news

Die Erkenntnisse des Confed Cups

Die Erkenntnisse des Confed Cups

Der Confederations Cup 2013 ist Geschichte.

Brasilien sichert sich bei der Generalprobe für die Weltmeisterschaft 2014 mit einem spektakulären 3:0-Erfolg über Welt- und Europameister Spanien den Titel (Hier gehts zum Spielbericht) und scheint spielerisch für das kommende Großereignis am Zuckerhut gerüstet zu sein.

Im Vorfeld des Confed Cups sprachen Experten der Mannschaft von Trainer Luiz Felipe Scolari nur bedingte Chancen zu, das Event 2014 vor heimischer Kulisse gewinnen zu können.

Durch die letzten Auftritte und vor allem den hohen Finalsieg gegen Spanien avancierte die „Selecao“ jedoch zu einem der großen Favoriten auf den Titel. Dies ist nur eine Erkenntnis des diesjährigen Confederations Cup. LAOLA1 hat weitere Punkte zusammengetragen:

Italien funktioniert ohne Pirlo nicht richtig

Zwar hat Italien im letzten Gruppenspiel ohne Andrea Pirlo gegen Brasilien nicht schlecht mitgehalten, die Offensive lag zumeist jedoch brach. Das Mastermind im zentralen Mittelfeld fehlte vor allem beim Umschalten von der Defensive in die Offensive. Keiner der aufgebotenen Ersatzmänner konnte die Lücke schließen. Im Spiel um Platz drei gegen Uruguay, in dem Pirlo angeschlagen 120 Minuten auf der Bank blieb, wurde das Mittelfeld ohnehin von beiden Teams überbrückt. Es bestätigte sich einmal mehr, dass die „Squadra Azzurra“ ihren Spielmacher nicht ersetzen kann. Sollte man im kommenden Jahr nicht einen Nachfolger aus dem Hut zaubern, wird sich der Vize-Europameister bei der WM in Brasilien schwer tun. Der mittlerweile 34-Jährige wird nicht jünger und die Strapazen eines Turniers werden nicht spurlos an ihm vorbeigehen, wie der Confed Cup deutlich gemacht hat.

Buffon hat seine beste Zeit hinter sich

Nochmals Italien und das Alter. Als Held des erfolgreichen Elfmeterschießens im Spiel um Platz drei gegen Uruguay mag die Kritik deplatziert wirken, aber auch Gianluigi Buffon geht mit großen Schritten seiner Nationalmannschafts-Rente entgegen. In Brasilien erlaubte sich der Kapitän bereits die ein oder andere Unsicherheit, auch im Juventus-Dress musste er sich während der Saison hin und wieder Kritik anhören. Es scheint, als wäre die große Zeit des einstigen Welttorhüters vorbei, die Nachfolger wie PSG-Keeper Salvator Sirigu scharren bereits in den Startlöchern. Die WM 2014 wird er 35-jährige Buffon wohl noch als Stammkraft bestreiten, danach wird es aber eine Wachablöse geben (müssen).

Neymar hält dem Druck stand

Die meisten Fußball-Fans in Europa kannten Neymar bisher nur von Youtube-Videos. Hierzulande gab es nur wenig Gelegenheit, den Brasilianer live in Aktion zu sehen. Reihenweise brachte der „Ballzauberer“ seine Gegner und Zuschauer mit atemberaubenden Tricks zum Staunen. Trotz toller Tore und Glanzleistungen in der brasilianischen Liga blieb man auf dem alten Kontinent skeptisch, ob der 21-Jährige nicht ein ähnlicher „Flop“ werden könnte wie einst sein Landsmann Denilson. Doch Neymar hat bewiesen, dass er zum einen den hohen Anforderungen entspricht, zum anderem auch dem Druck standhält. Nicht nur durch seine drei Treffer in den drei Gruppenspielen gab er mehr als eine Talentprobe ab. Der Flügelspieler besticht auch durch hervorragende Technik und schnelle Beine. Eine Schattenseite seiner Spielweise ist das hohe Maß an Theatralik, welches der Brasilianer an den Tag legt, wenn es zum Körperkontakt kommt. Nicht nur einmal hob Neymar bei der leichtesten Berührung spektakulär ab, eine Angewohnheit, die ihm wenig Sympathien einbringt und ein Spieler seines Formats eigentlich nicht nötig hat.

Tahiti erobert die Herzen

Bereits im Vorfeld war es kein Geheimnis, dass der Inselstaat im Südpazifik nur als Sparing-Partner zum Confed Cup reisen würde. Trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer mangelnden spielerischen Klasse fanden die Amateure schnell Einzug in die Herzen der Fußballfans. Neben den Anhängern äußerten sich auch die gegnerischen Stars positiv über die Insel-Kicker. Die Freude, mit welcher sie Fußballspielen würden, sei eine Bereicherung für das Turnier, lautete der allgemeine Tenor. Jubelstürme über die kleinen Erfolge wie das erzielte Tor gegen Nigeria oder den gehaltenen Elfmeter gegen Uruguay machte Tahiti überaus sympathisch und zeigte wieder, dass es gut ist, dass bei Großereignissen ebenso „Fußball-Exoten“ ihren Beitrag leisten dürfen. Auch die Tatsache, dass sie trotz der Unterlegenheit nicht unfair agierten, wurde hoch geschätzt. "Wir haben gegen Spanien 10:0 verloren, aber wir haben die Herzen der Brasilianer gewonnen. Es sind doch auch die menschlichen Werte, auf die es ankommt“, meinte Trainer Eddy Etaeta nach dem Spiel gegen den Welt- und Europameister und damit hatte er auch recht.

Fred der „Anti-Brasilianer“

Wer an Brasilien und seine Stürmer denkt, dem kommen automatisch Namen wie Ronaldo, Romario, Bebeto oder der bereits erwähnte Neymar in den Sinn. Allesamt technisch beschlagene Angreifer, klassische Brasilianer eben. Fred hingegen, passt nur bedingt in das Bild des Zauberers vom Zuckerhut. Der 29-Jährige interpretiert seine Rolle als Stoßstürmer eher  „rustikal“, arbeitet Fußball eher als ihn zu zelebrieren. Dennoch, vielleicht auch aus Mangel an Alternativen, ist er bei Luiz Felipe Scolari gesetzt und zahlt dieses Vertrauen mit Toren zurück. In der brasilianischen Liga hat er bereits bewiesen, dass er eine Tormaschine ist, nun zieht er auch in der Nationalmannschaft nach. Seine schnörkellose Spielweise ist eine perfekte Ergänzung zu der spielerisch hochgelobten Offensiv-Abteilung der „Selecao“.

Pele zeigt Desinteresse

Normalerweise ist Pele omnipräsent, wenn es um die Belange Brasiliens im Weltfußball geht. Der ehemalige Superstar hat zu allem und jedem eine Meinung und versucht, sein Land international stets in ein gutes Licht zu rücken. Umso erstaunlicher ist es, dass der 72-Jährige die Bühne des Confed Cups nicht nutzte, um sich und den brasilianischen Fußball in Szene zu setzen. Pele besuchte keines der 16 Spiele in seiner Heimat. Eigentlich nicht weiter schlimm, wäre der „König des Fußballs“ nicht WM-Ehrenbotschafter der brasilianischen Regierung. Das Endspiel verpasste er, weil ein eigentlich geplanter Werbespot in Rio kurzfristig gecancelt wurde und er somit keinen Grund sah in die Stadt zu reisen. Außerdem erwartet Pele Besuch von Verwandten aus den USA. Ein Erscheinen beim Eröffnungsspiel sagte er wegen Termin-Kollisionen aufgrund eines verschobenen Werbespots ab. Für einen WM-Botschafter kein Ruhmesblatt.

Mängel und Proteste

In Brasilien ist lange nicht alles Gold was glänzt. Auch wenn das Turnier spielerisch sicherlich zu den besseren Generalproben für Weltmeisterschaften zählte, wiesen die Stadien und auch teilweise die Infrastruktur noch erhebliche Mängel auf. Diese wurden in den Medien aber kaum thematisiert, da sich die Berichterstattung meist auf die (berechtigten) Proteste der Bevölkerung konzentrierte. Die Spieler zeigten sich mit ihren Landsleuten, die Missstände und Armut Land im Gegensatz zur Geldflut im Fußball anprangerten, solidarisch und sprachen positiv über die Bewegung. Die FIFA hingegen ignorierte die Demonstranten und nannte dies ein Problem der Regierung und nicht des Fußballs.

 

Auch ein Weltmeister hat Probleme

Spanien hat eine Lehrstunde erhalten, so viel steht fest. Was auch während des verdient verlorenen Finales gegen Brasilien in den Mittelpunkt gerückt ist, sind die Baustellen, mit denen sich "La Roja" seit Jahren herumschlägt. Da wäre einerseits der fehlende Stürmer - weder Roberto Soldado noch Fernando Torres nach einer schwachen Vorstellung im Endspiel konnten letztlich überzeugen - andererseits das leidige Problem der Penalties. Zwar konnten im Elferschießen gegen Italien alle Iberer treffen, im Laufe des Turniers wurden allerdings zwei Strafstöße während der regulären Spielzeit verschossen. Damit haben David Villa, Xabi Alonso und Co. in der Ära del Bosque nur 13 von 23 Mal vom Punkt getroffen. 57 Prozent Effizienz sind wahrlich kein berauschender Wert.

Zwei-Kontinente-Gesellschaft

Acht Vertreter aus sechs Kontinenten waren am Start - nach dem Halbfinale sind Europäer und Südamerikaner mal wieder unter sich. Wie auch schon bei den letzten beiden Weltmeisterschaften. Viel deutet also darauf hin, dass auch in einem Jahr die World-Cup-Trophäe in keinen neuen Erdteil wandert. Afrikameister Nigeria feierte lediglich im Vergleich mit Tahiti einen Erfolg, das zugegebenermaßen erfrischend aufspielende Japan fuhr gänzlich ohne Punkt wieder nach Hause. Etwaige Geheim-Favoriten aus Asien, Afrika oder Nordamerika sucht man zwölf Monate vor Beginn der WM 2014 vergeblich.

Sebastian Rauch/Christian Eberle