mich gefragt, ob ich es mir vorstellen könnte. Mir hat die Herausforderung gefallen, denn Grödig will weiter nach vorne kommen. Ich brauche auch so etwas. Wenn mir wer sagt, er will zwischen Platz sechs und acht mitspielen, dann muss ich mir so etwas überlegen. Ich versuche immer, das Bestmögliche herauszuholen. Mir hat hier das Konzept ganz gut gefallen.