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Saisonvorschau: SK Sturm Graz

Saisonvorschau: SK Sturm Graz

Sturms Meisterrausch folgte ein schlimmer Hangover. Rang fünf und das damit verbundene Verpassen des Europacups waren ernüchternd.

Trotzdem ist in Graz die Vorfreude auf die neue Saison so groß wie schon lange nicht mehr.

Die "Langzeit-Ehe" mit Franco Foda ist geschieden, Peter Hyballa heißt die "Affäre", die für schwarz-weiße Schmetterlinge im Bauch sorgt - Potenzial für eine längerfristige Beziehung inklusive.

Der eloquente Deutsche umgarnt die Sturm-Fans mit großen Worten (siehe LAOLA1-Interview), verspricht ebenso attraktiven wie mutigen Angriffsfußball, kurzum ein zuletzt vermisstes Spektakel.

Dazu musste auch das Personal entsprechend adaptiert werden (siehe Wunschelf und Kaderbewertung). Viele bekannte Gesichter mussten den Verein verlassen, das Aufgebot präsentiert sich nach dem "Facelifting" jünger und schneller.

Etappe eins eines Umbruchs, der wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Denn bei aller Euphorie an der Mur deutete das beschwerliche 1:0 im Cup gegen Regionalligist Wattens bereits an, dass Geduld gefragt sein könnte, bis die Strategie des Konzepttrainers endgültig greift.

LAOLA1 hat die große Saisonvorschau für den SK Sturm Graz:



SHOOTINGSTAR:

David Schloffer: 20 Jahre alt musste David Schloffer werden, bis er sein Bundesliga-Debüt feiert - besser gesagt: feiern wird. Denn unter Franco Foda/Thomas Kristl war der Offensivkraft trotz guter Ansätze bei den Amateuren der Einstand in der höchsten Spielklasse nicht vergönnt. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn es nicht in Bälde mit den ersten Liga-Einsatzminuten als Profi klappt, denn Schloffer zählt zu den großen Gewinnern der Vorbereitung. Mit sechs Treffern führte er gleichauf mit Imre Szabics die interne Schützenliste an und kratzt bereits an einem Platz in der Startelf.


UNTER DRUCK:

Rubin Okotie: Für diese Rubrik gäbe es viele Kandidaten. Ob Patrick Wolf, Milan Dudic oder Ferdinand Feldhofer, die im Vergleich zur Vorsaison massiv an Terrain verloren haben, oder Akteure wie Imre Szabics, die an alte Form anknüpfen wollen. Die Wahl fällt mit Okotie jedoch auf einen Spieler, der mit guten Karten in eine Saison startet. Der 25-Jährige hat sich jedoch selbst unter Druck gesetzt, indem er sich nur für ein Jahr, ohne jegliche Option, binden wollte. Der Stürmer weiß, dass nach Jahren der vor allem verletzungsbedingten Durststrecke konstante Leistung gefragt ist, will er seinen Marktwert halten.


STAR:

Jürgen Säumel: Auch Jürgen Säumel könnte in der Rubrik "Unter Druck" auftauchen. Selten erlebte Wiedersehensfreude des Publikums begleitete im Vorjahr die Rückkehr des früheren Kapitäns. Gänzlich erfüllen konnte er die Erwartungen jedoch nicht, weil ihm sein Körper wie so oft einen Streich spielte. Es wäre dem 27-Jährigen zu wünschen, dass er endlich einmal eine Saison ohne Verletzungsprobleme durchspielen kann. Denn in Normalform hat Säumel fraglos nach wie vor das Potenzial zu einem Aushängeschild der Liga.



Sturm ist ein Verein im Umbruch - sei es sportlich, als auch vor allem organisatorisch. So begrüßenswert die angedachten modernen Strukturen sind, gelebt werden sie noch nicht richtig. Oberste Priorität hat daher die Suche nach einem neuen Geschäftsführer Sport, nachdem sich die Bestellung von Paul Gludovatz als beiderseitiges Missverständnis herausgestellt hat. Auch wenn sich der Burgenländer inzwischen als „pumperlg’sund“ bezeichnet, kam es zur Trennung. Sein in den nächsten Wochen zu bestellender Nachfolger hat auf dem Spielersektor einiges zu tun. Viele Verträge laufen nach der kommenden Saison aus - darunter auch jene von Akteuren, die man tendenziell weiter gerne in den eigenen Reihe hätte, wie Jürgen Säumel oder Darko Bodul. Zudem ist keiner der derzeitigen Stürmer-Riege über Sommer 2013 hinaus an den Verein gebunden. Die aktuelle Transferzeit brachte in Kooperation mit Hyballa interimistisch der wirtschaftliche Geschäftsführer Christopher Houben unfallfrei über die Bühne. Nachteil: Aufgrund dieses zeitraubenden Engagements mussten Teile seines eigentlichen Jobs hinten anstehen – und gerade organisatorisch hat Sturm nach den letzten Jahren Aufholbedarf. Hier könnte man bereits weiter sein, auch wenn in manchen Punkten wie der Kommunikation bereits seine Handschrift zu erkennen ist. Nächstes großes Ziel von Houben ist das Fan-Service, das „Spieltagserlebnis“ soll Schritt für Schritt verbessert werden.

Das sagen unsere Facebook-User: Wir haben unsere Facebook-User befragt, welche Platzierung Sturm in der kommenden Saison erreicht. Mehr als die Hälfte prognostiziert ein Comeback der Steirer im Europacup.

Was erreicht die Wiener Austria? Stimme hier ab!

DAS MANAGER-SCHNÄPPCHEN:

Martin Ehrenreich: Zuverlässig - so präsentierte sich der Blondschopf in seinen ersten drei Saisonen im Sturm-Dress. Im eher fortgeschrittenen Alter von 29 Jahren hat der Rechtsverteidiger nun die große Chance, sich erstmals als unumstrittener Stammspieler zu etablieren. Kicker, die regelmäßig zum Einsatz kommen, sind im Manager nie ein Fehler - noch dazu zum "Freundschaftspreis" von 6,5 Millionen.

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THESE: STURMS VERÄNDERUNGEN SIND ZU RADIKAL

PRO - Ein Kommentar von Harald Prantl

In Graz gehen die Uhren offenbar ein wenig anders. Während überall das Credo "früher war alles besser" zu gelten scheint, dürfte in der Steiermark "früher war alles schlecht" den Vorzug erhalten. Auf einmal weint man Franco Foda keine Träne mehr nach, hat in den vergangenen Jahren nichts so richtig gut funktioniert. Moment mal! War Sturm nicht vor einem Jahr noch Meister? Wurde nicht bejubelt, wie toll die Grazer nach dem finanziellen Ruin unter Kartnig aufgestellt waren? Und jetzt ist alles neu. Man kann es auch übertreiben. Denn eingespielt ist das neue Team, das für den Verein verantwortlich ist, keineswegs. Wie sollte es auch? Geschäftsführer Wirtschaft Christopher Houben hat im Fußball-Geschäft keinerlei Erfahrung. Geschäftsführer Sport Paul Gludovatz ist schon wieder weg, ein Nachfolger derzeit nicht in Sicht. Neo-Coach Peter Hyballa hat bisher nur 14 Monate als Profi-Trainer gearbeitet. Die Grazer wären besser beraten gewesen, ihren Umbruch Schritt für Schritt von statten gehen zu lassen. Worin sich diese riesige Euphorie, die vor dem Saisonstart herrscht, begründet, ist mir schleierhaft.

CONTRA - Ein Kommentar von Peter Altmann

Was macht man, wenn etwas nicht funktioniert? Man versucht, etwas zu verändern. Genau das hat Sturm getan. Denn in Graz hat zuletzt vieles genau gar nicht mehr funktioniert. Strukturelle Probleme gab es bekanntlich schon länger, sportlich war mit dem Meistertitel 2011 der Zenit erreicht. Im Vorjahr offenbarten sich auch in diesem Bereich lange Zeit gekonnt kaschierte Probleme. Das Ziel der neuen Vereinsführung um Christian Jauk ist es, den Verein auf moderne Beine zu stellen, fit für die Zukunft zu machen und als Karriereplattform zu etablieren. Dieses Projekt muss quasi mit „neuen Besen“ angegangen werden, und nicht mit „Bewahrern“ des Vorgänger-Systems. Oder kann sich irgendjemand vorstellen, dass sich Franco Foda einem – neu zu bestellenden – Geschäftsführer Sport oder dessen wirtschaftlichen Pendant Christopher Houben untergeordnet hätte? Die Mannschaft betreffend ist der Umbruch gar nicht einmal so arg, wie es auf den ersten Blick erscheint - kaum ein Abgang fällt schwer ins Gewicht. Die radikalste Neuerung ist das Konzept des Trainers. Aber diese Änderung musste sein, wenn man begeisternden Fußball sehen will. Denn das hat zuletzt wirklich nicht mehr funktioniert...



  • 422 - dies ist die, durchaus magere, Anzahl an Torschüssen, die Sturm in der vergangenen Saison abgefeuert hat. Ligaweit hatten nur Absteiger Kapfenberg (354) und die Defensivkünstler aus Wiener Neustadt (349) noch weniger aufzuweisen. Man darf wetten, dass sich diese Zahl angesichts der offensiven Herangehensweise von Hyballa deutlich erhöhen wird.

  • 8 - lediglich acht Treffer erzielte Sturm 2011/12 aus Standard-Situationen - nur Wiener Neustadt (7) und die Austria (5) waren noch erfolgloser. Mit lediglich 104 Torschüssen nach Standards sorgten die Grazer gar für den Negativwert der Liga. Auffällig: Freistoßtore haben bei den "Blackys" ohnehin Seltenheitswert. Mit Michael Madl wurde ein Spieler verpflichtet, der bereits bewiesen hat, dass er den ruhenden Ball direkt versenken kann.
  • 17 - So viele der 29 offiziellen Kadermitglieder sind gebürtige Steirer - eine gute Quote für die fußballerische Nummer eins des Bundeslandes.

DAS LAOLA1-FAZIT:

Sturm ist so etwas wie die viel zitierte "Wundertüte" dieser Saison. In der Theorie lässt sich wenig gegen "Sturm neu" vorbringen, im Gegenteil: Für den österreichischen Fußball wäre es kein Fehler, wenn die moderne und taktisch fundierte Herangehensweise von Hyballa von Erfolg gekrönt wäre. Es ist bei aller Euphorie jedoch nicht auszuschließen, dass das neu installierte System Geduld erfordert. Man darf gespannt sein, ob die Verantwortlichen um Präsident Jauk diese im Fall der Fälle auch aufbringen. Das offizielle Ziel, die Rückkehr ins internationale Geschäft, sollte jedenfalls allemal drinnen sein.

Peter Altmann