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Bayern und Barca: Zwei Klubs auf einer Wellenlänge

Bayern und Barca: Zwei Klubs auf einer Wellenlänge

Mit dem FC Bayern und dem FC Barcelona steigen am Dienstagabend zwei Schwergewichte des internationalen Fußballs in den CL-Halbfinal-Ring.

Den Münchnern wird nachgesagt, in dieser Saison den souveränsten Eindruck zu hinterlassen. Nicht umsonst pulverisieren sie national eine Bestmarke nach der anderen.

Die Katalanen gelten seit Jahren als Nonplusultra ihres Sports und wurden des Öfteren als "beste Mannschaft aller Zeiten" gepriesen.

In den beiden direkten Duellen - das Hinspiel findet in München statt (20:45 Uhr, LIVE im LAOLA1-Ticker), acht Tage später geht es im Camp Nou ans Eingemachte - gilt es für die Bayern, die Schmach von 2009 (man ging in Barcelona 0:4 unter) vergessen zu machen, während Barca seine Vormachtstellung behaupten will.

Dieses Aufeinandertreffen fungiert als Kräftemessen zweier Klubs, die deutlich mehr Parallelen aufweisen, als man auf den ersten Blick vermuten könnte.

Sympathie und Respekt für den Gegner

Nicht umsonst betrachtet man den jeweils anderen als Vorbild. "Dieses Stadion ist - wie der gesamte FC Bayern - ein Musterbeispiel", schwärmt Barca-Vize-Präsident Josep Maria Bartomeu von den Münchnern.

Deren Sportvorstand Matthias Sammer kann das Kompliment nur zurückgeben. "Das ist ein Klub, der sportlich sehr gut strukturiert ist: Vom Profibereich bis hin zur Nachwuchsförderung."

Die Klub-Granden verstehen sich prächtig miteinander, wie Bartomeu verrät. "Unser Präsident Sandro Rosell erzählt mir immer wieder vom tollen Verhältnis, das wir zum FC Bayern pflegen ... Sollten wir es nicht schaffen, dann soll Bayern es (Champions-League-Sieger, Anm.) werden."

Es sind zwei Klubs, die großen Respekt voreinander haben. Zwei Vereine, die aus der Masse herausstechen. LAOLA1 hat die Kontrahenten unter die Lupe genommen und fünf Parallelen gefunden, die beweisen, dass Bayern und Barca auf einer Wellenlänge liegen.

 

Als "Seele des FC Barcelona" bezeichnet ihn Henrik Larsson, als "Genie" lobpreist ihn Roberto Carlos - Xavi Hernandez ist das Herz und Hirn im Spiel der "Blaugranes". Mit 1.143 Pässen agiert er in dieser CL-Saison in einer eigenen Liga (zum Vergleich: Philipp Lahm als bester Bayer hält bei 667), so gut wie jeder Angriff entspringt der Feder des Filigrantechnikers. Einziger Schwachpunkt des 33-Jährigen ist sein fragiler Körper, der ihn immer wieder zu Wettkampfpausen zwingt. Sein Pendant auf Münchner Seite heißt zweifellos Bastian Schweinsteiger.

Der viel gescholtene 28-Jährige straft seine Kritiker seit Monaten Lügen, indem er die beste Saison seiner Karriere auf den Rasen zaubert. "Schweinsteiger ist ein großer Regisseur", schwärmt Trainer Jupp Heynckes nicht von ungefähr und sieht ihn gemeinsam mit Sergio Busquets als "besten Mittelfeldspieler der Welt". Das Bayern-Urgestein besticht nicht nur mit Übersicht und dem tödlichen Pass, sondern glänzt inzwischen auch als Vollstrecker, wie sieben Liga- und zwei CL-Treffer eindrucksvoll untermauern.

 

Der FC Barcelona gilt laut Definition des Literaten Manuel Vazquez Montalban als „Verkörperung eines unbewaffneten Heeres einer Nation ohne Staat“. Angesprochene Nation heißt Katalonien und hat im Fußballklub ihren zweifellos berühmtesten Botschafter. Die Verbindung zwischen Sport, Gesellschaft und Politik ist einzigartig und historisch gewachsen. In den Jahren des Franquismus zum Hort libertärer Ideen erhoben, ist sich der Verein dieses Erbes bewusst und sieht sich auch heute noch als „Verteidiger“ der Katalanen, ob im Kampf um sprachliche Autonomie oder kulturelle Werte.

Dem FC Bayern ist eine historische Verwurzelung mit der Heimat-Region trotz Verankerung im Klubnamen abzusprechen, seit der Gründung haftet ihm eher ein elitärer und durch auswärtige Elemente bestimmter Ruf an. Entgegen dieser Charakteristika gibt sich der Klub in den letzten Jahren allerdings volksnah und vermochte so, in München die Fan-Vorherrschaft von 1860 zu brechen und die Stadt zu "erobern". Als Antithese zu klassischen Arbeiterklubs paaren sich Münchner Wirtschaftlichkeit und Erfolgsstreben mit Noblesse und Authentizität und verkörpern so Elemente der in Deutschland oftmals gesondert betrachteten Bayern.

 

Beide Vereine haben zahlreichen Spielern und Trainern zu Weltruhm verholfen, sowohl bei den Bayern, als auch bei den Katalanen sticht jedoch jeweils eine Persönlichkeit besonders hervor. Franz Beckenbauer, der "Kaiser", die Lichtgestalt des deutschen Fußballs, ist die "graue Eminenz" des FC Bayern. Jedes seiner Worte wird von den Medien auf die Goldwaage gelegt, Kritik an Spielern - man denke an "Rentner" Gianluigi Buffon - von den Gazetten zu Titel-Stories erhoben.

Innerhalb des Klubs ist sein Einfluss inzwischen merklich geringer geworden, Beckenbauer hat mit dem operativen Geschäft nichts mehr zu tun. Ähnlich die Sachlage bei Barca, wo Johan Cruyff den "König" mimt und als Klub-Ikone gehuldigt wird. Unter Präsident Rosell hat seine Entscheidungsgwalt spürbar gelitten, davor war er wichtiger Ratgeber in der Ära Pep Guardiola. Als Kolumnist und ehemaliger katalanischer Nationaltrainer genießt sein Wort beim Volk hingegen weiter Schwergewicht.

 

„Mia san mia“ bzw. „Més que un club“ – zwei Vereinsmottos, denen sich die Spieler bei ihrer Ankunft beim jeweiligen FCB bewusst sein müssen. Wo andernorts so genannte Legenden mühen, ihren Nachfolgern auf dem Rasen das Wissen um die Bedeutung eines Kult-Klubs oftmals absprechen, ist bei den Bayern etwa alles klar. In München zu spielen heißt, gewinnen zu müssen, „und zwar möglichst jede Partie“, wie Paul Breitner unlängst erläuterte. Druck stelle dies nicht dar, sondern eine gewisse Selbstverständlichkeit, die aus den Vereinsprinzipien rühre, bei Kontrahenten aber eben auch den gewissen Duft von Überheblichkeit hinterlässt.

„Mehr als ein Verein“ zu sein, diente dem FC Barcelona in der Vergangenheit mehrmals als Erklärung von subjektiven Benachteiligungen, verdeutlicht den Spielern allerdings auch, welche Folgen Siege bzw. Niederlagen bei den Fans auslösen können. Neben der durchaus als hinderlich empfundenen sportpolitischen Relevanz beschreibt das Motto zudem die soziale Aufgabe, der sich der Klub verpflichtet sieht, und die sich in unzähligen Projekten jenseits des Sportlichen manifestiert.

 

Ein zentraler Punkt beider Klub-Philosophien wird der Jugendarbeit beigemessen. "Wenn nur zwei Prozent aller Nachwuchsspieler es schaffen, zahlt es sich bereits aus", wurde Karl-Heinz Rummenigge einst zitiert. Entsprechend großen Wert legt man auf die Stars von morgen. Schweinsteiger, Lahm, Alaba und Co. durchliefen allesamt die Jugendabteilung der "Roten", die halbe Stammelf wurde im Verein ausgebildet.

Zweifellos noch eine Stufe höher anzusiedeln ist die Nachwuchsarbeit des FC Barcelona. Laut einer Analyse von "Sportbild" sind 38 Akteure, die der berühmten Talenteschmiede "La Masia" entsprangen, derzeit bei einem Top-Klub aktiv, rund ein Drittel davon bei den "Blaugranes". Messi, Iniesta, Puyol, Xavi - allesamt "handgeschnitzte" Barca-Unikate.

Was auf beiden Seiten hinzukommt: Primär geht es freilich darum, die eigene Mannschaft zu stärken. Ein Hauptaugenmerk liegt zugleich aber auch immer auf der Nationalmannschaft. Vorwiegend werden einheimische Talente forciert, die schlussendlich auch das Grundgerüst der Landesauswahl bilden. So standen beispielsweise im EM-Finale 2012 fünf (inklusive Alba sechs) Barca-Akteure in der spanischen Startelf, Joachim Löw setzte im Halbfinale gegen Italien gar auf sieben Bayern-Kräfte. Erfolge des FC Barcelona und des FC Bayern sind somit längst nicht nur Angelegenheit der Vereine und ihrer Anhänger, sie sind ebenso von nationalem Interesse. Eine weitere Gemeinsamkeit ...

 

Christian Eberle/Christoph Nister