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Die violette Leichtigkeit des Seins

Die violette Leichtigkeit des Seins

„Wir sind momentan in einer sehr guten Phase“, analysierte Karl Daxbacher nüchtern.

Eine Analyse, die man getrost unterschreiben kann. Denn der ganz große Sieger der 5. Bundesliga-Runde heißt ohne Zweifel Austria Wien.

Als ob aus violetter Sicht ein klarer 3:0-Erfolg im 298. Wiener Derby für sich alleine nicht schon erfreulich genug wäre, nahmen sich im direkten Duell zweier Titelkonkurrenten auch noch Salzburg und Sturm (1:1) gegenseitig Punkte weg.

Das größte Plus dieses erfolgreichen Arbeitstags war jedoch die Art und Weise, mit der die Veilchen Erzfeind Rapid ganz schlecht aussehen ließen.

„Ernten gerade die Früchte unserer Arbeit“

Immer wieder hörte man nach Schlusspfiff dieselben Schlagwörter: Kombinationssicherheit, Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor, aggressives und frühes Attackieren des Kontrahenten.

„Ausschlaggebend war, dass wir unser Spiel durchgezogen haben. Wir haben Pressing gespielt, den Gegner früh gestört und sind aggressiv in die Zweikämpfe gegangen. Dann kommen wir bei jedem Spiel zu unseren Chancen, und die haben wir diesmal eiskalt genutzt. Das war der Schlüssel zum Erfolg“, fasste Florian Klein zusammen.

Klingt einfach, ist es aber beileibe nicht. „Wir sind im Hoch, ernten dabei aber gerade die Früchte unserer Arbeit in der Vergangenheit“, betonte Nacer Barazite.

„Haben uns im Sommer nur punktuell verstärkt“

Ein augenscheinlicher Vorteil der Austria an diesem heißen Sonntagnachmittag im mit 31.800 Zuschauern gefüllten Happel-Oval war, dass man über die wesentlich eingespieltere Elf verfügte als Rapid. Anders als beim Lokalrivalen, der sich unter Neo-Coach Peter Schöttel neu aufgestellt hat, stand bei Violett mit Alexander Grünwald nur ein neuer Feldspieler von Beginn an auf dem Platz. Namensvetter und Goalie Pascal war der zweite Sommer-Transfer in der Startelf.

„Es ist immer schwierig, wenn eine Mannschaft neu zusammengewürfelt wird. Das ist bei uns nicht der Fall. Wir haben uns im Sommer nur punktuell verstärkt, aber sehr gute Spieler dazu bekommen. Der Stamm ist jedoch geblieben – das ist sicher auch ein Geheimrezept“, erläuterte Roland Linz.

So geheim ist dieses Rezept gar nicht, ließen sich die unterschiedlichen Auswirkungen doch 90 Minuten lang auf dem Feld beobachten. „Wir spielen schon lange zusammen, verstehen uns am Platz sehr gut, jeder weiß, was der andere macht. Von dem her schaut es vielleicht bei uns kompakter aus als beim Gegner“, meinte Linz.

Der amtierende Torschützenkönig wies am Spielende übrigens nicht nur je ein Tor und Assist, sondern auch eine perfekte Passquote von 100 Prozent auf. Alle 16 Pässe des Steirers fanden ihren Weg zum Mitspieler - ein ebenso seltener wie herausragender Wert für einen Offensivspieler.

„Das Werk’l rennt schon sehr rund“

Jedoch auch bezeichnend für die aktuelle Topform des Quartetts Linz, Barazite, Zlatko Junuzovic und Tomas Jun. Gestützt auf eine konzentriert arbeitende Defensive kann die violette Kreativabteilung ihre Stärken ausspielen. Abgesehen von Jun (ein Lattentreffer) trugen sich auch alle in die Schützenliste ein.

Denn so groß, wie es die meisten Beobachter einschätzten, war für den Austria-Coach der Leistungsunterschied nicht: „Ein 3:0 schaut immer souverän aus, aber letzten Endes war es nicht so souverän. Bis zum Führungstreffer war es eine komplett ausgeglichene Partie. Rapid war wahrscheinlich mehr in unserem Strafraum als umgekehrt.“

Wichtige Ergänzung: „Aber in den entscheidenden Situationen des Spiels hat man gesehen, dass wir momentan viel Selbstvertrauen haben und sehr kombinationssicher agieren.“

Kein „Meister-Gerede“

„Perfekt spielen Barcelona und Real Madrid, da sind wir weit weg“, wollte Linz jedoch nichts davon wissen, dass die Austria schon einer Idealvorstellung des eigenen Spiels nahe sei.

Nichts wissen will man bei den Favoritnern auch davon, dass man heuer die Ernte der Saat einfahren könnte – sprich den Meistertitel. „Wir haben die letzten zwei Jahre immer davon geredet, was sein könnte, ob wir Meister werden können oder nicht. Das lassen wir heuer bleiben und schauen einfach von Spiel zu Spiel“, erklärte Klein die veränderte Herangehensweise.

Nichts ändern soll sich laut Daxbacher jedoch an besagter „sehr guter Phase“ – und zwar möglichst lange nicht: „Die müssen wir natürlich versuchen, zu konservieren und möglichst lange in die Herbst-Saison mitzunehmen.“

Peter Altmann/Stephan Schwabl

„Die Vier waren wirklich hervorragend. Sie haben gut gespielt und auch schon vorne viel Druck weggenommen, weil sie gut attackiert haben“, lobte Klein, der ergänzte: „Für uns hinten ist das nicht nur toll anzusehen, sondern auch einmal angenehm, wenn man einmal nicht 90 Minuten hin und her rennen muss.“

„Das Werk‘l rennt schon sehr rund“, fand Junuzovic, der jedoch auch glaubt, dass bei der Mannschaft vom Verteilerkreis weiter Luft nach oben besteht:

„Wir können uns noch steigern, das Spiel noch mehr kontrollieren. Auch wenn es nicht immer leicht ist, müssen wir immer mit der Selbstverständlichkeit ins Spiel gehen, dass wir die bessere Mannschaft sind. Wir haben individuelle Klasse, von vorne bis hinten sehr gute Spieler, die den Unterschied ausmachen können. Wir müssen aber auch immer zu 100 Prozent konzentriert sein, denn geschenkt wird uns sowieso nichts.“

„Ein 3:0 schaut immer souverän aus“

Nicht einmal geschenkt nimmt der ÖFB-Teamspieler auch die Anerkennung seines Tores. Denn Diskussionen, dass der zweite Austria-Treffer als Eigentor von Thomas Schrammel gewertet werden könnte, versteht Junuzovic nicht: „Ich habe es mir noch einmal angeschaut. Für mich ist es eindeutig mein Tor, weil der Ball so oder so reingegangen wäre.“

Wie die anderen beiden Tore entsprang es so oder so einer ansehnlichen Kombination. „Mich freut es besonders, dass alle drei Tore hervorragend herausgespielt wurden“, meinte Daxbacher, der jedoch auch auf die Euphoriebremse trat.