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"Finale dahoam" als großes Ziel

Wenn am Mittwoch der FC Bayern gegen Real Madrid (LIVE ab 20:15 Uhr auf LAOLA1.tv) um den Einzug ins Champions-League-Finale spielt, dann sitzt bei den Deutschen der Mann auf der Trainerbank, der ausgerechnet mit Real seinen bisher größten Erfolg feiern konnte.

Jupp Heynckes gewann mit den "Königlichen" 1998 im Finale gegen Juventus Turin die Champions League. Es war der erste Sieg im wichtigsten europäischen Wettbewerb für Real  nach einer 32-jährigen Durststrecke.

„Beim Eröffnungstraining gab es vor 100.000 Zuschauern einen Slogan: Die Champions League zu gewinnen“, erinnert sich Heynckes und fügt gleich hinzu: "Ich denke, dass das Ereignis des Champions-League-Endspiels in München so was Ähnliches in den Köpfen meiner Spieler ist."

Entlassung trotz CL-Sieg

Mit Spielern wie Manuel Sanchis, Roberto Carlos, Fernando Hierro, Fernando Redondo, Clarence Seedorf, Davor Suker, Predrag Mijatovic, und natürlich Raul wurden auf dem Weg ins Finale mit Leverkusen und Dortmund erst zwei deutsche Mannschaften ausgeschaltet, ehe der italienische Rekordmeister in der Amsterdam-Arena durch einen Treffer von Mijatovic in der 67. Minute besiegt werden konnte.

Sanchis, der Kapitän der Madrilenen von 1998, weiß um die Vorzüge seines damaligen Übungsleiters: "Es gibt viele Trainer, die auf eine starke Defensive setzen und es gibt andere, die die Stärke ihrer Angreifer nutzen und offensiv agieren. Ich denke, dass Heynckes ein Coach ist, der eine gute Balance zwischen Angriff und Abwehr kreiert."

Trotzdem wurde Heynckes entlassen. Platz vier in der Liga genügte den Ansprüchen des "weißen Balletts" nicht.

Del Bosque trainierte die "Galaktischen" von 1999 bis 2003
"Langzeittrainer" del Bosque und Mourinho

Was jedoch kein Grund für "Don Jupp" ist, seine Zeit bei Real negativ zu sehen. "Es ist doch ganz klar, dass man positive Erinnerungen an seine alten Stationen hat. Es war und ist schwierig, Real Madrid zu trainieren. Es hat mir Spaß gemacht, mit tollen Spielern zusammenzuarbeiten", so Heynckes, der bei Real-Fans immer noch hoch im Kurs steht.

Und so freut sich Heynckes auch auf die Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte: "Es stehen mir in Spanien noch viele Menschen sehr nahe. Ich habe dort viele Freunde."

Zudem  ist es ja bei Real Madrid nicht gerade ungewöhnlich, dass ein Trainerleben von kurzer Dauer ist.

Seit 1996 gab es bei den "Merengues" nur zwei Übungsleiter, die länger als eine Saison im Amt waren. Vincente del Bosque trainierte die "Galaktischen" von 1999 bis 2003 und Jose Mourinho schwingt seit 2010 das Zepter beim spanischen Rekordmeister.

Entdecker von Matthäus

Das Gastspiel bei Real Madrid dauerte also nur kurz, die Trainerlaufbahn von Heynckes zieht sich hingegen schon über mehr als drei Dekaden hin.

1979 übernahm der ehemalige Stürmer direkt nach seiner Profi-Laufbahn Borussia Mönchengladbach. Mit seinen 34 Jahren war er der bis dahin jüngste Bundesliga-Trainer.

Zwar holte er mit der Borussia keinen Titel, landete aber bis auf die Saison 1982/83 immer im oberen Tabellendrittel und gilt als Entdecker von Lothar Matthäus, den er als 18-Jährigen nach Gladbach holte.

Hoeneß: "Größte Fehlentscheidung"

Nach acht Jahren bei seinem Stammverein gab er dem Lockruf von Uli Hoeneß nach und wechselte 1987 zum FC Bayern München.

Nach einer Umbau-Saison, in der er mit den Bayern "nur" Zweiter wurde, holte er 1989 und 1990 mit den späteren Weltmeistern Klaus Augenthaler, Stefan Reuter, Jürgen Kohler und Olaf Thon jeweils den Titel. Nach einer weiteren Vizemeisterschaft 1991 folgte nach schwachem Saisonstart die Entlassung am 8. Oktober 1991.

Hoeneß & Heynckes: Männerfreundschaft
Bayern-Manager Uli Hoeneß bezeichnete die Amtsenthebung später als "größte Fehlentscheidung" seiner Karriere.

Spanien, Portugal, Deutschland, Karriereende

Es folgte eine lange Zeit in Spanien und Portugal. Mit Ausnahme der Saison 1995, in der er bei Eintracht Frankfurt unter Vertrag stand, war er von 1992 bis 2003 auf der Iberischen Halbinsel tätig. "Don Jupp" trainierte dort Athletic Bilbao, CD Teneriffa, Real Madrid und Benfica Lissabon.

2003 kehrte der Weltmeister von 1974 nach Deutschland zurück, wo er noch Schalke und Gladbach betreute, ehe er zu Beginn der Rückrunde 2007 zurücktrat und ankündigte nie mehr einen Verein trainieren zu wollen.

Doch als sein alter Freund Uli Hoeneß ihn im April 2009 fragte, ob er nach dem gescheiterten Klinsmann-Experiment nicht bis zum Saisonende den FC Bayern übernehmen wolle, konnte der fast 67-Jährige nicht nein sagen.

Rückkehr ins Trainergeschäft

Heynckes beendet die Saison mit dem deutschen Rekordmeister noch auf Rang zwei, der die direkte Champions-League-Qualifikation bedeutete. Der alte Trainerfuchs hatte wieder Blut geleckt.

Er unterschrieb für zwei Jahre bei Bayer Leverkusen und führte die Werkself mit einem beeindruckenden Saisonstart von 24 Spielen ohne Niederlage auf Platz vier. In der Folgesaison wurde er mit Leverkusen sogar Vizemeister.

Heynckes verlängerte seinen Vertrag jedoch nicht, sondern ging wieder zum FC Bayern, dem einzigen deutschen Klub mit realistischen Champions-League-Ambitionen.

Und jetzt – neun Monate später – steht zwischen ihm und dem Einzug ins Finale der Königsklasse eben jener Verein, mit dem er trotz nur einjähriger Amtszeit seinen größten Erfolg feiern konnte.

"Das wird ein Kampf der Giganten. Madrid hat riesiges Offensivpotential, bei meiner Mannschaft ist das aber ähnlich. Wir werden auch im Bernabeu nach vorne und auf Sieg spielen", so Heynckes.

Ronaldo & Co erzielten bereits 159 Tore

München lechzt nach CL-Titel

Diese Niederlagen will Heynckes am Mittwoch vergessen machen, schließlich warten die Bayern auch schon seit 2001 auf den wichtigsten Titel im europäischen Vereinsfußball.

"Egal, wo man in München hinkommt, die Leute sind voller Hoffnung, dass man die Champions League nach elf Jahren wieder gewinnt", weiß der Coach.

Und dem Fußballlehrer ist natürlich bewusst, dass seine Erfahrungen in Spaniens Hauptstadt nur von Vorteil für die Bayern sein können.

Heynckes kennt Real

"Ich habe sicherlich etwas umfangreichere Erkenntnisse als andere", so der 66-Jährige: "Wie läuft das Ganze ab? Wie reagiert das Publikum oder insgesamt Real Madrid? Da kann ich sicher das eine oder andere an die Mannschaft vermitteln."

Die Bayern sind also bereit für die letzte Hürde. "Wir sind hier hergekommen, um ins Endspiel einzuziehen", so Heynckes.

Und ein Finaltriumph "dahoam" wäre wohl sogar noch über den Titel von 1998 zu stellen.

 

Fabian Santner

Bayern demütig

Die 159 Pflichtspiel-Tore, die Real Madrid in dieser Saison bereits wettbewerbsübergreifend erzielen konnte, sind jedenfalls eine Marke mit der das bayrische Star-Ensemble nicht mithalten kann.

Die Deutschen sind also gewarnt und angesichts des namhaften Gegners gibt sich auch Karl-Heinz Rummenigge für Münchner Verhältnisse ungewohnt kleinlaut.

"Wir haben großen Respekt vor Real Madrid, es ist eine große Mannschaft, ein großer Klub. Und mit dem Schuss Demut werden wir da reingehen und es trotzdem versuchen", so der Vorstandsvorsitzende der Bayern.

Bittere Pleiten gegen Real

So erfolgreich Heynckes mit den Madrilenen war, gegen sie musste er stets bittere Niederlagen hinnehmen.

Sowohl mit Borussia Mönchengladbach als auch mit den Bayern scheiterte er im Meistercup an den "Königlichen". Mit den Bayern folgte einem 3:2-Hinspiel-Sieg ein 0:2 in Madrid. Mit den „Fohlen“ ging er im Santiago Bernabeu sogar mit 0:4 unter. "Ein fürchterliches Ergebnis", so der Europameister von 1972.

Auch durch diese Erfahrungen weiß Heynckes, dass Spiele auf diesem Niveau vor allem Kopfsache sind. "Wir haben die Spieler schon früh auf das Spiel mentalisiert. Solche Spiele werden bereits vor dem Anpfiff entschieden", so der Bayern-Trainer.