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Ein Einblick in die Trainingswelt der Superstars

Ein Einblick in die Trainingswelt der Superstars

Sie sind momentan das Maß aller Dinge in Europa. Bayern und Dortmund stehen hochverdient im Finale der Champions League.

Die taktische Brillanz, mit der sich die beiden Klubs im Halbfinale gegen den FC Barcelona und Real Madrid durchsetzten, war beeindruckend. Hat Deutschland mittlerweile Spanien als Führungsmacht im Weltfußball abgelöst?

„Da würde ich vorsichtig sein. Die Deutschen sind jetzt stark, aber im Fußball geht alles sehr schnell“, widerspricht Sportwissenschaftler Johannes Uhlig. Der ÖFB-Trainerausbildner, der auch Österreichs Damen-Serienmeister Neulengbach betreut, betont aber, dass der deutsche Erfolgsweg kein Zufall sei.

Sammer als Vater des Nachwuchs-Konzeptes

Akribische Arbeit im Jugendfußball und der Trainerausbildung sind die Grundpfeiler des CL-Erfolgs: „Ich bin ständig bei Kongressen unterwegs und bekomme die Trends mit. Deutschland arbeitet hervorragend.“

Matthias Sammer habe im Nachwuchs ein „fantastisches Konzept“ eingeführt,  das nun von DFB-Sportdirektor Robin Dutt weitergeführt werde.

„Ein Reus hätte in den 70er- oder 80er-Jahren in Deutschland nicht den Durchbruch geschafft, weil sie damals total auf Physis setzten. Mittlerweile haben sie aber die perfekte Mischung aus 'südamerikanischen Touch', also dieser Leichtfüßigkeit, und den 'deutschen Tugenden', wie Fleiß oder Ehrgeiz, gefunden.“

Deutsche Teams bei Forechecking Vorreiter

Auch was die Trainingsarbeit betrifft seien Heynckes, Klopp und Co. am allerneuesten Stand, weiß Sportwissenschaftler Uhlig. „In den letzten Jahren hat der FC Barcelona immer propagiert: Ballbesitz habe die höchste Priorität. Das finde ich aber nicht entscheidend. Die Bayern kontrollierten Barca auch ohne Ball.“

Neben Uni und ÖFB ist Uhlig im Hauptberuf Coach der Neulengbach-Frauen

"Kein Zufall, sondern hartes Training" 

Ballgewinne, die vor dem Fernseher einfach aussehen, sind teilweise hart erarbeitet: „Das ist kein Zufall, sondern Training. Von der Idee bis zur Umsetzung ist es ein langer Weg“, weiß Uhlig.

Auch in der Offensive beginnt die Arbeit mit der Analyse. „Danach werden im Training verschiedene Schablonen durchgespielt, zunächst nur gegen statische Gegner, später auch im Elf gegen Elf.“ Im Spiel könne man diese verinnerlichten Spielzüge ausfindig machen, meint Uhlig. „Wichtig ist, dass man eine Handschrift erkennt.“

Flexibler als Barcelona

Grundsätzlich sei es umso leichter für den Passgeber, umso mehr Mitspieler sich bewegen würden. Infolge dessen erscheint die viel zitierte Abkehr vom reinen Strafraumstürmer nur logisch. Bewegliche Angreifer, wie Mario Mandzukic oder Robert Lewandowski, liefern eine zusätzliche, unberechenbare Anspielstation.

Im Vergleich zu Barcelona, der dominierenden Mannschaft der letzten Jahre, sieht Uhlig bei den deutschen Teams einen weiteren Vorteil: Flexibilität.

Gerade in punkto Pressing nehmen die deutschen Teams eine Vorreiterrolle ein. Neben Bayern und Dortmund  beeindrucken in der Liga unter anderem auch Mannschaften wie Freiburg oder Mainz mit kompaktem Forechecking.

Etwas, das im Training akribisch genau einstudiert wird: „Im ersten Schritt wird der Gegner analysiert. Dessen Spielaufbau kann unterschiedlich funktionieren, über Innenverteidiger, Außenspieler oder auch den 'kippenden‘ Sechser. Danach wird im Training geübt, wie sich jeder einzelne Spieler im Pressing bewegen muss.“

Dabei können die Trainer unterschiedliche Strategien verfolgen: „Man kann beispielsweise versuchen, den Gegner nach innen zu lenken. Oder man verzichtet zunächst auf den direkten Zweikampf, um den Gegner erst später im Block zu überraschen.“

„Barca spielt immer nur das eine Schema, ihr äußerst handlungsschnelles Kurzpassspiel. Man sieht kaum einmal, dass Xavi oder Iniesta aus der Distanz schießen. Oder dass ein langer Ball nach vorne geschlagen wird. Bayern München ist da viel flexibler.“

"Jeder schaut jedem etwas ab"

Prinzipiell haben jedoch weder Bayern noch Dortmund den Fußball neu erfunden. Sie griffen bloß bereits vorhandene Ideen auf und kombinierten sie mit ihrem eigenen Spielkonzept zu einem neuen Ganzen.  

"Jeder schaut von jedem etwas ab. Durch die statistischen Daten, die uns heute zur Verfügung stehen - Laufwege, Sprints, Zweikämpfe, etc. - wissen wir alles über den Gegner", so Experte Uhlig.

Der Fußball entwickelt sich also ständig weiter. Im Wembley-Stadion dürfen wir uns am Samstag auf den vorläufigen Höhepunkt dieser Evolution freuen.

 

Jakob Faber